Neue Recherchen zum Schiffsunglück im Roten Meer mit elf Toten offenbaren ein System des Versagens. Der Kapitän hatte keine gültige Erlaubnis, die Betreiberfirma keine Genehmigung für Fahrten auf hoher See. Sicherheitslücken, die in der Gegend weit verbreitet sein sollen.
Beim tödlichen Unglück des Touristenschiffs "Sea Story" im Roten Meer haben Kapitän, Betreiber und die ägyptischen Behörden einer Recherche von "Stern" und RTL zufolge versagt. Zu diesem Ergebnis kommen das Magazin und der Fernsehsender nach einer Recherche über mehrere Monate.
Der Kapitän besass demnach nicht die nötige Erlaubnis und die Betreiberfirma hatte keine Genehmigung, auf hoher See zu operieren. Das ägyptische Militär im Hafen von Hurghada, das die Abfahrt genehmigte, habe von diesen Mängeln ebenfalls nicht gewusst.
Nicht nur die "Sea Story" in der Region gesunken
Die "Sea Story" war im November vergangenen Jahres mit mehr als 40 Menschen an Bord bei hohem Wellengang gesunken. Elf Urlauber und Crewmitglieder kamen ums Leben, darunter drei Deutsche. Nur wenige Monate später sank in derselben Region ein U-Boot, mit dem Touristen die Unterwasserwelt besichtigen können. Sechs russische Urlauber kamen ums Leben, rund 40 weitere Menschen wurden gerettet.
Das Magazin und der Fernsehsender werteten eigenen Angaben zufolge unter anderem rund 600 Seiten Ermittlungsakten zum Untergang der "Sea Story" aus. Die ägyptischen Behörden würden diese hüten "wie eine Art Staatsgeheimnis", heisst es bei "Stern" und RTL. Staatliche Behörden, der Gouverneur der Region Rotes Meer, Amr Hanafi, und auch die Betreiberfirma Dive Pro hätten viele Fragen der Reporter zu der Recherche nicht beantwortet. Die Staatsanwaltschaft Hamburg ermittelt unterdessen wegen fahrlässiger Tötung.
Mängel bei Sicherheit offenbar kein Einzelfall
"Stern" und RTL kommen in ihrer Recherche auch zum Ergebnis, dass Sicherheitsmängel auf Touristenschiffen im Roten Meer offenbar weit verbreitet sind. Die Reporter machten sich in drei ägyptischen Häfen einen Eindruck von insgesamt 17 Schiffen verschiedener Betreiber. Dort fehlten unter anderem seetaugliche Rettungswesten, Technik für Navigation und Kommunikation oder auch Schotten, also wasser- und brandsichere Trennwände im Unterdeck. Notausgänge waren demnach schwer oder überhaupt nicht zugänglich.
"Das Ergebnis entspricht leider unserer Erfahrung, dass sehr viele Tauchyachten in Ägypten lebensgefährlich sind", sagte ein Schiffsingenieur der Beratungsfirma Maritime Survey International, einer Art TÜV für Schiffe, gegenüber "Stern" und RTL. Die Ergebnisse ihrer Recherche deckten sich mit den Untersuchungen seiner Firma, die nach Tests in Ägypten zu einem ähnlichen Ergebnis gekommen sei.
Empfehlungen der Redaktion
Ägypten ist unter anderem bei Urlaubern aus Deutschland ein beliebtes Reiseziel. Viele davon zieht es an die Strände des Roten Meeres, um die bunte Unterwasserwelt beim Schnorcheln und Tauchen zu erkunden. Viele Touren für Taucher starten von den Küstenorten Hurghada und Marsa Alam. (dpa/bearbeitet von ng)