Nach Explosionen in Doha hat Israel einen Angriff auf ranghohe Vertreter der radikal-islamischen Hamas gemeldet.

Israels Armee hat eigenen Angaben zufolge die Führungsspitze der islamistischen Hamas in Doha, der Hauptstadt des Golfstaats Katar, angegriffen. "Jahrelang leiteten diese Mitglieder der Hamas-Führung die Operationen der Terrororganisation, sind direkt für das brutale Massaker vom 7. Oktober verantwortlich und orchestrierten und steuerten den Krieg gegen den Staat Israel", teilte das israelische Militär mit.

"Die heutige Aktion gegen die führenden Terroristenführer der Hamas war eine völlig unabhängige israelische Operation. Israel hat sie initiiert, Israel hat sie durchgeführt und Israel übernimmt die volle Verantwortung", hiess es auch in einer Stellungnahme von Netanjahus Büro.

Katar verurteilte den Angriff scharf. Es handle sich um einen "eklatanten Verstoss gegen alle internationalen Rechte und Normen" und eine "ernsthafte Gefahr für die Sicherheit" der Bevölkerung in Katar, so der Sprecher des Aussenministeriums Madschid al-Ansari. Sein Land setzte vorerst seine Rolle als Vermittler zwischen den beiden Konfliktparteien, Israel und Hamas, im Gaza-Krieg aus.

Berichte über getöteten Hamas-Führer

Der Nachrichtenkanal Al-Arabija berichtete, dass bei dem Angriff nach vorläufigen Informationen Chalil al-Haja getötet worden sei. Eine Bestätigung für den Tod al-Hajas oder anderer Hamas-Funktionäre gab es zunächst nicht.

Al-Haja ist der höchste Hamas-Führer im Ausland, der auch die Hamas-Delegation bei den indirekten Verhandlungen mit Israel um eine Waffenruhe leitet. Al-Haja hielt sich die meiste Zeit in Katar auf. Andere höhere Hamas-Funktionäre im Ausland leben ebenfalls zumeist in Katar oder in der Türkei.

Hamas-Quellen bestätigten Al-Dschasira, dass der Angriff auf das Verhandlungsteam der Organisation gezielt habe.

Waffenruhe im Januar war für al-Haja Triumph über Israel

Al-Haja hatte das Abkommen über eine Waffenruhe zu Jahresbeginn als Triumph über Israel beschrieben. "Unser Volk hat die erklärten und verborgenen Ziele der Besatzung vereitelt. Wir beweisen heute, dass die Besatzung unser Volk und seinen Widerstand niemals besiegen wird", so al-Haja weiter.

Die im Januar in Kraft getretene Waffenruhe brach nach zwei Monaten zusammen. Israel hatte sich geweigert, im Zuge einer nächsten Phase der Waffenruhe über eine Beendigung des Krieges zu verhandeln, so wie es ursprünglich vereinbart gewesen war.

Katar: Angriff auf Wohngegenden

Der Angriff in Doha habe auf Wohngegenden gezielt, in denen Mitglieder des politischen Büros der Hamas wohnten, erklärte der Sprecher des katarischen Aussenministeriums Madschid al-Ansari.

Nach der Explosion in der katarischen Hauptstadt war eine grosse Rauchwolke zu sehen, wie die Fernsehsender Al-Arabija und Al-Dschasira berichteten. Die katarische Nachrichtenseite Doha News zeigte ein zerstörtes Gebäude, vor dem ein schwarzer Geländewagen parkt. Auch Doha News berichtete, dass Israel das Hamas-Verhandlungsteam angegriffen habe.

Forderungen an Katar, das Hamas-Büro zu schliessen

Nach den Unruhen der arabischen Aufstände in der Region eröffnete die Hamas 2012 ein politisches Büro in Katar. Schon vorher war aus dem Golfemirat viel Geld an die Hamas geflossen, die 2007 die Macht im Gazastreifen übernommen hatte. Nach dem Terrorangriff der Hamas vom 7. Oktober 2023 auf Israel wurden Forderungen an die Regierung Katars lauter, das Büro zu schliessen.

Der israelische Generalstabschef Ejal Zamir hatte vor zehn Tagen Angriffe auf Hamas-Führer im Ausland angedroht. "Mit unseren Aktionen sind wir noch nicht fertig", sagte er nach einem Angriff auf den Hamas-Sprecher Abu Obaida. "Die meisten Hamas-Führer sind im Ausland, und wir werden auch zu ihnen vordringen."

Der israelische Polizeiminister Itamar Ben-Gvir schrieb zu dem Angriff in Katar, jüdisches Blut dürfe nicht länger ungestraft vergossen werden. "Die Entscheidung, die wir getroffen haben, diejenigen anzugreifen, die das Massaker vom 7. Oktober über uns gebracht haben, ist eine weitere historische Entscheidung in einer Reihe wichtiger und historischer Beschlüsse, die wir gefasst haben", schrieb er bei X.

Kritik aus den Vereinigten Arabischen Emiraten

Aus Jordanien und den Vereinigten Arabischen Emiraten kam dagegen scharfe Kritik. Jordaniens Aussenminister bezeichnete den Angriff als "feige Aggression" sprach auf X von einem eklatanten Verstoss gegen das Völkerrecht.

Der emiratische Präsidentenberater Anwar Gargasch nannte den Angriff eine "heimtückische israelische Attacke". Die Vereinigten Arabischen Staaten ständen fest an der Seite ihres Schwesterstaats Katar. "In voller Solidarität mit dem lieben Katar", postete auch der emiratische Aussenminister Abdullah bin Sajid.

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Warnungen an die Hamas von Israel und USA

Zuvor hatte bereits US-Präsident Donald Trump eine "letzte Warnung" an die Hamas ausgesprochen, um kurz vor Israels weiteren Vorstoss in der Stadt Gaza eine diplomatische Lösung zu erzwingen. Israel habe seine Bedingungen akzeptiert, es sei an der Zeit, dass auch die Hamas sie akzeptiere, schrieb Trump auf seiner Plattform Truth Social. Die Hamas zeigte sich daraufhin zu "sofortigen Verhandlungen" bereit. Man begrüsse "jeden Schritt, der dazu beiträgt, die Aggression gegen unser Volk zu beenden".

Seit Beginn des Gaza-Kriegs vor fast zwei Jahren hat Israel bereits zahlreiche ranghohe Hamas-Anführer und Kommandeure im Gazastreifen getötet, unter ihnen Jihia al-Sinwar und Mohammed Deif. Den damaligen politischen Führer der Hamas, Ismail Hanija, tötete Israel bei einem Anschlag in Teheran. (dpa/bearbeitet von ng)

Teaserbild: © REUTERS/Ibraheem Abu Mustafa