Die tödliche Bandenkriminalität ist in Schweden in diesem Monat abermals eskaliert. Die Lage sei ernst, betont Regierungschef Kristersson in einer Rede an die Nation.

Mehr aktuelle News

Im Kampf gegen die eskalierende Bandengewalt in Schweden könnte bald das Militär zum Einsatz kommen. Er werde sich am Freitag mit dem nationalen Polizeichef Anders Thornberg und dem militärischen Oberbefehlshaber Micael Bydén treffen, um zu prüfen, wie die Streitkräfte der Polizei bei der Arbeit gegen die kriminellen Gangs helfen könnten, sagte Ministerpräsident Ulf Kristersson am Donnerstagabend in einer Rede an die schwedische Nation.

"Wir werden die Gangs jagen und wir werden die Gangs besiegen", sagte der konservative Regierungschef. "Wir werden sie vor Gericht stellen. Sind sie schwedische Staatsbürger, werden sie mit sehr langen Haftstrafen eingesperrt. Sind es ausländische Staatsbürger, werden sie ausserdem ausgewiesen."

Elf Menschen innerhalb eines Monats erschossen

Schweden ringt seit Jahren mit der grassierenden Bandenkriminalität, immer wieder kommt es zu Schüssen und vorsätzlich herbeigeführten Explosionen. In diesem Monat eskalierte die Gewalt abermals, was unter anderem mit einem vermuteten Konflikt innerhalb des kriminellen Foxtrot-Netzwerks zusammenhängen soll.

Elf Menschen wurden in diesem Monat bereits erschossen, darunter auch Unbeteiligte. Zudem starb am Donnerstag eine junge Frau bei einer Explosion.

Im Jahr 2022 wurde im Schnitt eine Person pro Woche in Schweden erschossen. In den Nachbarländern Dänemark und Norwegen waren es nur vier im ganzen Jahr. Warum ist die Bandengewalt in Schweden so viel ausgeprägter?

Kristersson sieht politische Fehler bei der Integration

Kristersson machte jahrelange politische Naivität für die dramatische Lage verantwortlich. "Eine verantwortungslose Einwanderungspolitik und eine gescheiterte Integration haben uns hierher geführt", sagte er. Ausgrenzung und Parallelgesellschaften böten den Nährboden für kriminelle Banden. "Dort können sie rücksichtslos Kinder anwerben und künftige Mörder ausbilden", sagte der Regierungschef.

Die schwedische Gesetzgebung sei nicht auf "Bandenkrieg und Kindersoldaten" ausgelegt, betonte der Konservative weiter. Seine Regierung ändere dies nun, sowohl in der Migrations- als auch in der Kriminalpolitik. Jugendgefängnisse sollten gebaut werden, um junge Straftäter von erwachsenen Kriminellen zu trennen. Ausserdem werde daran gearbeitet, dass alle Kinder die schwedische Sprache lernten.

Jugendliche werden gezielt angeworben

Angelockt werden die Jugendlichen von den Gangs unter anderem mit teurer Kleidung, Geld und einem Gefühl von Gemeinschaft – und nicht ohne Hintergedanken: Sie werden oft für die grobe Arbeit eingesetzt, und gemäss dem Jugendstrafrecht in Schweden drohen ihnen bei Verurteilungen deutlich geringere Haftstrafen als Erwachsenen – damit sind sie für die Banden schon nach wenigen Jahren wieder einsetzbar.

Kriminologe Christoffer Carlsson von der Universität von Stockholm rechnet damit, dass es 10, 15 Jahre dauern dürfte, die Schusswaffengewalt in den Griff zu bekommen – wenn man heute damit beginnt. Ein früher Indikator für den richtigen Weg sei, wenn die Zahl der Neurekrutierungen der Netzwerke zurückgehe und schliesslich aufhöre, sagt er. "Dann beginnen wir, das Ende zu sehen – aber bis dahin ist es noch ein langer, langer Weg." (dpa/lko)

JTI zertifiziert JTI zertifiziert

"So arbeitet die Redaktion" informiert Sie, wann und worüber wir berichten, wie wir mit Fehlern umgehen und woher unsere Inhalte stammen. Bei der Berichterstattung halten wir uns an die Richtlinien der Journalism Trust Initiative.

Teaserbild: © dpa / Ninni Andersson/Government Offices of Sweden/XinHua