Die US-Regierung verlangt plötzlich 100.000 Dollar für ein Fachkräftevisum – und löst damit eine Welle der Empörung aus. Gewerkschaften und Berufsverbände ziehen vor Gericht und warnen vor dramatischen Folgen für Wirtschaft und Versorgung.
Gewerkschaften und Berufsverbände aus verschiedenen Bereichen haben Klage gegen die erhöhten Visagebühren der US-Regierung eingereicht. Die Organisationen argumentierten in der am Freitag (Ortszeit) vorgelegten Klage, die vor rund zwei Wochen eingeführte Gebühr von 100.000 Dollar (rund 85.000 Euro) pro Visum sei illegal. Die Neuregelung hätte vom Kongress beschlossen werden müssen - und nicht durch ein präsidiales Dekret eingeführt werden dürfen.
Zudem bremse die hohe Gebühr Innovation und Wirtschaftswachstum und gefährde die Grundversorgung, erklärten die Kläger. Ohne die Arbeiter aus dem Ausland werde in Krankenhäusern medizinisches Personal fehlen, Kirchen würden ohne Pastoren dastehen und Schulen ohne Lehrer. Die Gebühren müssten unverzüglich aufgehoben und die Planbarkeit für Fachkräfte und Arbeitgeber wiederhergestellt werden.
Unruhe vor allem in Technologiebranche
Die Einführung der Gebühr für die Visa vom Typ H-1B hatte insbesondere in der Technologiebranche für Unruhe gesorgt. Sie trat am 21. September in Kraft, die Unternehmen wurden nur 36 Stunden vorher informiert.
US-Handelsminister Howard Lutnik hatte zunächst von einer jährlichen Gebühr von 100.000 Dollar für die Arbeitgeber gesprochen. Später erklärte Regierungssprecherin Karoline Leavitt, die Gebühr sei einmalig zu errichten und gelte nicht für ausländische Bürger, die bereits ein Fachkräftevisum haben, und auch nicht für die Verlängerung von Visa.
Die US-Tech-Branche ist in hohem Masse auf ausländische Spezialisten angewiesen. Tech-Unternehmer - darunter der früher mit Trump verbündete, aber inzwischen mit ihm zerstrittene Elon Musk - hatten davor gewarnt, H-1B-Visa-Halter ins Visier zu nehmen. Die H-1B Visa werden unter anderem an Informatiker, Ingenieure und Wissenschaftler vergeben. Sie haben eine Laufzeit von drei Jahren, können aber auf sechs Jahre verlängert werden.
Besonders in Indien hatte die neue Gebühr Besorgnis ausgelöst. Rund drei Viertel der Empfänger von H-1B-Visa kommen aus dem Land.
Gebühren bislang gering
Die H-1B-Visa werden über ein Lotterieverfahren vergeben. Im vergangenen Jahr genehmigten die US-Behörden rund 400.000 Visa dieses Typs, bei etwa zwei Dritteln davon handelte es sich um Visaverlängerungen. Die Gebühren waren bislang vergleichsweise gering und betrugen zwischen mehreren hundert und mehreren tausend Dollar. Ihre Höhe war unter anderem von der Grösse des jeweiligen Unternehmens abhängig.
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Trump bezeichnete die neuen Visa-Regeln als Massnahme, um heimische Arbeitnehmer zu schützen. Das H-1B-Programm sei ausgenutzt worden, um US-Arbeitnehmer "durch geringer bezahlte, weniger qualifizierte Kräfte zu ersetzen", heisst es in der Verordnung. (afp/bearbeitet von amb)