Das SPÖ-Wahlprogramm steht. Überraschungen bleiben weitgehend aus: Das Papier hält sich an "Plan A" von Bundeskanzler Christian Kern - mit ein paar Boni. Auffällig: Die SPÖ rückt die Interessen von Unternehmern verstärkt in den Fokus.

Eine Analyse

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Mit 92,66 Prozent hat der SPÖ-Bundesparteirat das Wahlprogramm und die Bundesliste abgesegnet. Diese wird von Bundeskanzler Christian Kern angeführt. Dahinter die Gesundheits- und Frauenministerin Pamela Rendi-Wagner als Quereinsteigerin, auf Platz drei kommt FSG- und GPA-Chef Wolfgang Katzian.

"Vollbeschäftigung" als Ziel

Der Slogan des neuen Programms: "Ich hol mir, was mir zusteht." Ansprechen will man gleich mehrere Zielgruppen. "Niemand verbietet uns, unser Schicksal in die Hand zu nehmen. Und das ist mein Angebot: Gestalten wir unser Österreich und unsere Zukunft gemeinsam", schreibt Kanzler Christian Kern in der Einleitung. Das Programm sei eines für "Wohlstand, Sicherheit und gute Laune".

Das ganz grosse Ziel des Programms: den Arbeitsmarkt beleben und die Arbeitslosenquote senken: "Vollbeschäftigung ist unser Ziel. Auf dem Weg dorthin schaffen wir 200.000 Arbeitsplätze bis 2020 und halbieren die Arbeitslosigkeit."

Arbeit

Etwas überraschend kommt der Vorschlag einer Zugangsbeschränkung zum österreichischen Arbeitsmarkt für Bürger ärmerer EU-Staaten. So sollen Menschen aus den ökonomisch schwachen ost-europäischen Staaten nur Zugang zum heimischen Arbeitsmarkt erhalten, wenn sich kein Österreicher für den Job finden lässt.

Neue Töne auch hinsichtlich der Arbeitszeitflexibilisierung - mit einem Entgegenkommen an die Wirtschaft: Bei Gleitzeit soll eine Arbeitszeit von 12 Stunden pro Tag künftig möglich sein.

Im Gegenzug müssten aber längere zusammenhängende Freizeitblöcke ermöglicht werden, ebenso wie ein Wechsel zwischen Teil- und Vollzeit.

Eine "Beschäftigungsgarantie" will die SPÖ für ältere Arbeitslose. Sie sollen spätestens nach einem Jahr Arbeitslosigkeit einen Arbeitsplatz erhalten, der nach Kollektivvertrag entlohnt wird.

Die Bundesliste der SPÖ im Überblick

Kampfansage an Uber und Co.

Die "Generation Praktikum" soll Unterstützung in Form von kollektivvertraglichen Regelungen erhalten. Die Gehälter will die SPÖ an den Kollektivvertrag anpassen und ein "Crowdworkgesetz" soll "Plattformdienste" wie Uber oder Reinigungsdienste in die Mangel nehmen.

So will man die Betreiber etwa gesetzlich zur "Gleichstellung" verpflichten. Mit wem konkret, lässt das Programm offen - vermutlich ist eine Gleichstellung mit in anderen Unternehmen in derselben Branche gemeint.

Zumindest verlangt die Partei von "Plattformdiensten" eine Einhaltung der Arbeitsgesetze - entsprechend auch der Kollektivverträge.

Eine reine Vermittlung wäre damit nicht mehr der Fall, sondern Firmen wie Uber würden als Arbeitgeber auftreten. Ob ein solches Gesetz auch nach EU-Recht halten würde, ist unklar.

Entlastung für Unternehmer

Ganz offen wendet man sich im neuen Programm an die Unternehmer. Mit Verweis auf chinesische Übernahmen von High-Tech-Unternehmen lautet die sozialdemokratische Forderung, "dass keine weiteren Verkäufe von strategisch wichtigen österreichischen Unternehmen an Eigentümer aus Drittstaaten erfolgen". Österreichische Unternehmen sollen nach Ansicht der SPÖ auch in österreichischer Hand bleiben.

So ist etwa ein Job-Bonus für jeden zusätzlich geschaffenen Job geplant, eine Anhebung der Forschungsprämie auf 14 Prozent, eine KMU-Investzuwachsprämie, eine Start-up-Förderung, Senkung der Lohnnebenkosten und eine bessere soziale Absicherung für Selbständige.

4,4 Milliarden Euro will die Partei den Unternehmern im Land dadurch sparen. Im Gegenzug würden die Belastungen etwa durch den neuen Mindestlohn, Papamonat oder die höhere Lehrlingsentschädigung nur 2,5 Milliarden ausmachen.

Auf dem Papier mag das stimmen, doch für Kleinbetriebe ist besonders der Mindestlohn durchaus eine finanzielle Herausforderung. Generell bleiben im neuen Programm Kleinbetriebe auf der Strecke. Zwar plant die SPÖ für den Fall, dass sie wieder in die Regierung kommt, eine Reparaturförderung und eine geringfügige Entlastung im Bereich der Sozialversicherung, doch konkrete Massnahmen bleiben weiter offen.

Steuern

Was die Steuern betrifft, plant die SPÖ Einsparungen von 5,3 Milliarden Euro. Die Massnahmen: Einführung einer Erbschafts- und Schenkungssteuer ab einer Million Euro (zur Finanzierung der Pflege), Negativsteuer auch für Mindestpensionisten, Begrenzung von Manager-Gehältern, eine Begrenzung auch bei Gehältern von Managern staatseigener Betriebe auf 500.000 Euro pro Jahr und vor allem eine stärkere Besteuerung von Grosskonzernen.

Im Gegenzug sollen Einkommen bis zu einem Mindestlohn von 1.500 Euro steuerfrei sein. Unternehmen will man mit einer Senkung der Lohnnebenkosten bis zu 7 Prozent gewinnen.

Bildung: 5.000 neue Lehrstellen

Für Menschen, die sich gerade in Ausbildung befinden, will die SPÖ einen speziellen Bonus einführen: Lehrlinge etwa sollen den Führerschein kostenlos im Rahmen der Berufsschule machen können.

Sitzenbleiben in der Berufsschule soll abgeschafft werden, die Internatskosten vom Betrieb übernommen beziehungsweise vorgestreckt werden und ab dem zweiten Lehrjahr soll die Entschädigung flächendeckend mindestens 700 Euro betragen.

Das Hochschulbudget wollen die Sozialisten um 1,35 Milliarden Euro erweitern. An den Unis plant die SPÖ ein System zur Studienplatzfinanzierung, gleichzeitig aber auch eine Ausweitung der Zugangsbeschränkungen.

Angedacht ist ein Ausbau der Ganztagsschule mit einem Investitionsvolumen von 750 Millionen Euro. Die Ankündigung: Bis 2025 soll es für 40 Prozent der Schüler die Möglichkeit ganztägiger Schulformen geben, in maximal 20 Kilometern Entfernung zum Wohnort der Schüler. Gelten soll das für alle Schultypen.

Dafür möchte man auch vermehrt Quereinsteiger für die Ausbildung zum Lehrer gewinnen. Hier will die SPÖ das Studium an pädagogischen Hochschulen öffnen und attraktiver machen. Wie genau, lässt die Partei offen. Zudem sollen 5.000 neue Lehrstellen geschaffen werden.

Pensionisten und Familie: Armut vorbeugen

Rund 23.000 Personen, die 30 Arbeitsjahre erworben haben, sollen anstelle der gewöhnlichen Ausgleichszulage künftig 1.000 Euro bekommen. Durch 100.000 neue Arbeitsplätze will man zusätzliche 770 Millionen in die Pensionskassen spülen.

Familien sollen im Rahmen einer "Öffi-Offensive" unterstützt werden. Für junge Väter soll ein Rechtsanspruch auf den Papamonat nach der Geburt des Kindes bei vollem Lohnausgleich möglich werden.

Zusätzlich will die SPÖ eine Unterhaltsgarantie für Kinder, die einen sehr geringen Unterhalt beziehen, werden, um der Kinderarmut entgegenzuwirken.

Im Bereich Pensionen verspricht die SPÖ Verbesserungen für Mindestpensionisten, einen weiteren Abbau von Pensionsprivilegien und einen gesetzlichen Schutz der Gutschriften auf dem Pensionskonto. Das Pflegegeld soll jährlich valorisiert – also im Wert angepasst – werden.

Verwaltung und neues Wahlrecht

Im Bereich der Verwaltung strebt die SPÖ eine Volksabstimmung an. Nach Vorstellung der aktuellen Regierungspartei soll das System nach dem Motto "Ein Bereich, eine Zuständigkeit" modernisiert werden.

Auch das Wahlrecht soll umgekrempelt werden. Die stimmenstärkste Partei soll automatisch den Auftrag zur Regierungsbildung erhalten, der Wahlsieger stellt den Bundeskanzler.

Sport, Freizeit und Kultur

Kulturell will man mit einem "Museumssonntag" punkten, also einen Sonntag mit gratis Eintritt in alle Bundesmuseen in Österreich.

Für Freizeitsportler will die SPÖ künftig Forststrassen zum Radfahren und Reiten öffnen. Zudem sollen ehrenamtliche Blaulichtorganisationen einen Freistellungsanspruch von drei Tagen pro Jahr mit Entgeltfortzahlung bekommen.

Hier finden Sie weitere Wahlprogramme für die Nationalratswahl 2017 im Überblick:


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