Die SRG-Halbierungsinitiative und die Initiative "Keine 10-Millionen-Schweiz" behandeln die eidgenössischen Räte in der Herbstsession, die von heute Montag bis zum 26. September dauert. Nachfolgend eine Übersicht von weiteren Geschäften in chronologischer Reihenfolge:
UMWELT: Der Nationalrat führt eine ausserordentliche Session zu Ewigkeitschemikalien (PFAS) durch. Ihm liegen dazu acht Vorstösse vor. Den ersten, der sachgerechte Grenzwerte für PFAS und eine Unterstützung der Landwirtschaft verlangt, hat der Ständerat bereits gutgeheissen. Sagt auch der Nationalrat Ja, muss der Bundesrat handeln. Die anderen Vorstösse fordern unter anderem Einschränkungen bei der Zulassung von PFAS, Absenkpfade, eine Deklarationspflicht und Massnahmen, um mit PFAS belasteten Landwirtschaftsbetrieben zu helfen. Im Kanton St. Gallen waren 2024 mit PFAS belastete Flächen entdeckt worden. Daraufhin wurde in einigen Landwirtschaftsbetrieben der Verkauf von Fleisch gestoppt.
(Geschäftsnummern 25.3421, 25.3797, 25.3801, 25.3835, 25.3902, 25.3906, 25.3907 und 25.3930; Behandlung im Nationalrat am 9. September)
SCHWEIZ - EU: Der Ständerat äussert sich zur Frage, ob sich die Schweiz am Solidaritätsmechanismus im EU-Migrationspakt beteiligen soll oder nicht. Der Mechanismus sieht die Übernahme von Asylsuchenden bei starkem Andrang, Finanzmittel oder operative Hilfen vor. Die zuständige Ständeratskommission beantragt eine Beteiligung unter der Voraussetzung, dass das Dublin-System zur Übernahme von Asylsuchenden durch den Staat des Erstasylgesuchs für die Schweiz "im Wesentlichen" funktionieren muss. Der Bundesrat hatte eine freiwillige Beteiligung empfohlen. Der Nationalrat lehnte im Sommer ein Mitmachen beim Solidaritätsmechanismus mit knappem Mehr und zahlreichen Enthaltungen aus der FDP ab.
(Geschäftsnummer 25.037; Behandlung im Ständerat am 9. September)
ADOPTIONEN: Internationale Adoptionen sollen in der Schweiz nicht verboten werden. Das fordert eine Motion der Rechtskommission des Nationalrates, die die grosse Kammer behandelt. Die Kommission will Ausland-Adoptionen weiterhin zulassen, aber mit besseren Kontrollen. Der Bundesrat ist gegen die Motion. Er will aber nicht allein ein Verbot zur Diskussion stellen, sondern als Alternative auch bessere Kontroll- und Transparenzmechanismen. In der Schweiz kam es im Rahmen von Ausland-Adoptionen in der Vergangenheit zu gravierenden Unregelmässigkeiten. Zwischen 1970 und 1999 dürften mehrere tausend Kinder aus dem Ausland durch Kinderhandel, mit gefälschten Dokumenten, fehlenden Herkunftsangaben oder durch andere illegale Praktiken zur Adoption in die Schweiz gekommen sein. Die Zahl der Ausland-Adoptionen ist seither stark zurückgegangen.
(Geschäftsnummer 25.3430; Behandlung im Nationalrat am 10. September)
POST: Der Nationalrat befasst sich mit der "kleinen Postreform". Ihm liegt dazu eine Motion seiner zuständigen Kommission vor, die einen Stopp fordert. Die Post solle weiterhin täglich selbst in abgelegene einzeln stehende Häuser gebracht werden, und es sollten gegenüber heute auch nicht weniger Briefe pünktlich zugestellt werden, fordert sie. Der Bundesrat will der Post mit der "kleinen Reform" Einsparungen von 45 Millionen Franken ermöglichen, damit die Grundversorgung bis zur "grossen Reform", die etwa ab 2030 wirken soll, aufrechterhalten werden kann. Eckwerte für die "grosse Reform" beschloss der Bundesrat im August. Er will an der Grundversorgung festhalten, solange diese bezahlbar ist und nachgefragt wird.
(Geschäftsnummer 25.3948; Behandlung im Nationalrat am 10. September)
KONJUNKTUR: Das Parlament entscheidet, ob Schweizer Firmen künftig während bis zu 24 Monaten Kurzarbeitsentschädigung beziehen können statt wie heute während 18 Monaten. Zumindest die zuständigen Kammern beider Räte wollen es so handhaben und vor allem Unternehmen in der Tech-Industrie und deren Zulieferer unterstützen, die seit zwei Jahren unter konjunkturellen Schwächen leiden und bereits Kurzarbeit eingeführt haben. Hinzu kommen die von den USA auf unbestimmte Zeit verhängten Zölle von 39 Prozent. Der Bundesrat unterstützt das Anliegen. Seit dem Frühjahr wird der Handelskonflikt mit den USA als "wirtschaftlicher Härtefall" anerkannt. Der Ratsbeschluss soll für dringlich erklärt werden.
(Geschäftsnummer 25.441; Behandlung im Ständerat am 10. September und im Nationalrat am 18. September)
SUIZIDHILFE: Der Ständerat befasst sich mit dem assistierten Suizid, der in der Schweiz von Gesetzes wegen erlaubt ist, wenn er nicht aus selbstsüchtigen Motiven erfolgt. Anlass dazu sind zwei Motionen der Rechtskommission. Die eine verlangt eine Rahmenregulierung des assistierten Suizides. Das soll nicht den Zugang zur Sterbehilfe erschweren, sondern rechtliche Klarheit schaffen. Die Voraussetzungen für assistierten Suizid und die einzuhaltenden Verfahren sollen geregelt werden. Mit der zweiten Motion verlangt die Kommission ein Monitoring des assistierten Suizids. Der Bundesrat lehnt ein Monitoring ab und verweist auf die bereits existierende Todesursachen-Statistik. Auch für eine Rahmenregulierung sieht er keinen Bedarf. Der rechtliche Rahmen für die Sterbehilfe sei hinreichend klar.
(Geschäftsnummern 25.3944 und 25.3945; Behandlung im Ständerat am 11. September)
ASYL: In beiden Räten stehen nächste ausserordentliche Asyl-Sessionen bevor. Traktandiert sind Vorstösse aus der SVP. Verlangt wird zunächst eine befristete Gewährung von Asyl nach dem Vorbild von Schweden und Dänemark. Weiter sollen keine Resettlements für besonders verletzliche Geflüchtete mehr durchgeführt werden, bis das Asylsystem stabiler ist. Zudem stellt die SVP die Forderung nach einer Aufhebung des Status S für Geflüchtete aus der Ukraine. Der Bundesrat lehnt diese Anliegen ab. Beide Räte diskutieren zudem über eine Motion, die die Offenlegung eines Antrags fordert, mit dem das Justiz- und Polizeidepartement 2004 die Unterstellung des Schengen/Dublin-Abkommens unter das obligatorische Staatsvertragsreferendum gefordert hatte.
(Geschäftsnummer 25.3634; Behandlung im Ständerat am 10. September; ausserordentliche Session zum Thema Asyl im Ständerat am 23. September mit den Vorstössen 25.3743, 25.3738, 25.3625 und 25.3689 und im Nationalrat am 24. September mit den Vorstössen 25.3566, 24.4588, 25.3602, 25.3601 und 25.3274)
POLITISCHE RECHTE: Alle volljährigen Schweizerinnen und Schweizer, auch Menschen mit geistiger Beeinträchtigung, sollen dieselben politischen Rechte und Pflichten in Bundessachen haben. Nach dem Nationalrat, der die Motion dazu bereits angenommen hat, entscheidet der Ständerat, ob dafür die Verfassung angepasst werden soll. Heute stehen gemäss der Verfassung Menschen, die "wegen Geisteskrankheit oder Geistesschwäche entmündigt sind", die politischen Rechte nicht zu. Das schliesse rund 16'000 Menschen in der Schweiz automatisch vom Stimmrecht aus, schrieb die Nationalratskommission zum Vorstoss. Der Bundesrat empfahl diesen zur Annahme.
(Geschäftsnummer 24.4266; Behandlung im Ständerat am 15. September)
RECHTSSCHUTZ: In der Schweiz dürften keine Sammelklagen eingeführt werden. Der Ständerat entscheidet über eine Änderung in der Zivilprozessordnung, die der Nationalrat nicht wünscht und die auch die Mehrheit seiner zuständigen Kommission ablehnt. Tritt auch der Ständerat nicht auf die Vorlage ein, ist diese vom Tisch. Das Parlament hatte vor Jahren dem Bundesrat den Auftrag gegeben, Vorschläge zum kollektiven Rechtsschutz auszuarbeiten. Der Bundesrat stellte diese Ende 2021 vor. Gegner der Reform warnen nun aber vor einer "Amerikanisierung" des Rechtssystems, die hohe Kosten auslösen könnte. Das heutige Rechtssystem biete ausreichend Wege für Klagen. Die Befürwortenden dagegen finden, das aktuelle System sei für Konsumentinnen und Konsumenten zu kostspielig und zu komplex.
(Geschäftsnummer 21.082; Behandlung im Ständerat am 15. September)
STEUERN: Das Seilziehen um die Besteuerung von Ehepaaren geht weiter. Der Nationalrat befasst sich nach den Beschlüssen zur individuellen Besteuerung unabhängig vom Zivilstand erneut mit der Heiratsstrafe. Anlass dazu ist die Volksinitiative gegen die Heiratsstrafe bei den Steuern der Mitte-Partei. Mit nur knappem Mehr beantragt die zuständige Kommission, der Individualbesteuerung den Vorzug zu geben, anstatt Verheiratete weiterhin gemeinsam zu besteuern und dabei Diskriminierungen aufzuheben. Die Minderheit, die die Mitte-Initiative bevorzugt, argumentiert mit der ablehnenden Haltung vieler Kantone zur Umstellung auf Individualbesteuerung. Der Bundesrat lehnt die Mitte-Initiative ebenfalls ab, weil sie in seinen Augen im Widerspruch steht zur Individualbesteuerung.
(Geschäftsnummer 25.018; Behandlung im Nationalrat am 17. September)
VERTEIDIGUNG: Die Armeebotschaft 2025 kommt in den Ständerat. Bundesrat und Nationalrat wollen für rund 1,7 Milliarden Franken Rüstungsgüter beschaffen und Truppenunterkünfte modernisieren. Auch sollen die von der Patrouille Suisse genutzten Tiger-F-5-Kampfjets ausser Dienst gestellt werden. Damit ist die zuständige Ständeratskommission einverstanden. Zusätzlich beantragt sie mit Stichentscheid einen Zusatzkredit von einer Milliarde Franken für den Kauf von Fliegerabwehrmunition. Ein solcher Antrag war im Nationalrat im Juni gescheitert. Der Bundesrat hatte auf Anträge für mehr Munition verzichtet, mit Verweis auf die angespannte Finanzlage.
(Geschäftsnummer 25.025; Behandlung im Ständerat am 17. September)
KAMPFJETS: Der Ständerat wird eine Debatte führen über die Mehrkosten von bis zu 1,3 Milliarden Franken für den Kauf von neuen F-35-Kampfjets aus den USA. Franziska Roth (SP/SO) verlangt mit einer Motion, dass sich das Parlament und mit einem fakultativen Referendum auch das Volk zu einem allfälligen Nachtragskredit äussern können müssten. Der Bundesrat beantragt ein Nein. Der einfache Bundesbeschluss - darunter fiele die Bewilligung eines Zusatzkredits - unterstehe nicht dem Referendum, und die Verfassung sehe kein Finanzreferendum vor. Der Bundesrat hat das VBS im August beauftragt, die Kampfflugzeugbeschaffung unter Berücksichtigung der neuen Ausgangslage neu zu analysieren. Bis Ende November sollen verschiedene Optionen geprüft werden. Eine ist, weniger als wie geplant 36 Kampfjets zu kaufen. Eine andere ist ein Zusatzkredit.
(Geschäftsnummer 25.3745; Behandlung im Ständerat am 17. September)
ALTERSVORSORGE: Nachdem bereits beschlossen ist, dass die 13. AHV-Rente ab Ende 2026 ausbezahlt wird, geht es nun um die Finanzierung der dafür nötigen höheren Ausgaben. Im Nationalrat dürfte es spannend werden. Seine zuständige Kommission beantragt mit 13 zu 12 Stimmen, die Zusatzrente ausschliesslich über die Mehrwertsteuer zu finanzieren, aber befristet bis 2030. Die Kommission begründet diese Haltung mit den besseren Finanzperspektiven der AHV. Der Bundesrat hingegen möchte für die 13. Rente eine unbefristete Erhöhung der Mehrwertsteuer. Der Ständerat wiederum will neben der Mehrwertsteuer auch die Lohnbeiträge nach oben anpassen und damit nicht nur die 13. AHV-Rente finanzieren, sondern auch eine allfällige Abschaffung oder Erhöhung der Rentenplafonierung für Ehepaare.
(Geschäftsnummer 24.073; Behandlung im Nationalrat am 17. September)
VOLKSRECHTE: Der Nationalrat entscheidet, ob die Schweiz gesetzliche Grundlagen für Versuche mit elektronisch gesammelten Unterschriften für Initiativen und Referenden erhalten soll. Der Ständerat hat als Reaktion auf Enthüllungen über Betrügereien mit gefälschten Unterschriften im Herbst 2024 bereits digitalisierte Sammelverfahren gefordert. Der Bundesrat will vor einer definitiven Einführung Pilotprojekte ermöglichen. Die Vorlage enthält noch weitere Neuerungen, darunter Hilfsmittel für Sehbehinderte, sodass diese ihre Stimmzettel leichter ohne fremde Hilfe ausfüllen können.
(Geschäftsnummer 25.047; Behandlung im Nationalrat am 18. September)
MEDIEN: Die SRG-Halbierungsinitiative, die Radio- und TV-Gebühren von noch 200 Franken pro Haushalt im Jahr verlangt, kommt in den Ständerat. Geht es nach der zuständigen Kommission, hat das Begehren in der kleinen Kammer keine Chance. Die Volksinitiative "200 Franken sind genug (SRG-Initiative)" will neben der Gebührensenkung für Haushalte auch Unternehmen von der Abgabe befreien. Die Kommissionsmehrheit begründet ihren ablehnenden Entscheid zur Initiative mit dem Entscheid des Bundesrats, die Empfangsgebühr für Haushalte bis 2029 schrittweise auf 300 Franken zu senken und zahlreiche Betriebe von der Abgabepflicht zu befreien. Die SRG setzt bereits ein Sparprogramm um. Das schon im Nationalrat abgelehnte Volksbegehren stammt aus Kreisen der SVP.
(Geschäftsnummer 24.060; Behandlung im Ständerat am 22. September)
KLIMA: Der Ständerat entscheidet über seine Position zur Klimafonds-Initiative. Die Forderung nach einem Fonds des Bundes für Klimaschutz und Klimaprojekte war in der grossen Kammer chancenlos und hat auch in der zuständigen Kommission des Ständerates kein Gehör gefunden. Ein schuldenfinanzierter Fonds sei nicht der richtige Weg, um ans vom Volk gesetzte Netto-Null-Ziel 2050 zu kommen, befand die Mehrheit. Die verlangte Aufhebung der Schuldenbremse sei weder angemessen noch verantwortungsvoll. Eine Minderheit der Ständeratskommission will die Initiative zur Annahme empfehlen. Ihrer Meinung nach braucht es mehr Geld für die Förderung von Klimaschutz und Biodiversität.
(Geschäftsnummer 25.022; Behandlung im Ständerat am 22. September)
ZUWANDERUNG: Der Nationalrat befasst sich als Erstrat mit der SVP-Volksinitiative "Keine 10-Millionen-Schweiz". Diese fordert, dass die ständige Wohnbevölkerung der Schweiz die Zehn-Millionen-Grenze vor dem Jahr 2050 nicht überschreitet. Die zuständige Kommission lehnt die Initiative ab. Auch wenn das Bevölkerungswachstum eine "reale Herausforderung" sei, sei eine zahlenmässige Zielvorgabe nicht geeignet, um eine nachhaltige Bevölkerungsentwicklung sicherzustellen, fand die Mehrheit. Arbeitskräfte aus dem Ausland würden weiterhin benötigt, etwa in der Gesundheitsversorgung. Nach Ansicht der Kommission würde die Initiative den Wohlstand und die internationalen Beziehungen der Schweiz ernsthaft gefährden. Der Nationalrat hat sich an zwei Tagen der dritten Sessionswoche Zeit reserviert für die Initiative.
(Geschäftsnummer 25.026; Behandlung im Nationalrat am 22. und 25. September)
NAMEN: Der Ständerat entscheidet, ob Verheiratete und eingetragene Partnerinnen und Partner künftig wieder einen Doppelnamen führen dürfen, also beispielsweise Petra Muster Weber statt Petra Muster oder Petra Weber. Seine zuständige Kommission ist wie der Nationalrat mit der Neuerung einverstanden. Demnach sollen beide Ehegatten wieder einen Doppelnamen führen können und dabei die Reihenfolge der Namen individuell und frei wählen können. Wie der Nationalrat will auch die Ständeratskommission nicht, dass Kinder Doppelnamen führen dürfen.
(Geschäftsnummer 17.523; Behandlung im Ständerat am 23. September)
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VERTEIDIGUNG: Wehrpflichtigen soll es erschwert werden, von der Armee zum Zivildienst zu wechseln. Das finden der Bundesrat, der Nationalrat und auch die Mehrheit der zuständigen Ständeratskommission. Der Ständerat wird gegen Ende der Herbstsession über die Revision entscheiden. Damit soll der verfassungsrechtlichen Vorgabe Nachachtung verschafft werden, dass keine Wahlfreiheit zwischen dem Militärdienst und dem Zivildienst besteht. Gleichzeitig soll der Grundsatz der Gleichwertigkeit der beiden Dienstarten gestärkt werden. Der Zivildienstverband Civiva und die Jungen Grünen haben bereits angekündigt, die Vorlage mit dem Referendum zu bekämpfen.
(Geschäftsnummer 25.033, Behandlung im Ständerat am 24. September) © Keystone-SDA