- US-Behörden warnen vor einem möglichen Zusammenhang zwischen dem Guillain-Barré-Syndrom (GBS) und dem Corona-Impfstoff von Johnson & Johnson.
- Das Guillain-Barré-Syndrom kann Muskelschwäche und Lähmungen und auslösen.
- Wer ist besonders von GBS betroffen und worauf sollten Geimpfte jetzt achten?
Nachdem in den Vereinigten Staaten 100 Verdachtsfälle des seltenen Guillain-Barré-Syndroms nach einer Impfung mit dem Corona-Impfstoff von Johnson & Johnson registriert wurden, prüft die US-Arzneimittelbehörde FDA einen möglichen Zusammenhang zwischen der seltenen Nervenerkrankung und dem Vakzin.
Zwar sei das Risiko nach einer Corona-Impfung an GBS zu erkranken gering und der Nutzen der Impfung überwiege, dennoch nahm die FDA das Guillain-Barré-Syndrom als mögliche Nebenwirkung in ihre Warnhinweise zum Impfstoff Janssen von Johnson & Johnson auf. In den USA wurden bislang rund 13 Millionen Menschen mit dem Impfstoff gegen das Coronavirus geimpft.
Zusammenhang zwischen GBS und Corona-Impfung?
95 Prozent der Erkrankten mussten im Krankenhaus behandelt werden, ein Mensch starb. Ob der Todesfall mit der Impfung gegen das Coronavirus zusammenhängt, ist noch nicht bekannt. Bei den Personen handelt es sich überwiegend um Männer im Alter von über 50 Jahren. Laut Johnson & Johnson traten die meisten Fälle 42 Tage nach einer Corona-Impfung mit dem Impfstoff Janssen auf.
Aufgrund der Freiwilligkeit von Meldungen über Nebenwirkungen könne weder die Häufigkeit sicher abgeschätzt noch ein kausaler Zusammenhang zwischen Impfstoff und Erkrankung klar hergestellt werden. Dem in Deutschland für die Bewertung von Arzneimitteln zuständigem Paul-Ehrlich-Institut (PEI) liegen keine Meldungen über GBS im Zusammenhang mit dem Impfstoff von Johnson & Johnson vor.
Allerdings meldete das PEI im März zwei Verdachtsfälle, die kurz nach einer Impfung mit dem Impfstoff Comirnaty von Biontech / Pfizer auftraten. Die europäische Arzneimittelbehörde EMA analysiert aktuell einen möglichen Zusammenhang von GBS und dem Impfstoff Vaxzevria des Herstellers AstraZeneca.
Was ist das Guillain-Barré-Syndrom?
Beim Guillain-Barré-Syndrom handelt es sich um ein neurologisches Krankheitsbild mit einer meist plötzlich auftretenden Entzündung des peripheren Nervensystems (PNS). Das PNS liegt ausserhalb des Gehirns und Rückenmarks und ist für den Informationsaustausch zwischen Hirn, Rückenmark und Körper zuständig. Jährlich erkranken etwa 1 bis 2 von 100.000 Menschen an GBS, überwiegend Männer.
Bekannt sind verschiedene GBS-Varianten. Bei der am häufigsten beobachteten Variante treten zunächst parallel von den Beinen ausgehende Störungen auf. Dazu zählen Symptome wie Schwäche, Kribbeln oder ein Verlust der Empfindung bis hin zu Lähmungen. Die Symptome breiten sich weiter in den oberen Teil des Körpers aus und wandern in die Arme. Beschriebene Symptome können auch von oben nach unten verlaufen.
Bei schweren Verläufen kann die Atemmuskulatur betroffen sein. Dann ist eine künstliche Beatmung erforderlich. Auch die Funktion von Gesichts- und Schluckmuskulatur kann so beeinträchtigt sein, dass eine natürliche Aufnahme von Flüssigkeit und Nahrung nicht möglich ist.
Auch kann es zu gefährlichen Störungen von Funktionen kommen, die vom vegetativen Nervensystem gelenkt werden. Dazu zählen Herzrhythmusstörungen und Schwankungen des Blutdrucks. Eine stark beeinträchtigte Verdauung und unkontrolliertes Harnverhalten sind weitere mögliche Symptome. Bei einer anderen Variante des Guillain-Barré-Syndroms können die Augen erstarren oder die Reflexe aussetzen. Auch der Gang kann stark beeinträchtigt sein.
Wie entsteht das Guillain-Barré-Syndrom?
Das Guillain-Barré-Syndrom wird als eine schwerwiegende Autoimmunreaktion gedeutet. Warum ein Mensch an GBS erkrankt, ist nicht bekannt. Häufig tritt das Syndrom nach einer Infektionen mit Bakterien oder Viren auf.
Kurz nach Ausbruch der Corona-Pandemie wurden erstmals GBS-Fälle registriert, die nach einer Infektion mit dem neuartigen Coronavirus SARS-CoV-2 auftraten. Möglicherweise Impftstoff-assoziierte GBS-Fälle gab es bereits in der Vergangenheit: etwa 1976 in den USA und 2009 in der kanadischen Provinz Québec nach Massenimpfungen gegen die Schweinegrippe.
Wie wird GBS behandelt?
Da GBS schnell drastisch Fortschreiten und zu Herzversagen und Atemstillstand führen kann, ist eine umgehende intensivmedizinische Behandlung notwendig. Im Anschluss an den Krankenhausaufenthalt kann eine Rehabilitationsmassnahme zum Aufbau von Muskel- und Nervenfunktionen notwendig sein. Viele Patienten heilen nach einigen Wochen bis Monaten vollständig. Neurologische Beschwerden können seltener dauerhaft bestehen bleiben. Die Sterblichkeitsrate liegt bei etwa 5 Prozent.
Angst vor GBS nach Corona-Impfung? Das sollten Sie beachten
Stellen Sie nach einer Impfung folgende Symptome fest, ist es ratsam, umgehend medizinischer Rat einzuholen:
- Schwäche, Kribbeln oder Lähmungserscheinungen in Beinen oder Armen
- Schwankender Gang
- Plötzliche Inkontinenz oder Verstopfung
- Störungen der Gesichtsmuskulatur
- Schluck-, Kau- oder Sprachstörungen
- Erstarrung der Augenmuskulatur
Verwendete Quellen:
- FDA: Coronavirus Update
- FDA: Fact sheet for healthcare providers administering vaccine
- CDC: Guillain-Barré Syndrome and Vaccines
- DGN: SARS-CoV-2 kann das gefürchtete Guillain-Barré-Syndrom auslösen
- Pubmed: Risk of Guillain-Barré syndrome following H1N1 influenza vaccination in Quebec
- PEI: Sicherheitsbericht
- EMA: Meeting highlights from the Pharmacovigilance Risk Assessment Committee
- MSD: Guillain-Barré-Syndrom (GBS)
- DocCheck Flexikon: Guillain-Barré-Syndrom