Brigitte Nielsen hat jüngst mitgeteilt, dass sie mit Mitte 50 noch einmal Mutter wird. Sie zählt zu einer Reihe prominenter Frauen, die selbst unter den Spätgebärenden zu den älteren gehören: Janet Jackson, Gianna Nannini, Caroline Beil. Eine Ausnahme - oder wird die "Mutter 50+" sogar Normalität?

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Eigentlich ist es erstaunlich, dass nicht mehr Frauen in fortgeschrittenem Alter Kinder bekommen. Denn die Menopause, also die Zeit nach dem letzten Zyklus, in der die Fruchtbarkeit einer Frau endet, tritt im Schnitt erst mit 50 Jahren ein. Bis dahin ist eine Schwangerschaft theoretisch in jedem Zyklus möglich.

Dennoch haben 2016 nach offiziellen Angaben nur 39.591 Frauen über 40 ein Kind geboren. Ihr Anteil an allen frisch gebackenen Müttern in diesem Jahr liegt bei nicht einmal fünf Prozent.

Risiko einer Fehlgeburt steigt ab 40 Jahren

Das liegt daran, dass die Fruchtbarkeit einer Frau schon ab 30 Jahren nachlässt, zwischen 40 und 50 Jahren sinkt sie dann rapide. Von den einstmals mehreren hunderttausend Eizellen, die eine Frau ursprünglich hat, sind dann nur noch wenige übrig.

Diese wenigen Eizellen sind zudem noch älter geworden, was sie schlechter reifen lässt. Es entstehen Fehler bei der Verteilung der Chromosomen, unter anderem deswegen steigt das Risiko einer Fehlgeburt mit dem Alter der Schwangeren stark an.

Mit 45 Jahren liege es bei etwa 70 Prozent, sagte der Präsident des Berufsverbandes der Frauenärzte (BVF), Christian Albring, zu unserer Redaktion.

Hinzu kommt, dass Frauen über 40 häufiger als Jüngere sogenannte Vorerkrankungen haben, zum Beispiel Bluthochdruck und Diabetes.

Das sind wiederum Risikofaktoren für andere Komplikationen in einer Schwangerschaft, etwa die für Mutter und Kind sehr gefährliche Präeklampsie.

Mehr Gelassenheit, ein besserer Status

Liest man medizinische Artikel zum Thema, kann man schnell den Eindruck gewinnen, dass es im Grunde unverantwortlich ist, mit über 35 oder gar über 40 Jahren ein Kind bekommen zu wollen.

Denn je älter die Schwangere, desto grösser sind die Risiken für - eigentlich alles. Für Komplikationen in der Schwangerschaft, für ein geringeres Geburtsgewicht des Kindes, für veränderte Chromosomen, die sich beim Embryo zum Beispiel als Down-Syndrom auswirken können.

Auch die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BzgA) hat einige dieser Studien ausgewertet und kam zu dem Schluss: Ja, es gibt diese Risiken und sie sind höher als bei Jüngeren.

Aber: In vielen Fällen sei die Wahrscheinlichkeit, dass ein Worst Case eintritt, nur leicht erhöht - und später schwanger zu werden, könne durchaus auch Vorteile haben. Zum Beispiel durch eine stabilere Partnerschaft, mehr Geld, eine bessere Bildung.

Hinzu komme, dass - abgesehen von tatsächlichen (Vor)Erkrankungen - die Schwangerschaft von älteren Frauen meist besser vertragen werde, dass sie also weniger Beschwerden haben.

Das wird vor allem daran liegen, dass viele der Frauen über 35 schon mindestens eine Schwangerschaft hinter sich haben. Es kann aber zumindest teilweise auch an einer grösseren Gelassenheit durch mehr Lebenserfahrung liegen.

"Auch die Reproduktionsmedizin hat Grenzen"

Die BzgA schreibt, dass es zu allen Zeiten "Spätgebärende" gegeben habe (eine wissenschaftliche Definition für den Begriff gibt es übrigens nicht).

Dass es in den vergangenen Jahren aber vor allem in der Altersgruppe zwischen 35 und 45 Jahren immer mehr Schwangere gibt, ist nicht zuletzt ein Ergebnis der Fortschritte in der Reproduktionsmedizin.

Paare mit unerfülltem Kinderwunsch können durch Hormontherapien, In-vitro-Fertilisation oder Einfrieren von Eizellen versuchen, ein Kind zu bekommen, das sie ohne diese Hilfe aller Voraussicht nach nicht bekommen hätten.

Allerdings seien auch der Reproduktionsmedizin Grenzen gesetzt, sagt Frauenarzt und BVF-Präsident Christian Albring. Gerade für Frauen ab 40 sei es auch auf diesem Weg nicht einfach, schwanger zu werden.

Abgesehen von der psychischen Belastung, die eine solche Behandlung bedeuten kann, ist nicht garantiert, dass sich eine befruchtete Einzelle teilt und schliesslich auch einnistet.

Schwangerschaftsrate von Frauen 45+ bei rund sechs Prozent

Die Schwangerschaftsraten von Kinderwunschkliniken liegen bei jüngeren Frauen meist zwischen 30 und 40 Prozent, bei über 40-Jährigen zwischen 20 und 30 Prozent und bei über 45 Jahre alten Frauen bei rund sechs Prozent.

Trotz der Möglichkeiten, die Kinderwunschkliniken mittlerweile haben, scheint es also so, als ob der Zeitraum, in dem eine Frau ein Kind bekommen kann, nicht unendlich ausgeweitet werden kann.

Christian Albring zumindest ist sich sicher, dass Schwangerschaften wie die von Brigitte Nielsen weiterhin extrem selten bleiben werden.

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