Annalena Baerbock ist zur Präsidentin der UN-Vollversammlung gewählt worden. Das teilten die Vereinten Nationen offiziell mit.
Die ehemalige deutsche Aussenministerin
14 Mitgliedsstaaten enthielten sich. Sieben weitere Länder sprachen sich in New York für die ursprüngliche deutsche Kandidatin Helga Schmid aus.
Baerbock war die einzige Kandidatin, sie äusserte sich dankbar über ihre Wahl und sagte, sie wolle "ehrliche Maklerin" für die Vollversammlung sein. Ihre offizielle Amtseinführung findet am 9. September kurz vor der Generaldebatte der UN-Vollversammlung mit Staatsgästen aus aller Welt statt.
Der Spitzenposition wird in erster Linie protokollarische Bedeutung beigemessen – sie ist nicht mit der Rolle von UN-Generalsekretär António Guterres zu verwechseln. Baerbocks Amtszeit als Präsidentin der UN-Vollversammlung dauert ein Jahr. Sie ist die fünfte Frau auf dem Posten seit Gründung der UNO vor fast 80 Jahren. In der Vollversammlung sind alle 193 UN-Mitgliedstaaten vertreten.
Wahl mit Störmanöver von russischer Seite
Entgegen allen Gepflogenheiten hatte Moskau Diplomatenkreisen zufolge eine geheime Abstimmung über Baerbock beantragt. Normalerweise besiegelt die Vollversammlung Personalien ohne Gegenkandidaten per Akklamation, also im Konsens ohne formelle Wahl.
Stattdessen kam es zu einer Abstimmung mit Stimmzetteln, auf denen nur Baerbocks Name stand, bei der aber auch eine Enthaltung oder das Hinzufügen eines weiteren Namens möglich war. Wie üblich stimmten einige Delegationen am Montag auch gar nicht mit ab.
Schon vor der Abstimmung wurde vermutet, dass Russland sich querstellen könnte. Moskau hatte in den vergangenen Wochen kein Hehl daraus gemacht, dass es Baerbock für eine ungeeignete Kandidatin hält und ihr "eklatante Voreingenommenheit" unterstellt. Baerbock war als Aussenministerin gegenüber Russland im Zuge des Ukraine-Kriegs einen harten Kurs gefahren und damit immer wieder ins Visier Moskaus geraten.
Ursprünglich war für das Amt der Präsidentin der UN-Generalversammlung die deutsche Top-Diplomatin Helga Schmid vorgesehen gewesen, die auch von Russland akzeptiert war. Baerbock wurde für ihre späte Kandidatur nach der verlorenen Bundestagswahl kritisiert.
Amt mit eher symbolischem Charakter
Als Präsidentin wird Baerbock die Sitzungen der Generalversammlung leiten sowie Abläufe und Tagesordnungspunkte festlegen. Mit diesen Aufgaben könnte die 44-Jährige zumindest begrenzten Einfluss auf Entscheidungsprozesse hinter den Kulissen nehmen, zum Beispiel den der Wahl des nächsten Generalsekretärs im kommenden Jahr.
Dabei dürfte Baerbocks direkter Draht zu Aussenministern weltweit – also den Chefs der UN-Botschafter in New York – helfen. Ihre Prioritäten hatte Baerbock vorab bereits klargemacht.
Gegenüber der Vollversammlung gilt der 15-köpfige UN-Sicherheitsrat mit den fünf Vetomächten als deutlich mächtiger. Er kann völkerrechtlich bindende Resolutionen erlassen. Die politischen Entscheidungen der Generalversammlung dagegen haben oft einen eher symbolischen Wert und gelten als weltweites Stimmungsbild. (dpa/AFP/bearbeitet von ank)