Israel hat den bisherigen Fluchtkorridor Salah al-Din geschlossen und verbliebene Bewohner in der Stadt Gaza erneut zur Flucht in den Süden über eine alternative Route aufgerufen. Der Hamas droht das Militär mit verstärkten Angriffen.

Die israelische Armee hat im Zuge ihrer Bodenoffensive in der Stadt Gaza einen Fluchtkorridor gesperrt und die Bewohner zur Flucht in den Süden über eine Alternativroute aufgerufen. Da der 48 Stunden zuvor vorübergehend geöffnete Korridor Salah al-Din fortan gesperrt sei, führe die einzige Fluchtroute in den Süden durch die Al-Raschid-Strasse, erklärte Militärsprecher Avichay Adraee am Freitag im Onlinedienst X.

Die israelischen Streitkräfte würden "weiterhin mit beispielloser Gewalt gegen die Hamas und andere Terrororganisationen vorgehen", betonte der Armeesprecher. Er forderte die in Gaza-Stadt verbliebenen Menschen auf, die Gelegenheit zu ergreifen und sich "hunderttausenden Bewohnern anzuschliessen, die in Richtung Süden in die humanitäre Zone gezogen sind".

Israel hatte Anfang dieser Woche - fast zwei Jahre nach dem Beginn des Gaza-Krieges - ihre angekündigte Bodenoffensive im Gazastreifen begonnen. Ziel der Offensive ist laut Armee, die Angriffe auf die Hamas zu verstärken, bis diese endgültig besiegt ist. Noch immer werden 47 israelische Geiseln von der Hamas festgehalten, 25 von ihnen sind nach israelischen Angaben bereits tot.

Kritik an Israels Offensive in Gaza

Das israelische Vorrücken auf Gaza-Stadt wird international kritisch beobachtet. Der Druck auf Israel war zuletzt gewachsen. Am Montag wollen eine Reihe von Ländern - darunter Frankreich - bei einer Konferenz der UN-Vollversammlung zur Zwei-Staaten-Lösung in New York Palästina als Staat anerkennen. Es handle sich um Gewalt in einem Ausmass, wie er es seit seiner fast neunjährigen Amtszeit als UN-Generalsekretär in keinem Konflikt erlebt habe, sagte António Guterres am Mittwoch in New York.

Die Hamas richtete derweil drohende Worte an die israelische Armee und liess wissen, dass sie in der Stadt Gaza "Tausende Hinterhalte und Sprengsätze vorbereitet" habe. Zudem habe man die aus Israel entführten Geiseln auf mehrere Viertel der Stadt verteilt. Die Angaben liessen sich nicht unabhängig überprüfen.

Viele Palästinenser können sich Flucht nicht leisten

Israels Armee hatte die Bewohner der Stadt Gaza vor Beginn der Offensive aufgerufen, sich in eine sogenannte humanitäre Zone im Süden des abgeriegelten Küstenstreifens zu begeben. Laut Hilfsorganisationen sind die Lebensbedingungen aber auch dort katastrophal. Viele Palästinenser können sich zudem laut Medienberichten die Flucht aus der Stadt schlicht nicht leisten.

Empfehlungen der Redaktion

Ein Reporter des israelischen TV-Senders N12 berichtete unter Berufung auf Palästinenser in der Stadt, die Kosten für einen Leihwagen zum Transport ihrer Habseligkeiten seien sprunghaft auf 5.000 Schekel gestiegen - umgerechnet fast 1.300 Euro. Ein Grossteil der rund zwei Millionen Einwohner des Gazastreifens lebt in Armut. Fast alle von ihnen wurden während des schon seit fast zwei Jahren andauernden Krieges zu Binnenvertriebenen. (afp/dpa/bearbeitet von ng)

Teaserbild: © AFP/JACK GUEZ