Früher war nicht alles besser, aber vieles ruhiger – auch wegen der omnipräsenten Technologie. Umfragen zufolge nutzen die Menschen ihr Smartphone inzwischen knapp drei Stunden täglich. Und wie das immer so ist: Selbst die angenehmsten Innovationen haben bisweilen unangenehme Folgen.

Miriam Meckel
Eine Kolumne
von Miriam Meckel
Diese Kolumne stellt die Sicht von Miriam Meckel dar. Informieren Sie sich, wie unsere Redaktion mit Meinungen in Texten umgeht.

Unser Gehirn hat nur begrenzt Aufnahmefähigkeit, um all die Informationen aus all den Kanälen zu verarbeiten. Und so entsteht immer häufiger"information overload", die technologisch induzierte Reizüberflutung.

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Die ist längst mehr als eine Lappalie, denn sie führt bei andauerndem Zustand nicht selten zu Stimmungsschwankungen, Stress und Depressionen. Und die Gefahr einer solchen geistigen Flutwelle ist bei der Nutzung von YouTube besonders hoch.

So lautet jedenfalls das Fazit einer neuen Studie von Jörg Matthes, Professor für Publizistik- und Kommunikationswissenschaft an der Uni Wien.

Audiovisuelle Reize überfordern unser Gehirn

Zusammen mit seinem Team befragte er an zwei verschiedenen Zeitpunkten knapp 500 Erwachsene.

Zum einen wollten die Wissenschaftler*innen wissen, wie oft die Testpersonen verschiedene Internetplattformen auf ihrem Smartphone aufriefen: WhatsApp, Facebook, Instagram, Snapchat und YouTube.

Zum anderen erkundigten sie sich bei den Freiwilligen, wie oft sie sich von der Informationsflut überfordert fühlten und ob sie Anzeichen von Stimmungsschwankungen und Depression zeigten.

Das Ergebnis: Der stärkste Zusammenhang zwischen Informationsüberflutung und negativen Emotionen bestand bei der Nutzung von YouTube. [Hier geht’s zur vollständigen Studie: "Too Much To Handle".]

Sind andere soziale Netzwerke wirklich besser?

Warum das Videoportal so anstrengend ist? Vielleicht liegt es an der schieren Masse von Videos, die dort verfügbar sind – ein Eindruck, der vom YouTube-eigenen Algorithmus verstärkt wird, weil er den Nutzer*innen pausenlos ähnliche Videos präsentiert; vielleicht liegt es auch am audiovisuellen Material, das das Gehirn stärker fordert als reine Töne, Bilder oder Texte.

Fakt ist jedenfalls: Die Studie von Jörg Matthes unterstellt Netzwerken wie Instagram, Facebook oder Twitter weniger Potenzial in puncto Reizüberflutung – womöglich auch deshalb, weil wir uns dort mit Freund*innen oder Bekannten vernetzen und uns dieser Filter vor einer gewissen Überforderung bewahrt.

Wer auch künftig gesund durchs Netz surfen will, muss das Videoportal natürlich nicht gleich boykottieren. Gleichwohl ist es allemal sinnvoll, sich der potenziellen Gefahren stets bewusst zu sein. Denn wie bei allen Erfahrungen, egal ob on- oder offline, gilt der Spruch von Paracelsus: Die Dosis macht das Gift.

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