Leere Bierzelte, gesperrte Wege, Polizisten statt Festgäste: Die Bombendrohung hat die Wiesn-Stimmung abrupt gestoppt. Viele Münchner reagierten gelassen – und suchten sich kurzerhand andere Orte zum Feiern.

Normalerweise hört und riecht man die Wiesn schon von weitem: Es riecht nach gebrannten Mandeln und Bier, aus den Festzelten dröhnt "Ein Prosit der Gemütlichkeit" und die Menschen kreischen in der Achterbahn. Doch am Mittwoch ist alles anders: Keine Menschenmengen in Dirndl und Lederhosen, stattdessen: Gähnende Leere, Absperrungen, sowie Polizisten und Hunde, die die Theresienwiese nach Sprengstoff absuchen. Wie konnte es dazu kommen?

Am frühen Morgen hatte ersten Erkenntnissen zufolge ein Mann im ruhigen Stadtteil Lerchenau ein Haus mit Sprengfallen versehen und angezündet. Er starb später an einem nahegelegenen See. Zwei Menschen wurden verletzt, eine Person gilt als vermisst. Die Ermittler gehen von einem Familienstreit aus - allerdings einem mit riesigen Auswirkungen. Der Mann hatte ein Schreiben bei sich, in dem er eine Bombendrohung gegen die Wiesn ausspricht. Stadt und Polizei reagierten umgehend: Die Wiesn blieb bis zum Abend für mehrere Stunden geschlossen, aus ganz Bayern wurden Sprengstoff-Spürhunde gebracht.

Dass ein Wiesn-Tag grossteils ausfällt, ist etwas Besonderes. In seinen 190 Jahren ist das Oktoberfest immer mal wieder ausgefallen: Corona, Kriege, Inflation. Aber die Entscheidung, das grösste Volksfest der Welt, das Münchner Ereignis schlechthin, diesen massiven Wirtschaftsfaktor zeitweise abzuriegeln - die dürfte man sich im Rathaus nicht leicht gemacht haben.

"Die Wiesn ist dicht, ich wäre lieber dicht"

Manche waren bereits auf oder in der Nähe der Theresienwiese, als die Durchsagen kamen, dass jetzt wegen einer Bombendrohung erstmal Schluss sei. Die Münchner nehmen es gelassen, Panik kam keine auf. Viele loben den Beschluss, das Oktoberfest vorerst geschlossen zu lassen: "Gut, dass hier präventiv gehandelt wird", sagte ein Besucher, "eine gute Entscheidung", ein anderer.

"Finde ich gut, bevor es jetzt einen Terroranschlag mit einem Haufen Toten und Verletzten gibt", sagte einer, der eigentlich auf der Wiesn kellnert. Ein Besucher, der sich wohl schon aufs Bier gefreut hat, sagt: "Die Wiesn ist dicht, ich wäre lieber dicht.". Leider lebten wir in einer Zeit, in der man solche Vorkehrungen treffen müsse - man dürfe sich die Stimmung aber nicht verderben lassen. "Die Menschen sollen ein schönes Fest haben und sich nicht umschauen müssen, was passieren kann", sagte ein Mann in Tracht.

Oktoberfest bleibt nach Bombendrohung vorerst geschlossen
Sicherheitskräfte und Einsatzkräfte der Feuerwehr stehen vor dem Gelände vom Oktoberfest. Im Hintergrund ist das Riesenrad zu sehen. © dpa/Christof Rührmair

Lange Schlangen vor dem Hofbräuhaus

Viele reagierten pragmatisch und suchten sich stattdessen andere Orte zum Feiern. Der Biergarten am Viktualienmarkt war am Nachmittag schnell gut gefüllt, vor Wirtshäusern in der Innenstadt bildeten sich lange Schlangen.

Empfehlungen der Redaktion

"Es ist natürlich nicht gut, dass die Wiesn geschlossen ist - aber was willst denn machen", sagt ein Mann, kurz bevor er ins Hofbräuhaus geht. Ähnlich klingt eine andere Besucherin: "Wir wären schon lieber auf der Wiesn, aber es hilft ja nix.". Einfach mal kurz ins Hofbräuhaus reinschauen, die Stimmung und die Musik geniessen, das sei ja auch schon was. Es sei richtig, dass die Wiesn geschlossen sei, sagte ein Mann in Lederhose in der Schlange vor dem Hofbräuhaus - aber ein bisschen feiern wolle man trotzdem.

Ab dem Abend geht das auch wieder auf der Theresienwiese: Um 17.30 Uhr startet der Festbetrieb wieder. (dpa/bearbeitet von skr)