Das Gelände des Münchner Oktoberfests bleibt am Mittwoch vorerst geschlossen. Hintergrund ist laut Polizei eine Sprengstoffdrohung. Ein in dem Zusammenhang entdeckter Toter im Münchner Norden ist tatverdächtig. Die Polizei sucht unterdessen das Wiesn-Gelände mit Sprengstoffhunden ab. Spätestens um 16 Uhr soll eine Entscheidung über die Öffnung fallen.

Das Münchner Oktoberfest ist nach einer Bombendrohung gesperrt worden. Die Polizei sucht das Gelände mit Spürhunden hab, Besucher dürfen die Theresienwiese nicht betreten, Mitarbeiter mussten sie verlassen. Hintergrund ist ein Vorfall im Münchner Norden. Dort hatte ein Mann nach ersten Erkenntnissen im Rahmen eines Familienstreits am Morgen ein Wohnhaus in Brand gesteckt und Sprengfallen deponiert.

Das Oktoberfestgelände wurde aus Sicherheitsgründen vorerst bis mindestens 17:00 Uhr gesperrt. Ob das Gelände heute überhaupt öffnen wird, ist aktuell unklar und hängt von der Dauer der Durchsuchung ab. Die Stadt München will bis spätestens 16:00 Uhr eine Entscheidung treffen.

Spürhunde aus ganz Bayern suchen Wiesn-Gelände ab

Das Absuchen des Geländes dauere unter anderem deshalb so lange, weil es nicht ausreichend Sprengstoffhunde gebe, so die Münchner Polizei. Wie die Deutsche Presse-Agentur aus Sicherheitskreisen erfuhr, müssen die Tiere das Gelände mehrfach absuchen. Das koste viel Zeit und Personal.

Der Brand in einem Münchner Einfamilienhaus hat einen Grosseinsatz von Polizei und Feuerwehr ausgelöst. © picture alliance/dpa/Roland Freund

Die Behörden holen derzeit deshalb möglichst viele Sprengstoffhunde nach München, um das Oktoberfestgelände und den abgesperrten Bereich drumherum absuchen zu können. "Da haben wir uns aus ganz Bayern Unterstützung geholt. Die ist zum Teil schon da, zum Teil noch auf der Anfahrt", sagte ein Sprecher der Münchner Polizei.

"Die Hunde sind natürlich jetzt hier auch im Dauereinsatz. Beim Hund ist es so, der hat ein bestimmtes Zeitfenster, wo er sich konzentrieren kann. Der braucht immer wieder Pausen und aufgrund dieser besonderen Fallkonstellation dauert das Ganze noch ein bisschen."

Bund verschickte Warnung - Evakuierung im Münchner Norden

Der Bund verschickte eine Warnung: "Extreme Gefahr - Achtung! Amtliche Warnmeldung für München". Wie die Stadt auf ihrer Homepage mitteilte, besteht ein Zusammenhang mit der Explosion im Münchner Norden und es gibt "ein entsprechendes Schreiben des Täters".

Bei der Spurensicherung an ausgebrannten Autos in München in der Nähe der Explosion vom Morgen ist ein verdächtiger Gegenstand entdeckt worden. Um was für einen Gegenstand es sich handelt, sagte ein Polizeisprecher nicht. Die Autos befinden sich im Umfeld des Wohnhauses. Die Ermittler sehen einen Zusammenhang zu dem Brand.

Die Polizei sprach zudem von Sprengfallen in dem Gebäude, die entschärft werden sollten. Der Bereich um das Haus sei im Umkreis von 200 Metern abgesperrt worden, dabei seien auch einige Häuser evakuiert worden. An einer Strasse in der Nähe sei der verdächtige Gegenstand entdeckt worden, sagte ein Polizeisprecher.

Polizei nennt erste Details: Tatverdächtiger wohl aus Starnberg

Bei dem nach der Brandlegung im Münchner Norden entdeckten Toten handelt es sich laut Polizei um den Tatverdächtigen der Brandstiftung. "Das ist der Tatverdächtige", sagte eine Polizeisprecherin am Mittwoch auf Anfrage zur inzwischen abgeschlossenen Identifikation des Manns. Er könnte auch für eine "relativ unspezifische" Sprengstoffdrohung gegen das Oktoberfest verantwortlich sein, die zur Schliessung des Festgeländes führte.

Der Tote war nach Polizeiangaben ein 57-jähriger Deutscher aus Starnberg. "An seiner Meldeadresse sind im Laufe des Vormittags auch Durchsuchungsmassnahmen durchgeführt worden", sagte ein Sprecher. Zudem ist nun die Rede von zwei Verletzten, die rund um das ausgebrannte Wohnhaus entdeckt wurden. Sie seien im oder am Haus geborgen worden und würden jetzt in Krankenhäusern behandelt, erklärte ein Sprecher. Es handelt sich nach Angaben der Polizei um die 21 Jahre alte Tochter und die 81 Jahre alte Mutter des Tatverdächtigen.

Nach Polizeiangaben wird überprüft, ob sich weitere Personen im betroffenen Wohngebäude befinden. Am Morgen hatte die Polizei von einem vermissten Menschen berichtet. Medienberichte, wonach der Vater des 57-Jährigen getötet worden sein soll, bestätigte die Polizei zunächst nicht.

Die Polizei geht beim Motiv derzeit von einem privaten Hintergrund aus. "Unser Erkenntnisstand ist ganz klar, dass wir in Richtung Familienstreit ermitteln", sagte ein Sprecher. Ein politisches Motiv schliessen die Behörden deshalb derzeit aus. Man sei aber trotzdem offen, sollten sich Erkenntnisse in diese Richtung ergeben, sagte ein Sprecher. Der Tatverdächtige habe weder über waffen- noch sprengstoffrechtliche Erlaubnisse verfügt.

Münchens Oberbürgermeister Dieter Reiter erklärt Gründe für Sperre

Rund um das Oktoberfestgelände blieben Besucher vorerst noch ratlos stehen, bevor die Warteschlangen an den Eingängen sich auflösten. Durchsagen gab es dort zunächst nicht. Die Stadt will am frühen Nachmittag über das weitere Vorgehen entscheiden. Oberbürgermeister Dieter Reiter äusserte sich auf Instagram.

Man könne das Risiko, Menschen auf das Oktoberfest zu lassen, aktuell nicht eingehen, sagte Reiter. Die Polizei werde alles tun, um bis 17:00 Uhr das Wiesn-Gelände komplett durchsucht zu haben. Wenn die Sicherheit nicht gewährleistet werden könne, müsse das Oktoberfest heute komplett geschlossen bleiben.

Spätestens gegen 16:00 Uhr solle entschieden werden, ob das Oktoberfest am Mittwoch noch geöffnet wird oder nicht, sagte Reiter in einem weiteren Video am Nachmittag. "Die Polizei durchsucht mit allen Spürhunden, die in Bayern greifbar sind, die Theresienwiese nach Sprengstoff", berichtete er bei Instagram zur aktuellen Lage.

Reiter versuchte ausserdem die Teile der Bevölkerung der bayerischen Landeshauptstadt zu beruhigen, die durch eine von den Behörden verbreitete amtliche Drohung verunsichert sind. "Die Bedrohung richtet sich ausschliesslich gegen das Oktoberfest", sagte der Oberbürgermeister. Alle anderen Veranstaltungen könnten planmässig und unverändert stattfinden.

Keine Ermittlungen zu Antifa-Schreiben

Die Polizei prüfte eigenen Angaben zufolge auch einen Zusammenhang mit der Antifa. Auf der Website indymedia.org wurde am frühen Morgen ein Text gepostet mit dem Titel "Antifa heisst Angriff". Darin hiess es: "In den frühen Morgenstunden haben wir im Münchner Norden einige Luxuskarren abgefackelt und Hausbesuche abgestattet. Zudem ging für einen Fascho sein Morgenspaziergang nicht besonders gut aus."

Die Polizei geht jedoch nach derzeitigem Stand davon aus, dass es sich um Trittbrettfahrer handelt. "Seitens des Tatverdächtigen besteht kein Bezug zur Antifa", meldeten die Ermittler. "Es gibt keine Hinweise, dass an anderen Orten in München eine Gefahr besteht." In Richtung der Antifa werde nicht ermittelt, sagte ein Polizeisprecher.

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In der Früh gab es Grosseinsatz im Norden von München

Zuvor hatte am Mittwochmorgen ein Brand in einem Münchner Einfamilienhaus an der Ecke Lerchenauer Strasse und Glockenblumenstrasse einen Grosseinsatz von Polizei und Feuerwehr ausgelöst. Es kam deswegen zu grösseren Verkehrsbehinderungen.

Grafik-Karte: "München: Verortung des Brandes im Norden und des Oktoberfestgeländes"
© dpa-infografik GmbH

Bei dem Einsatz wurden Sprengfallen gefunden. Zur Entschärfung wurden Spezialkräfte hinzugezogen, wie die Polizei auf X mitteilte.

Was wir wissen - und was nicht

Was wir wissen:

  • Es gab einen Brand in einem Wohnhaus im Münchner Norden im Stadtteil Lerchenau, bei dem Sprengfallen gefunden und ein Transporter völlig ausgebrannt wurden. Ausserdem wurde in der Nähe am Lerchenauer See ein Schwerverletzter gefunden, der seinen Verletzungen erlag.
  • Bei dem Toten handelt es sich laut Polizei um den Tatverdächtigen für die Brandstiftung.
  • Es handelt sich um einen Deutschen mit Wohnsitz in Starnberg. An seiner Meldeadresse seien im Laufe des Vormittags Durchsuchungsmassnahmen durchgeführt worden.
  • Eine weitere Person wird vermisst, von ihr gehe aber keine Gefahr aus. Zwei weitere Personen wurden verletzt.
  • Das Oktoberfest bleibt vorerst bis 17:00 Uhr geschlossen, da es ein entsprechendes Täterschreiben gibt.
  • Das Oktoberfestgelände wird abgesucht, dafür wurden besonders viele Spürhunde benötigt. Auch Mitarbeiter mussten die Wiesn verlassen. Am frühen Nachmittag wird laut Stadt entschieden, wie es weitergeht.

Was wir nicht wissen:

  • Die genauen Hintergründe der Tat sowie das Motiv sind unklar. Die Polizei geht davon aus, dass das Haus "im Rahmen eines Familienstreits" angezündet wurde, prüfte nach eigenen Angaben aber auch einen Zusammenhang mit der Antifa. In Richtung Antifa werde aber nicht ermittelt, sagte ein Polizeisprecher.
  • Ob die Wiesn am Mittwoch überhaupt noch öffnet, ist unklar. "Die Polizei wird alles tun, möglichst bis am Nachmittag um 17:00 Uhr die Wiesn komplett durchsucht zu haben, um damit Sicherheit zu gewähren. Wenn das nicht der Fall ist, werde ich mich wieder melden, dann wird die Wiesn heute gar nicht eröffnet", sagte Oberbürgermeister Reiter auf Instagram. "Tut mir leid, anders geht’s nicht, Sicherheit geht vor."

(dpa/afp/bearbeitet von nap/skr)

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