In der Nähe des Jüdischen Museums in der US-Hauptstadt Washington fallen Schüsse. Zwei Mitarbeiter der israelischen Botschaft sterben. Vieles ist noch unklar.

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Zwei Mitarbeiter der israelischen Botschaft in den USA sind nahe dem Jüdischen Museum in Washington erschossen worden. Ein 30 Jahre alter Mann aus Chicago wurde nach Polizeiangaben als Verdächtiger gefasst. Er soll nach der Festnahme einen propalästinensischen Slogan skandiert ("Free, free Palestine") haben.

Die beiden Mitarbeiter, ein Mann und eine Frau, wurden am Mittwochabend (Ortszeit) getötet. Als mutmasslicher Schütze wurde ein 30 Jahre alter Mann aus Chicago gefasst. Er soll nach der Festnahme einen propalästinensischen Slogan ("Free, free Palestine") skandiert haben.

So reagierte die deutsche Bundesregierung

Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) schrieb auf X: "Ich bin bestürzt über die Nachricht vom Mord an zwei Mitarbeitern der israelischen Botschaft in Washington." Derzeit müsse man von einem antisemitischen Motiv ausgehen. "Diese abscheuliche Tat verurteile ich auf das Schärfste."

Bundesaussenminister Johann Wadephul (CDU) sprach von einem "heimtückischen Mord" und betonte: "Antisemitische Gewalt ist durch nichts zu rechtfertigen, Hass und Terrorismus haben keinen Platz in unseren Gesellschaften."

Antisemitismusbeauftragter warnt vor Nachahmern in Deutschland

Felix Klein, der Antisemitismusbeauftragte der Bundesregierung, warnte vor Nachahmern in Deutschland. "Es steht zu befürchten, dass solche Taten Nachahmer finden, auch auf unseren Strassen", sagte er am Donnerstag den Zeitungen der Funke Mediengruppe. "Wir sollten daher als Gesellschaft sensibilisiert sein, und die Sicherheitsmassnahmen für jüdische Einrichtungen sollten auch in Deutschland verstärkt werden."

Die Präsidentin der Israelitischen Kultusgemeinde München und Oberbayern, Charlotte Knobloch, erklärte zu dem Angriff, dieser "trifft auch uns hier in Deutschland". Der gewaltbereite Hass auf jüdische Menschen und Israel "bedroht die jüdische Gemeinschaft - und mit ihr die freien, demokratischen Gesellschaften". Wo sich jüdische Menschen nicht mehr frei und sicher bewegen könnten, sei indes auch die Freiheit und Sicherheit aller anderen Menschen gefährdet, warnte Knobloch.

Deutsch-Israelische Gesellschaft: In Bayern aufgewachsen

Das israelische Generalkonsulat in München teilte mit, der getötete Deutsch-Israeli sei in Nürnberg aufgewachsen, bevor er nach Israel ausgewandert sei.

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Yaron Lischinsky (r.) und seine Partnerin Sarah Milgrim wurden in Washington erschossen. © picture alliance/Anadolu/IsraelinUSA/Twitter

Israels Botschafter in Deutschland, Ron Prosor, erklärte, der Mitarbeiter sei "nicht nur ein Kollege" gewesen. Er habe ihn auch als seinen Master-Studenten an der Reichman-Universität in Israel kennengelernt: "aufgeweckt, neugierig, engagiert". "Er war ein Christ, ein echter Israel-Liebhaber", schrieb Prosor auf der Plattform X. Der Mann habe jüdisch-christliche Werte verkörpert, in der israelischen Armee gedient und sein Leben dem Staat Israel gewidmet.

Die Deutsch-Israelische Gesellschaft (DIG) in Berlin teilte mit, der erschossene Mann sei Gründungsmitglied des Jugendforums der Schwesterorganisation Israelisch-Deutsche Gesellschaft gewesen. Dieses vernetze junge Israelis und Deutsche miteinander. Er sei in Teilen in Bayern aufgewachsen und habe fliessend Deutsch gesprochen, hiess es weiter. 2022 habe er eine Stelle an der israelischen Botschaft in Washington übernommen.

Der DIG-Präsident Volker Beck teilte weiter mit: "Wir erinnern an ihn als aufgeschlossenen, klugen und tief engagierten Menschen, dessen Interesse an den deutsch-israelischen Beziehungen und an Wegen zu friedlicher Koexistenz im Nahen Osten auf sein gesamtes Umfeld ausstrahlte."

Verbindung zu Schütze unklar

Ob der mutmassliche Schütze die beiden Opfer kannte oder in welcher Verbindung er zu ihnen stehen könnte, ist unklar. Laut Polizei näherte sich der Täter einer Gruppe von vier Personen und schoss dann auf die beiden. Nach den Schüssen betrat er demnach das Museum, wo er von privaten Sicherheitskräften festgenommen worden sei.

Die Nachrichtenseite "Jewish Insider" zitierte einen Augenzeugen, wonach der Schütze ein Tuch mit der Bezeichnung Kufiya getragen habe, das auch als Palästinensertuch bekannt ist. Die israelische Nachrichtenseite "ynet" zitierte die Sprecherin der israelischen Botschaft in Washington mit der Aussage, dass die Botschaftsmitarbeiter "aus nächster Nähe erschossen wurden".

Israel will Schutz seiner Botschaften verstärken

Israel will seine Vertretungen weltweit nach der Tat stärker sichern. Das ordnete Ministerpräsident Benjamin Netanjahu nach Angaben seines Büros an. Der Regierungschef sei "erschüttert über den grausamen antisemitischen Mord" in der US-Hauptstadt. "Wir erleben den schrecklichen Preis, den Antisemitismus und grassierende Hetze gegen den Staat Israel fordern", sagte Netanjahu demnach. Sein Herz schmerze für die Familien der jungen Opfer.

Die Tat von Washington erfolgte vor dem Hintergrund des Krieges zwischen Israel und der islamistischen Hamas im Gazastreifen. Dieser hatte im Oktober 2023 mit einem Terrorangriff der Hamas auf Israel begonnen. Etwa 1.200 Menschen wurden dabei getötet und etwa 250 Menschen nach Gaza entführt. In dem Krieg wurden nach Angaben der von der Hamas kontrollierten Gesundheitsbehörde bislang mehr als 53.300 Palästinenser im Gazastreifen getötet. Die Zahl unterscheidet nicht zwischen Kämpfern und Zivilisten und lässt sich unabhängig kaum überprüfen. Israel steht wegen des militärischen Vorgehens und der furchtbaren humanitären Lage in dem weitgehend verwüsteten Küstenstreifen international stark in der Kritik. (dpa/bearbeitet von mbo/amb/nap)

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