Die Herausforderungen für Frankreichs neuen Premier Lecornu werden nicht kleiner. Das Land ist hoch verschuldet und tief gespalten. Mit einem Friedensangebot geht der Liberale jetzt auf das linke Lager im Parlament zu.
Frankreichs neuer Premierminister Sébastien Lecornu geht in der Debatte um Sparmassnahmen auf die linke Opposition zu. Lecornu kündigte am Samstag an, dass er den Plan seines Vorgängers François Bayrou, zwei Feiertage zu streichen, nicht weiterverfolgen werde.
Lecornu bemüht sich derzeit um einen Kompromiss unter den verschiedenen politischen Lagern, um einen Sparhaushalt für 2026 durch die Nationalversammlung zu bringen. Bayrou, der am Dienstag nach einer verlorenen Vertrauensfrage zurückgetreten war, hatte 44 Milliarden Euro einsparen wollen. Er war mit seinen Plänen aber auf heftigen Widerstand gestossen. Insbesondere der Vorschlag zur Abschaffung von zwei Feiertagen hatte Unmut ausgelöst.
Sein Nachfolger Lecornu sagte nun in einem Interview mit mehreren Regionalzeitungen: "Ich wünsche mir, dass diejenigen verschont bleiben, die arbeiten. Deshalb habe ich entschieden, die geplante Streichung zweier Feiertage wieder zurückzunehmen." Lecornu betonte, dass er auf den "Dialog mit den Sozialpartnern" setze, um "andere Finanzierungsquellen" für den Haushalt 2026 zu finden. Mit Blick auf die Forderung des links-grünen Lagers nach einer stärkeren Besteuerung grosser Unternehmen und Wohlhabender äusserte er sich zurückhaltend. Er sei bereit, an "Fragen der Steuergerechtigkeit" zu arbeiten, sagte Lecornu lediglich.
Lecornu will in Frankreich Reformen anstossen
Ab nächster Woche werde es Beratungen geben, wie Frankreich dezentralisiert, der Verwaltungsapparat verschlankt und Kommunalparlamenten mehr Verantwortung übertragen werden könne, sagte Lecornu. Er wolle Regierungsbehörden zusammenlegen oder ganz abschaffen und ehemaligen Kabinettsmitgliedern auf Lebenszeit gewährte Privilegien entziehen. "Reformen sind nicht immer nur 'für die anderen', das schafft Misstrauen", sagte Lecornu.
Die Rating-Agentur Fitch hat die Kreditwürdigkeit Frankreichs am Freitag herabgestuft. Die aktualisierte Bewertung der Bonität des französischen Staats liegt jetzt bei A+ mit stabilem Ausblick. Fitch begründete die Herabstufung mit der politischen Instabilität im Land und speziell der Schwierigkeit, einen Haushalt aufzustellen – was wiederum den Bemühungen entgegenlaufe, die hohe Staatsverschuldung in den Griff zu bekommen.
"Wir bezahlen für die Instabilität", sagte Lecornu in dem Interview, als er auf die Fitch-Analyse angesprochen wurde. Steigende Zinsen für den Schuldendienst hätten direkte Folgen für die Staatskasse, aber auch für das Leben der Menschen und die Unternehmen im Land. In dieser Lage müsse man einen stabilen Finanzkurs finden – das sei "auch eine Frage der Souveränität".
Empfehlungen der Redaktion
Frankreich hat mit rund 3,3 Billionen Euro den grössten Schuldenberg in der Europäischen Union angehäuft. Gemessen an der Wirtschaftsleistung ist die Schuldenquote mit 114 Prozent die dritthöchste nach der Griechenlands und Italiens. Auch die Staatsausgaben gehören zu den höchsten in der EU. (afp/dpa/bearbeitet von the)