Die deutsche Bundesregierung hat mit Grenzkontrollen die polnische Regierung verärgert. Jetzt will Polen gleichziehen und ebenfalls seine Grenzen kontrollieren – und wie reagiert Berlin? Dort warnt man nun vor den Auswirkungen der Kontrollen.
Polen erwägt die Einführung von Kontrollen an der Grenze zu Deutschland noch in diesem Sommer. "Ich habe unseren Nachbarn, nicht nur Deutschland, sondern auch anderen Nachbarstaaten, mitgeteilt, dass ich nicht zögern werde, vorübergehende Kontrollen einzuführen", sagte Regierungschef Donald Tusk bei einer Debatte zu seiner Regierungserklärung im Parlament. Dieser Schritt werde kommen, "wenn die Lage an der Grenze angespannt ist und der Druck gross ist".
Tusk betonte aber auch, Grenzkontrollen würden für die vielen Polen, die zu ihrem Arbeitsplatz nach Deutschland pendeln, zu erheblichen Belastungen führen.
Bundesinnenminister Alexander Dobrindt (CSU) hatte kurz nach dem Antritt der neuen Regierung vor gut einem Monat intensivere Grenzkontrollen verfügt. Gleichzeitig ordnete er an, dass künftig auch Asylsuchende an der Grenze zurückgewiesen werden können. An dieser Praxis hält die Bundesregierung auch nach einer Eilentscheidung des Berliner Verwaltungsgerichts fest. Beides stösst bei Deutschlands östlichem Nachbarn Polen auf Kritik.
Polen-Beauftragter: "Kontrollen dürfen Grenze nicht blockieren"
Obwohl Deutschland also selbst an seinen Grenzen kontrolliert und den Schritt der polnischen Regierung damit erst ausgelöst hat, stösst die polnische Entscheidung in Berlin auf Kritik. Der Polen-Beauftragte der Bundesregierung, Knut Abraham (CDU), warnte vor negativen Auswirkungen auf die engen Alltagsbeziehungen zwischen den Menschen auf beiden Seiten. "Die angesichts der Migrationslage temporär erforderlichen Grenzkontrollen als politisches Zeichen müssen auf beiden Seiten der Grenze so gestaltet werden, dass sie die in über 30 Jahren gewachsenen Verflechtungsräume entlang der Grenze nicht blockieren", sagte Abraham dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (Donnerstag).
Die langfristige Lösung liege "nicht in Kontrollen entlang der Binnengrenzen, sondern im gemeinsamen deutsch-polnischen Interesse einer funktionierenden europäischen Lösung", führte der Brandenburger CDU-Bundestagsabgeordnete aus.
Ein "Ping-Pong-Spiel" mit unerwünschten Personen?
Die Gewerkschaft der Polizei (GdP) räumte infolge der angekündigten Kontrollen mögliche Beeinträchtigungen des Berufspendler- und Warenverkehrs ein. Allerdings könnten die Grenzkontrollen auch Migranten auf dem Weg nach Deutschland abhalten, "sodass eventuell vielleicht sogar weniger Menschen an unsere Kontrollen kommen, welche keine Berechtigung haben, nach Deutschland einzureisen", sagte GdP-Chef Andreas Rosskopf dem RND.
"Sollten die polnischen Kollegen aber tatsächlich nur ihre Einreise kontrollieren, könnte es zu einem Ping-Pong-Spiel kommen", bei dem unerwünschte Personen hin- und zurückgeschickt würden, warnte Rosskopf.
Polens Regierung innenpolitisch unter Druck
Polens Regierungschef Tusk sagte am Mittwoch, er habe die Bundesregierung gewarnt, dass Warschau "jeden Versuch, irgendeinen Migranten nach Polen zu schicken", genau beobachten werde.
Die Migrationspolitik war ein zentrales Thema im Präsidentschaftswahlkampf im Polen. Der Wahlsieg des Rechtsnationalisten Karol Nawrocki, der schärfere Kontrollen an der Grenze zu Deutschland fordert, ist ein herber Rückschlag für Tusks liberal-konservative Regierung. Der Ministerpräsident stellte daraufhin die Vertrauensfrage. Die Abstimmung im Parlament gewann seine Regierung am Mittwoch mit 243 zu 210 Stimmen. (dpa/afp/bearbeitet von fab)