Ein jahrelanger Hackerangriff auf das tschechische Aussenministerium sorgt für internationalen Aufruhr: NATO und EU machen eine chinesische Spionagegruppe verantwortlich – und drohen mit Konsequenzen.

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Ein mutmasslicher chinesischer Hackerangriff gegen das Aussenministerium in Tschechien alarmiert die Nato und die EU. In einer gemeinsamen Erklärung der 32 Nato-Staaten heisst es, man beobachte mit wachsender Besorgnis die zunehmenden böswilligen Cyberaktivitäten, die von der Volksrepublik China ausgehen und sei entschlossen, diese zu bekämpfen. Die EU teilte zeitgleich mit, sie stehe bereit, bei Bedarf weitere Massnahmen zu ergreifen. Dazu hatten in der Vergangenheit auch Sanktionen gezählt.

Die Attacke gegen das Aussenministerium des Nato- und EU-Staats hat nach offiziellen Informationen bereits 2022 begonnen. Nach Informationen des tschechischen Nachrichtenportals Seznamzpravy.cz konnte China dadurch mutmasslich jahrelang E-Mails tschechischer Diplomaten mitlesen. Hinter dem Angriff auf das Kommunikationsnetz des Aussenministeriums soll nach den bisherigen Ermittlungen die Cyberspionage-Gruppe APT31 (Advanced Persistent Threat 31) stecken, die dem Ministerium für Staatssicherheit der Volksrepublik China zugeordnet wird.

Kallas: Inakzeptabler Verstoss gegen internationale Normen

An den umfassenden Ermittlungen waren laut offiziellen Angaben die tschechischen Inlands-, Auslands- und Militärgeheimdienste und die nationale Behörde für Cyber- und Informationssicherheit beteiligt. Das Aussenministerium betont, dass das infiltrierte Kommunikationsnetz nicht für den Austausch von als geheim eingestuften Informationen verwendet wurde.

Sanktionen gegen Hacker aus China hatte die EU erstmals 2020 verhängt. Damals waren mutmassliche Mitglieder der chinesischen Hackergruppe APT10 betroffen, die bei einer Aktion mit dem Namen "Cloud Hopper" IT-Dienstleister in aller Welt angegriffen haben sollen.

Zu der Attacke auf das Aussenministerium in Prag erklärte die EU-Aussenbeauftragte Kaja Kallas nun in sozialen Netzwerken: "Heute macht die EU einen vom chinesischen Staat unterstützten Akteur für eine bösartige Cyberkampagne gegen Tschechien verantwortlich." Dies sei ein klarer und inakzeptabler Verstoss gegen internationale Normen.

Tschechien bestellt Botschafter ein

Tschechien hat wegen des Vorfalls den chinesischen Botschafter einbestellt. Eine umfassende Untersuchung des Angriffs habe "zu einem hohen Grad an Gewissheit hinsichtlich des Verantwortlichen geführt", erklärte das Aussenministerium in Prag am Mittwoch. Solch "feindliche Handlungen" hätten "sehr ernsthafte Konsequenzen für unsere bilateralen Beziehungen", erklärte der tschechische Aussenminister Jan Lipavsky im Onlinedienst X. (dpa/afp/bearbeitet von skr)