Israel genehmigt den Bau tausender neuer Siedlungen im Westjordanland – ein Projekt mit Sprengkraft. Kritiker sehen die Friedenslösung in Gefahr, Deutschland reagiert mit scharfer Ablehnung.

Während die israelische Armee ihren Einsatz im Gazastreifen ausweitet, treibt die israelische Regierung den Siedlungsbau im von Israel besetzten Westjordanland voran. Ein dem israelischen Verteidigungsministerium unterstelltes Gremium billigte einen Plan des rechtsextremen israelischen Finanzministers Bezalel Smotrich zur Ausweitung des israelischen Siedlungsbaus, wie der Bürgermeister der Siedlung Maale Adumim, Guj Jifrah, am Mittwoch mitteilte. Das Projekt E1 sieht vor, das Palästinensergebiet in zwei Teile zu spalten. Die Bundesregierung erklärte, sie lehne den Plan "entschieden" ab.

Der Plan sieht den Bau von rund 3400 Wohneinheiten in einem Gebiet östlich von Jerusalem vor. Die Fläche des Gebiets beträgt rund zwölf Quadratkilometer. Die israelische Regierung hatte in der Gegend bereits vor Jahren Siedlungen errichten wollen, dann aber nach internationalem Druck davon abgesehen.

Smotrich stellte seinen Plan in der vergangenen Woche vor und begründete diesen mit den jüngsten Ankündigungen mehrerer Länder, einen palästinensischen Staat anerkennen zu wollen. "Diejenigen, die heute einen palästinensischen Staat anerkennen wollen, werden von uns vor Ort eine Antwort erhalten, in Form von konkreten Tatsachen: Häuser, Stadtviertel, Strassen und jüdische Familien, die ihr Leben aufbauen", sagte der Minister.

Scharfe Kritik aus Deutschland

Bundesaussenminister Johann Wadephul hat die Zustimmung zu Bauplänen für israelische Siedlungen in einem besonders sensiblen Gebiet im Westjordanland kritisiert. "Derartige Vorhaben wären, wenn sie durchgeführt werden würden, völkerrechtswidrig und würden eine Zweistaatenlösung verunmöglichen", sagte der CDU-Politiker am Rande eines Besuches in der indonesischen Hauptstadt Jakarta vor Journalisten.

Mit Zweistaatenlösung ist ein unabhängiger palästinensischer Staat gemeint, der friedlich Seite an Seite mit Israel existiert. Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu lehnt eine Zweistaatenlösung ab - ebenso wie die islamistische Hamas im Gazastreifen. Die Bundesregierung sei für eine Zweistaatenlösung, betonte Wadephul. "Deswegen raten wir dringend davon ab, diesen Weg weiterzugehen."

Ein Sprecher des Auswärtigen Amtes sagte, das Vorhaben würde "de facto den nördlichen Teil des Westjordanlandes vom südlichen Teil trennen". Die Mobilität der Palästinenser im Westjordanland und der Palästinenser in Ost-Jerusalem würde dadurch erheblich eingeschränkt werden.

Israel siedelt illegal in Gebieten

Der Mitarbeiter der israelischen Nichtregierungsorganisation Ir Amim, Aviv Tatarsky, warf der israelischen Regierung vor, mit der Entscheidung "ein Apartheidregime zu errichten". Israel sei entschlossen, "wie Minister Smotrich es genannt hat, ein strategisches Programm zu verfolgen, um die Möglichkeit eines palästinensischen Staates zu begraben und gewissermassen das Westjordanland zu annektieren".

Smotrichs Vorstellung des Plans hatte bereits vergangene Woche heftige internationale Kritik ausgelöst. UN-Generalsekretär António Guterres warnte, der Plan würde "der Zweistaatenlösung ein Ende bereiten". Die EU-Aussenbeauftragte Kaja Kallas betonte, das sogenannte Projekt E1 untergrabe "die Zweistaatenlösung weiter" und verstosse gegen das Völkerrecht.

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Israel hatte im Sechstagekrieg von 1967 die Kontrolle über das Westjordanland, Ostjerusalem und den Gazastreifen übernommen. Nach internationalem Recht ist die Errichtung israelischer Siedlungen in diesen palästinensischen Gebieten illegal. Trotz Protest aus dem Ausland hat Israel in den vergangenen Jahrzehnten dutzende Siedlungen im Westjordanland gebaut, wo rund 500.000 Israelis neben rund drei Millionen Palästinensern leben.

Palästinenserbehörde protestiert gegen Siedlungsprojekt

Die Palästinenserbehörde hat mit scharfer Kritik auf die Genehmigung eines israelischen Siedlungsprojekts im besetzten Westjordanland reagiert. Der Projekt E1 genannte Plan für den Bau von 3400 Wohneinheiten östlich von Jerusalem zerschlage die "geografische und demografische Einheit des palästinensischen Staats" und untergrabe die "Aussichten auf die Verwirklichung der Zweistaatenlösung", erklärte die Behörde am Mittwoch in einer Mitteilung. (dpa/afp/bearbeitet von skr)

Teaserbild: © IMAGO/Anadolu Agency/Wisam Hashlamoun