Aus Chan Junis wurden zuletzt viele Tote gemeldet. Bewohner der zweitgrössten Stadt des Gazastreifens und vieler weiterer Orte im Süden des Gebiets sollen die Gegend laut Israels Armee verlassen. Die Kritik am Vorgehen Israels wächst.

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Israels Armee hat Bewohner der meisten Orte im südlichen Gazastreifen aufgefordert, die Region zu verlassen. Das Militär werde in der Gegend einen "beispiellosen Angriff" beginnen, um gegen Terrororganisationen vorzugehen, hiess es in einem in arabischer Sprache veröffentlichten Aufruf.

Fluchtaufruf umfasst mehrere Orte im Süden des Gazastreifens

Laut einer vom Militär veröffentlichten Karte umfasst der Fluchtaufruf die Grossstädte Chan Junis, Rafah und alle weiteren Orte im Süden des Gazastreifens bis auf Al-Mawasi.

Dorthin sollen sich die Menschen laut Armee nun begeben. Al-Mawasi im Südwesten des umkämpften Gebiets wurde während des Gaza-Kriegs von Israel als humanitäre Zone ausgewiesen.

Terrororganisationen feuerten weiterhin Raketen aus den vom Fluchtaufruf betroffenen Gegenden ab, teilte Israels Armee weiter mit. Sie hatte am Morgen Beschuss aus dem Süden des Palästinensergebiets gemeldet.

Die Armee hatte kürzlich die Palästinenser in Rafah und Chan Junis aufgefordert, das Gebiet zu verlassen. Zahlreiche Menschen folgten Augenzeugen zufolge den Aufrufen.

Aus Chan Junis, der zweitgrössten Stadt im Gazastreifen, wurden zuletzt dennoch sehr viele Tote gemeldet. Der Ort gelte "als gefährliches Kampfgebiet", teilte die Armee erneut mit. Die Fluchtaufforderung gelte derweil nicht für die Nasser-Klinik und das Al-Amal-Krankenhaus in Chan Junis, so das Militär.

Kritik am Vorgehen Israels wächst international

Der deutsche Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) hat das israelische Vorgehen im Gazastreifen deutlich kritisiert. "Die Zivilbevölkerung derart in Mitleidenschaft zu nehmen, wie das in den letzten Tagen immer mehr der Fall gewesen ist, lässt sich nicht mehr mit einem Kampf gegen den Terrorismus der Hamas begründen", sagte Merz beim "WDR Europaforum 2025" auf der Digitalkonferenz Republica in Berlin.

Deutschland müsse sich mit öffentlichen Ratschlägen an Israel so weit zurückhalten, wie kein zweites Land auf der Welt, fügte er hinzu. "Aber wenn Grenzen überschritten werden, wo einfach das humanitäre Völkerrecht jetzt wirklich verletzt wird, dann muss auch Deutschland, dann muss auch der deutsche Bundeskanzler dazu etwas sagen."

Zuvor hatten die Staats- und Regierungschefs aus Frankreich, Grossbritannien und Kanada Kritik geäussert und laut SRF von einer "völlig unverhältnismässigen Eskalation" gesprochen.

SPD-Politiker forderten derweil ein Ende deutscher Waffenlieferungen für Israel. Ein Vorstoss, den auch die Linksfraktion begrüsst. Dies sei angesichts der "humanitären Katastrophe" im Gazastreifen und von "Völkerrechtsbrüchen" Israels richtig, sagte der Fraktionsvorsitzende Sören Pellmann am Montag der Nachrichtenagentur AFP. Es sei "nicht mehr vermittelbar", dass die Bundesregierung hier "nicht nur tatenlos zuguckt", sondern Israel "auch noch mit der Lieferung diverser Waffen und Ersatzteile unterstützt". (dpa/afp/bearbeitet von ras)