Israels Vorgehen im Gazastreifen sorgt auch im Land selbst für Kritik. Der frühere Premierminister Ehud Olmert sagte dem "Spiegel", der Krieg habe schon längst enden müssen.

Mit deutlichen Worten hat der frühere israelische Premierminister Ehud Olmert Israels Vorgehen im Gazastreifen angeprangert. "Es gibt dort viele Ereignisse, die man als Kriegsverbrechen verstehen kann. Ich kann sie gar nicht alle aufzählen", sagte Olmert in einem Interview des Magazins "Spiegel" (Bezahlinhalt). "Vor allem aber ist das ein illegitimer Krieg, der aus den persönlichen politischen Interessen des Premierministers geführt wird", so Olmert. "Ich glaube nicht, dass irgendjemand in verantwortlicher Position einleuchtend erklären kann, was wir dort tun", fügt er hinzu.

Olmert: Krieg in Gaza hätte längst enden müssen

Auslöser des aktuellen Krieges im Gazastreifen war der Überfall der radikalislamischen Hamas auf Israel am 7. Oktober 2023. Die Terroristen töteten mehr als 1.200 Menschen, verschleppten 250 Personen in den Gazastreifen. Israels Regierung hat sich zum Ziel gesetzt, die Hamas zu besiegen – allerdings forderte der Krieg bisher auch viele Tausend zivile Todesopfer.

Aus Sicht von Olmert hätte Israel den Krieg schon im Oktober 2024 beenden müssen, nachdem israelische Streitkräfte den Hamas-Anführer Jihia al-Sinwar getötet hatten. "Spätestens da hätten wir sagen müssen: Es reicht, wir haben genug getötet, wir haben genug zerstört, wir haben sie genug geschwächt", sagte Olmert dem "Spiegel".

Scharfe Kritik an Auffanglager: "Ein widerwärtiger Plan"

Der heute 79-Jährige war früher selbst Mitglied in der konservativen Likud-Partei des aktuellen israelischen Premierministers Benjamin Netanjahu. 2005 trat Olmert dort aus und wechselte in die neu-gegründete Mitte-Partei Kadima. Von 2006 bis 2009 war er israelischer Ministerpräsident. Wegen Korruption sass er ab Februar 2016 mehr als ein Jahr in Haft.

Jetzt spricht sich Olmert für ein Gerichtsverfahren gegen den aktuellen Premier aus. "Netanjahu sollte angeklagt werden wegen der Verbrechen, die er täglich gegen den Staat Israel und das israelische Volk begeht", sagte er.

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Scharfe Kritik übt Olmert auch an den Plänen der Regierung für eine "humanitäre Stadt" für 600.000 Palästinenser ganz im Süden des Gazastreifens. Es wird befürchtet, dass dieses Projekt ein Schritt auf dem Weg zu einer vollständigen Vertreibung der Palästinenser aus dem Gazastreifen sein könnte. Aus Olmerts Sicht könnte diese "Stadt" als Konzentrationslager interpretiert werden: "Das ist ein widerwärtiger Plan und eine furchtbare Diskussion, die sofort beendet werden muss", sagte er. (fab)

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