Frankreich will Palästina als Staat anerkennen. Welche Folgen hat der Schritt? Und welche anderen Länder sind ihn schon gegangen? Die wichtigsten Fragen und Antworten.

Der Schritt kam nicht überraschend – Emmanuel Macron wollte ihn ursprünglich schon früher verkünden. Am Donnerstagabend hat er es dann wirklich gemacht: Frankreich werde Palästina als Staat anerkennen, schrieb er beim Kurznachrichtendienst X. Im September will Macron das vor der UN-Generalversammlung offiziell verkünden.

Welche Folgen hat die Anerkennung Palästinas als Staat?

Die palästinensischen Gebiete haben bereits viele Merkmale eines Staates. Sie haben ein Staatsgebiet und eine Regierung, es gibt ein palästinensisches Volk. Allerdings sind die genauen Grenzen des Gebietes umstritten. Hinzu kommt: Die offizielle Regierung ist die Palästinensische Autonomiebehörde im Westjordanland. Sie herrscht aber nicht über den anderen Teil der palästinensischen Gebiete, den Gazastreifen. Dort hat die radikalislamische Hamas die Macht an sich gerissen.

Die Zukunft Palästinas ist ein ungelöster Konflikt – daran ändert auch Frankreichs Entscheidung nichts. Die Anerkennung als Staat ist in erster Linie ein symbolischer Akt. Weil der Nahostkonflikt zwischen Israel und den Palästinensern aber seit Jahrzehnten so aufgeladen ist, können dort auch Symbole eine starke Wirkung haben.

Was bezweckt Macron mit dem Schritt?

Der französische Präsident will Bewegung in den festgefahrenen Konflikt bringen – und auf ein Ende der Kämpfe im Gazastreifen hinwirken. Seit dem Überfall der in Gaza herrschenden radikalislamischen Hamas auf Israel am 7. Oktober 2023 führt die israelische Regierung dort einen Krieg gegen die Hamas. Das Ziel besteht darin, die Terrorgruppe zu besiegen. Darunter leidet aber auch die Zivilbevölkerung massiv.

Macron stärkt mit seinem Beschluss die palästinensische Seite – er fordert aber gleichzeitig auch eine vollständige Entwaffnung der Hamas und eine Freilassung aller israelischen Geiseln. Ein palästinensischer Staat müsse im Gegenzug Israel als Staat anerkennen, schreibt er auf X.

Zu dem aktuellen Schritt dürfte ihn die katastrophale humanitäre Lage in Gaza bewogen haben. Womöglich aber auch die jüngsten Entwicklungen in der israelischen Politik. Macron pocht auf den Aufbau und ein Überleben eines palästinensischen Staates. In Teilen der israelischen Regierung wird aber mit der dauerhaften Besetzung des Gazastreifens und sogar mit einer Vertreibung der Palästinenser geliebäugelt.

Was sind die Risiken dieses Schrittes?

Die Fronten könnten sich weiter verhärten. Die Regierungen Israels und der USA reagierten mit scharfer Kritik auf den Schritt. "Diese rücksichtslose Entscheidung dient nur der Hamas-Propaganda und wirft den Frieden zurück", teilte US-Aussenminister Marco Rubio mit. Die USA und Israel haben ihre Delegationen aus Katar zurückgezogen, wo über eine Waffenruhe in Gaza verhandelt wird.

Im Vorfeld hatten israelische Minister bereits gedroht: Wenn Frankreich Palästina anerkennt, werde Israel im Gegenzug Teile des Westjordanlands annektieren. Diese Zuspitzung war allerdings schon vorher im Gange: Am Donnerstag hat das israelische Parlament mit grosser Mehrheit die Regierung dazu aufgefordert, die "Souveränität" des Staates Israel auf alle jüdischen Siedlungen im Westjordanland auszudehnen.

Wie gehen andere Staaten mit der Palästina-Frage um?

Die Vereinten Nationen haben 193 Mitgliedstaaten. Fast 150 davon (also mehr als drei Viertel) haben Palästina bereits als Staat anerkannt. Dazu gehören beinahe alle Länder des globalen Südens sowie Russland und China, aber auch einige EU-Mitgliedsstaaten wie Spanien, Irland, Schweden, Polen und Tschechien.

Die Befürworter der Anerkennung erhoffen sich davon auch Fortschritte auf dem Weg zur Zwei-Staaten-Lösung. Sie sieht vor, dass in der Region zwei vollständige Staaten – Israel und Palästina – nebeneinander existieren. In Israel hat dieses Modell inzwischen aber kaum noch Unterstützer.

Die Entscheidung, welche anderen Staaten er anerkennt, kann jeder Staat für sich treffen. Wichtiges Merkmal eines "richtigen" Staates ist die Mitgliedschaft in den Vereinten Nationen. Auch hier befindet sich Palästina in einer Zwischenposition. Es ist kein Vollmitglied, hat aber seit 2012 Beobachterstatus. Im Mai 2024 erhielt es den Vereinten Nationen zufolge zusätzliche Mitgliedsrechte.

Wie geht Deutschland mit der Frage um?

Die Bundesrepublik arbeitet mit der Palästinensischen Autonomiebehörde im Westjordanland zusammen, deren Vertreter wird hierzulande wie ein Botschafter behandelt. Trotzdem will die Bundesregierung Palästina noch nicht als Staat anzuerkennen. Auch die Schweiz und Österreich verfahren auf diese Weise.

Empfehlungen der Redaktion

Der aussenpolitische Sprecher der CDU-Bundestagsfraktion, Jürgen Hardt, sagte am Freitagmorgen im WDR: "Wir wollen, dass es einen solchen Staat gibt. Aber die Anerkennung kann erst am Ende des Prozesses der Schaffung eines solchen Staates stehen."

Auch im Auswärtigen Amt in Berlin ist man der Meinung: Die gewünschte Zwei-Staaten-Lösung wird nur funktionieren, wenn sie von Israel und Palästina verhandelt und besiegelt wird. Regierungssprecher Stefan Kornelius bekräftigte am Freitag in einer Pressemitteilung: Die Regierung werde einen palästinensischen Staat zumindest nicht "kurzfristig" anerkennen.

Verwendete Quellen

  • X-Account von Emmanuel Macron
  • Pressemitteilung der Bundesregierung
  • UN.org: The Question of Palestine
  • WDR1.de: Deutsche Nahost-Politik: Wächst der Druck, auch durch Frankreich?