Die russischen Luftangriffe auf die Ukraine werden heftiger. US-Präsident Trump bezeichnet Kremlchef Putin als verrückt. Auch Bundesaussenminister Wadephul fühlt sich getäuscht.
Die russische Armee hat die dritte Nacht in Folge die Ukraine massiv mit grossen Schwärmen von Drohnen angegriffen. US-Präsident
In der Ukraine herrschte nachts zunächst im Norden, Osten und Süden des Landes erneut Luftalarm. Am frühen Morgen warnte die ukrainische Luftwaffe auf der Plattform Telegram zudem vor neuen Angriffen Russlands mit Marschflugkörpern. Der Luftalarm wurde daraufhin auf das ganze Land ausgeweitet. Ukrainische Militärbeobachter zählten auf ihren Telegramkanälen schon vor Mitternacht mehr als 100 russische Kampfdrohnen in der Luft.
Die russischen Streitkräfte hatten das Nachbarland schon in den Nächten auf Samstag und Sonntag mit Raketen, Marschflugkörpern und Hunderten Drohnen massiv bombardiert. Durch die schwersten Angriffe seit Monaten wurde mehr als ein Dutzend Menschen getötet, Dutzende weitere wurden verletzt.
Trump über Putin: "Er tötet viele Menschen"
Trump schrieb am Abend auf seiner Plattform Truth Social mit Blick auf
Er habe immer gesagt, Putin wolle die ganze Ukraine und nicht nur ein Stück, fügte Trump hinzu. Vielleicht habe Putin damit recht, "aber wenn er das tut, wird das zum Untergang Russlands führen!" Trump betonte, er habe immer ein sehr gutes Verhältnis zu Putin gehabt, "aber irgendetwas ist mit ihm passiert".
Zugleich machte Trump auch Selenskyj Vorwürfe. Er tue seinem Land keinen Gefallen, wenn er so rede, wie er es tue. "Alles, was aus seinem Mund kommt, verursacht Probleme, das gefällt mir nicht, und das sollte besser aufhören", schrieb Trump.
Zuvor hatte Trump bereits vor Journalisten gesagt, er sei nicht glücklich mit dem, was Putin mache. "Er tötet viele Menschen. Und ich weiss nicht, was zur Hölle mit Putin passiert ist. Ich kenne ihn seit langem." Auf die Nachfrage einer Journalistin, ob er auch neue Sanktionen gegen Russland in Erwägung ziehe, sagte Trump: "Absolut, er tötet viele Menschen, ich weiss nicht, was mit ihm nicht in Ordnung ist."
Trump möchte ein Ende der Kämpfe erreichen – Kritiker werfen ihm aber vor, dabei nicht genügend Druck auf Russland auszuüben.
Kreml hält Trump-Kritik für "emotionale Überlastung"
Der Kreml erklärt sich die scharfe Kritik von US-Präsident Donald Trump an den schweren russischen Luftangriffen auf die Ukraine mit "emotionaler Überlastung". Man stehe am Anfang eines Gesprächsprozesses, sagte Kremlsprecher Dmitri Peskow in Moskau. Das sei "natürlich verbunden mit emotionaler Überlastung absolut aller und mit emotionalen Reaktionen", wurde Peskow von der staatlichen russischen Nachrichtenagentur Tass zitiert.
Der Sprecher wies Trumps Kritik am Massenbombardement der vergangenen drei Nächte auf die Ukraine aber zurück. Man verfolge aufmerksam alle Reaktionen, doch Präsident Wladimir Putin treffe "die Entscheidungen, die für die Sicherheit unseres Landes notwendig sind", sagte Peskow.
Kellogg: "Stoppen Sie das Töten"
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj schlägt einer Idee Trumps folgend eine bedingungslose 30-tägige Waffenruhe vor, um Raum für Verhandlungen zu schaffen. Putin ist dazu bislang nicht bereit. Er besteht dafür auf Bedingungen, bei denen sicher ist, dass sie die Ukraine nicht akzeptieren wird. Die Ukraine wehrt sich seit mehr als drei Jahren gegen den russischen Angriffskrieg.
Auch der US-Sonderbeauftragte für die Ukraine, Keith Kellogg, verurteilte diese schwersten Angriffe der vergangenen Monate. "Das wahllose Töten von Frauen und Kindern bei Nacht in ihren Häusern ist ein klarer Verstoss gegen die Genfer Friedensprotokolle von 1977, die dem Schutz Unschuldiger dienen", schrieb der frühere General auf der Plattform X. "Diese Angriffe sind beschämend. Stoppen Sie das Töten. Waffenstillstand jetzt."
Wadephul: Russische Angriffe Affront auch gegen Trump
Bundesaussenminister
Wadephul sagte weiter, man sehe daran, Putin wolle keinen Frieden. "Er will den Krieg fortführen und das dürfen wir ihm nicht gestatten." Deswegen würden im europäischen Rahmen weitere Sanktionen vorbereitet und beschlossen. "Es wird eine klare Reaktion des Westens geben und ich denke auch von den Vereinigten Staaten von Amerika."
Russische Angriffe auf Ukraine
Wie die ukrainische Luftwaffe in der Nacht mitteilte, griffen russische Drohnen vom Schwarzen Meer her die Hafenstadt Odessa an. In der Grossstadt Charkiw im Osten des Landes waren Serien von starken Explosionen zu hören, wie der regionale Militärverwalter Oleh Synjehubow auf Telegram mitteilte. Vielerorts trat die Flugabwehr in Aktion, die Medien berichteten von zahlreichen Explosionen.
Mit dem Einflug grösserer Gruppen von Drohnen versucht das russische Militär, die ukrainische Flugabwehr zu überlasten. Im Gegensatz zu vorangegangenen Raketen- und Drohnenangriffen gab es bis zum frühen Morgen von den Behörden keine Berichte über mögliche Opfer oder Schäden.
Die Ukraine ihrerseits liess den Sonntag über immer wieder Drohnen Richtung Moskau fliegen. Einige Flughäfen der russischen Hauptstadt mussten deshalb Starts und Landungen zeitweise aussetzen.
Kritik nach Gefangenenaustausch: Kein Asow-Soldat heimgekehrt
Als eine der wenigen hoffnungsvollen Entwicklungen in dem Krieg schlossen Russland und die Ukraine am Sonntag nach drei Tagen den Austausch von jeweils 1.000 Kriegsgefangenen ab. Darüber herrschte in der Ukraine grosse Freude, in die sich jedoch auch Unmut mischte. Unter den Heimkehrern sei kein Soldat der 12. Asow-Brigade, kritisierte der Asow-Kommandeur Denys Prokopenko auf Facebook.
Er sprach von einer "Schande für das Land". Die Asow-Kämpfer hätten das Stahlwerk in Mariupol bis Mai 2022 verteidigt und seien dann auf Befehl in Gefangenschaft gegangen. Sie hätten nach mehr als drei Jahren "das absolute Recht, vorrangig ausgetauscht zu werden".
Das wird am Montag wichtig
Die Türkei, ein möglicher Vermittler im Krieg, schickt ihren Aussenminister Hakan Fidan für zwei Tage nach Moskau. Er soll dort mit seinem Kollegen Sergej Lawrow sprechen, aber auch mit Putin zusammentreffen. Nach türkischen Angaben wolle Fidan bekräftigen, dass die Türkei sich als Ort für Verhandlungen anbiete. Russland und die Ukraine hatten 2022 direkte Gespräche in Istanbul geführt, Mitte Mai wurde dieser Gesprächsfaden wieder aufgenommen.
Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) reist nach Finnland, um am Gipfeltreffen der nordischen Staaten teilzunehmen. Auch dort soll es um die Sicherheitslage angesichts der wachsenden Bedrohung aus Russland gehen. (dpa/bearbeitet von tas)