Laut Wolodymyr Selenskyj deutet aktuell nichts darauf hin, dass sich Russland auf ein Ende des Krieges vorbereitet – im Gegenteil. Die russischen Truppen rücken im Osten der Ukraine offenbar wieder weiter vor.

Drei Tage vor dem Treffen zwischen US-Präsident Donald Trump und dem russischen Staatschef Wladimir Putin hat der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj vor einem weiteren Vorrücken Russlands auf ukrainischem Gebiet gewarnt.

"Wir stellen fest, dass sich die russische Armee nicht auf eine Beendigung des Krieges vorbereitet", erklärte Selenskyj am Dienstag im Onlinedienst X und fügte an: "Sie unternimmt im Gegenteil Truppenbewegungen, die auf die Vorbereitung neuer Offensiven hindeuten."

Russland hatte zuletzt Geländegewinne in mehreren ukrainischen Regionen gemeldet. Am Dienstag schrieben der ukrainische Generalstab und armeenahe Militärblogger über russische Vorstösse an einem strategisch wichtigen Abschnitt in der Ostukraine. Die Armee meldete Gefechte in der Nähe des Dorfes Kutscheriw Jar in der Region Donezk. In dem der Armee nahestehenden Online-Portal "DeepState" hiess es, russische Soldaten seien innerhalb eines Tages um etwa zehn Kilometer weiter nach Norden vorgerückt.

Russland rückt in Region Donezk weiter vor

Eine von "DeepState" veröffentlichte Karte von der Front zeigt einen Korridor, der nun unter russischer Kontrolle ist und somit die Garnisonsstadt Dobropillja bedroht. Auch die umkämpfte und zerstörte Industriestadt Kostjantiniwka ist durch das russische Vorrücken bedroht. Die Stadt ist eines der letzten grossen städtischen Gebiete in der Region Donezk, das noch unter der Kontrolle der Ukraine steht.

Ein bekannter Militärblogger namens Sternenko schrieb im Onlinedienst Telegram, die russischen Einheiten hätten während ihres Vormarsches Teile einer Schnellstrasse unter ihre Kontrolle gebracht, die wichtige Ortschaften in der Region Donezk verbindet.

Die US-Denkfabrik Institute for the Study of War erklärte, russische "Sabotage- und Aufklärungstrupps" seien in Gebiete in der Nähe von Dobropillja eingedrungen. Um die Tragweite der Offensive einzuschätzen, seien die kommenden Tage "vermutlich entscheidend".

Einsatzgruppe der ukrainischen Armee beschreibt Lage als "komplex, unangenehm und dynamisch"

Eine in der Region aktive Einsatzgruppe der ukrainischen Armee schrieb im Onlinedienst Facebook, sie habe am Dienstag "erschöpfende Verteidigungskämpfe" gegen "deutlich überlegene" russische Kräfte geführt. Die Lage sei "komplex, unangenehm und dynamisch", da es russischen Truppen gelungen sei, zwischen den ukrainischen Verteidigungslinien vorzudringen.

Auch aus der Luft griff die russische Armee wieder Ziele in der Ukraine an. In der Region Donezk wurden nach Angaben der ukrainischen Polizei bei Angriffen mit Gleitbomben und Raketen drei Menschen getötet und 13 weitere verletzt.

Gespräche über eine Waffenruhe in dem seit dreieinhalb Jahren andauernden russischen Angriffskrieg sind bislang gescheitert. Am Freitag treffen sich US-Präsident Donald Trump und Kreml-Chef Wladimir Putin im US-Bundesstaat Alaska zu Beratungen über den Ukraine-Krieg. Der ukrainische Präsident Selenskyj ist nicht eingeladen.

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Moskau verlangt von Kiew, die vier von Russland teilweise besetzten ostukrainischen Regionen Saporischschja, Donezk, Luhansk und Cherson sowie die von Russland annektierte Halbinsel Krim vollständig abzutreten und zudem auf westliche Militärhilfe und einen Nato-Beitritt zu verzichten. Die Ukraine weist diese Forderungen als unannehmbar zurück. (AFP/bearbeitet von ank)