Donald Trump liess Friedrich Merz beim ersten persönlichen Treffen der beiden kaum zu Wort kommen. Man könnte das als Affront verstehen. Doch der Kanzler nahm es gelassen und machte in der ihm zugestandenen Redezeit wichtige Punkte.

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Der grosse Showdown blieb aus, das erste Treffen von US-Präsident Donald Trump und Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) verlief erstaunlich friedlich und scheinbar locker.

Jedoch machte der US-Präsident aus der Pressebegegnung im Oval Office im Weissen Haus ohne Umschweife eine One-Man-Show. Der Staatsgast Merz sass derweil im Lehnstuhl vor dem Kamin und musste sich weitgehend mit der Rolle eines Statisten begnügen. Redezeit Trump: geschätzte 98 Prozent, Redezeit Merz: der Rest. Während der 40-minütigen Pressebegegnung richteten sich die Fragen fast ausschliesslich an den US-Präsidenten, Merz wurde zwei, dreimal auch hinzugezogen.

Kein Eklat, keine Eskalation um US-Kritik am Zustand der Demokratie in Deutschland. Unter normalen diplomatischen Gepflogenheiten wäre Trumps Monolog dennoch ein Affront gegen den aus Deutschland angereisten Staatsgast. Merz schien den Redefluss seines Gastgebers gleichwohl mit Humor zu nehmen.

Trump lobt Merz – nicht nur für sein Englisch

"Wichtig ist immer, dass man nicht so lange redet, sondern dass man kurz redet und ihn auch reden lässt" – mit diesem Motto war Merz in das vielleicht wichtigste Gespräch seiner noch jungen Amtszeit gegangen. Und mit dem Vorsatz: ruhig und freundlich bleiben. Daran hielt sich der Kanzler während der 40 Minuten – und vernahm dabei sogar einige lobende Worte des Präsidenten.

Zwar sei Merz durchaus ein schwieriger Gesprächspartner, sagte Trump. "Sie meinen doch nicht, dass ich Sie als einfach bezeichnen sollte, oder?" fragte Trump. Dann fuhr er aber mit einem Lob für den Kanzler fort: "Er ist ein wirklich grossartiger Vertreter Deutschlands."

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"Ich weiss, dass Sie jetzt mehr Geld für die Verteidigung ausgeben, ziemlich viel mehr Geld, und das ist eine positive Sache", lobte Trump. Und dann noch: "Ich denke, alles, was wir wollen, ist einfach eine gute Beziehung." Dann lobte Trump noch Merz' gutes Englisch als bemerkenswerte "Errungenschaft".

Merz verpackt Erwartung geschickt

Merz sprach zumeist in Trumps Muttersprache und versäumte nicht, in jeder seiner Äusserungen Respekt und Dankbarkeit der Deutschen gegenüber den USA zu bekunden. "Wir wissen, wie viel Dank wir Ihnen schuldig sind", sagte er. Auf dem Sofa gegenüber sassen US-Aussenminister Marco Rubio und Vizepräsident JD Vance, der Ende Februar den ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj vor laufenden Kameras gedemütigt und mehr Dankbarkeit von ihm eingefordert hatte. Gegenüber dem deutschen Gast verzichtete Vance nun auf solche Provokationen.

In seiner letzten Wortmeldung nannte Merz Trump die "Schlüsselfigur in der Welt", um den Krieg in der Ukraine zu beenden. Dieses Lob nahm Trump gerne zur Kenntnis, auch wenn darin die Erwartung der Europäer verpackt war, sich nicht aus den Verhandlungen zurückzuziehen und die Ukraine Russland auszuliefern.

In puncto Ukraine-Krieg machte der Kanzler wiederholt die unterschiedlichen Sichtweisen deutlich. Dass Trump Russland und die Ukraine als "zankende Kinder" bezeichnete und das militärische Vorgehen der Ukraine mit dem Russlands gleichsetzte, betonte Merz, dass die Ukraine keine Energieversorgung und keine zivilen Ziele angreife, nur militärische. "Das ist der Unterschied." Nach Schilderungen Trumps zu schrecklichen Satellitenbildern von Schlachtfeldern sagt Merz, dies sei nur auf russische Waffen gegen die Ukraine zurückzuführen. Es sei niemals mit ukrainischen Waffen gegen Russland geschehen.

Goldenes Gastgeschenk für Trumps prunkvolles Büro

Der Präsident mag es gerne prunkvoll. So hat Trump das zuvor nüchtern eingerichtete Oval Office mit einer Fülle goldener Pokale, Skulpturen und Medaillons verziert, um seine Staatsgäste mit gehörigem Glitter quasi in monarchischer Pose empfangen zu können.

Merz hatte sein Gastgeschenk für Trump darauf abgestimmt, er präsentierte es in einem goldenen Rahmen: Ein Faksimile der Geburtsurkunde von Trumps Grossvater, der am 14. März 1869 in Kallstadt, einem Winzerdorf in Rheinland-Pfalz, geboren worden war. Wie Merz hiess Trumps Grossvater bei seiner Geburt Friedrich. Später, nach seiner Auswanderung in die USA nannte er sich dann Frederick Trump.

Vielleicht war das Geschenk auch eine späte Wiedergutmachung für den Spott von Altbundeskanzlerin Angela Merkel (CDU). Diese hatte 2019 bei einer Begegnung mit Trump vor laufenden Kameras losgeprustet, als Trump von seiner deutschen Herkunft sprach. (afp/bearbeitet von mcf)  © AFP