CBS unter neuer Führung, CNN womöglich bald auch: In den USA entsteht ein konservatives Medienimperium, das politische Einflussnahme, milliardenschwere Deals und gezielte Personalentscheidungen kombiniert. Mitten im Zentrum: Trump-nahe Unternehmer, eine willige Medienaufsicht und eine Journalistin, die als Anti-Woke-Ikone gilt.
In den USA bahnt sich ein fundamentaler Wandel in der Medienlandschaft an – angeführt von konservativen Investoren, gestützt durch politische Signale aus dem Trump-Lager. Symbolhaft für diese Entwicklung steht die Ernennung der umstrittenen Journalistin Bari Weiss zur Chefredakteurin des traditionsreichen Nachrichtensenders CBS News.
Die Gründerin der konservativen Plattform "The Free Press" und frühere Meinungsredakteurin bei der "New York Times" wurde im Oktober 2025 zur obersten redaktionellen Verantwortlichen berufen.

Meinungsmacherin führt Nachrichtensender
Weiss hatte sich in den Jahren zuvor durch scharfe Kritik an linken Identitätsdebatten, Antisemitismus in progressiven Kreisen und einer anti-"woken" Haltung profiliert. Dass sie nun die redaktionelle Linie eines Traditionssenders wie CBS mitgestaltet, werten viele als Signal für einen strukturellen Richtungswechsel.
"Weiss ist keine klassische Nachrichtenschaffende. Sie ist eine politische Meinungsmacherin, die jetzt über Inhalte eines Massenmediums bestimmt", sagt Professor Leonard Mill im Gespräch mit unserer Redaktion. Mill ist Medienrechtler an der University of California (UCLA).
Er glaubt, dass die Ernennung von Weiss weitreichende Folgen bei dem Sender nach sich ziehen dürfte. "Das verändert zwangsläufig die Ausrichtung von CBS News – nicht nur inhaltlich, sondern auch strukturell."
Kritik kommt auch aus journalistischen Kreisen: Der frühere CBS-Nachrichtenchef Paul Friedman nannte Weiss‘ Ernennung "eine ideologisch motivierte Entscheidung", die mit unabhängiger Berichterstattung schwer vereinbar sei.
Regulierung durch Drohung: Kritik an FCC-Chef Carr
Die Ernennung von Weiss ist kein Zufall, sondern Teil eines strategischen Plans. Sie erfolgt nur kurz nach der Übernahme des Medienkonzerns Paramount Global, zu dem CBS bislang gehörte, durch Skydance Media.
Vorangetrieben hatte die Übernahme David Ellison. Bis zur Übernahme war der Sohn des Trump-nahen Tech-Milliardärs Larry Ellison Geschäftsführer von Skydance Media. Nun leitet er als CEO offiziell den neuen Unternehmensverbund.
Formal wurde die Acht-Milliarden-Dollar-Übernahme von der US-Medienaufsicht FCC zwar unabhängig geprüft und im Sommer 2025 genehmigt. Doch unter dem Trump-nahen Vorsitzenden Brendan Carr wurden dabei Bedingungen durchgesetzt, die tief in die redaktionelle Ausrichtung eingreifen.
CBS News, einer der wichtigsten Marken des Konzerns, verpflichtete sich etwa, einen konservativen Ombudsmann einzusetzen, der die redaktionelle Linie "überwachen" soll. Der Auserwählte: Kenneth Weinstein, Ex-Chef des konservativen Hudson Institute.
Unbearbeitete Interviews als Bühne für Politiker
Ausserdem mussten unter anderem alle Initiativen für Vielfalt, Gleichberechtigung und Inklusion (DEI) gestrichen werden. Eine Massnahme, die der Trump-Administration, gefallen dürfte. Immerhin hatte diese selbst zahlreiche solcher Programme auf Eis gelegt und sogar Druck auf europäische Unternehmen gemacht, dass sie es ihr gleich tun sollten.
CBS verpflichtet sich zudem, künftig unbearbeitete Interviews zu senden. Letzteres geht auf eine Beschwerde von US-Heimatschutzministerin Kristi Noem zurück. Sie zählt zu den loyalsten Anhängern Trumps und warf CBS vor, kritische Passagen aus einem längeren Interview mit ihr für die Sendung "Face the Nation" gekürzt und damit angeblich manipuliert zu haben.
Als Reaktion verpflichtete sich CBS in den Fusionsauflagen nun dazu, Interviews künftig "vollständig und unbearbeitet" auszustrahlen – und damit auch ohne journalistische Einordnung. Das Problem? Ungeschnittene Interviews klingen nach Transparenz, bedeuten aber in der Praxis oft eine uneingeschränkte Bühne für politische Narrative.
Medienriese will noch grösser werden
Der frisch fusionierte Konzern aus Paramount und Skydance will künftig wohl noch höher hinaus. Medienberichten zufolge soll er bereits in konkreten Verhandlungen mit Warner Bros. Discovery stecken. Zu dem Unterhaltungskonzern gehören unter anderem der Nachrichtensender CNN, der Fernsehsender HBO und weitere mediale Schwergewichte. Sollte die Fusion gelingen, würde der neue Medienriese rund ein Drittel des amerikanischen Nachrichtensektors kontrollieren.
Im Gespräch mit unserer Redaktion stellt Medienrechts-Experte Mill klar: "Wenn ein kleiner Kreis an politisch motivierten Akteuren über Inhalte, Personal und Reichweite entscheidet, gerät einiges ins Wanken."
Zwar existieren in den USA weiterhin unabhängige Medienhäuser. Doch durch Fusionen, gezielte Personalentscheidungen und wirtschaftlichen Druck entsteht ein neues konservatives Medienkartell, das seine Machtbasis mit jeder Übernahme erweitert.
Sorge vor massiver Medienkonzentration wächst
Die Rolle von FCC-Chef Brendan Carr sorgt dabei für zunehmende Irritation. Zwar ist die Behörde formal unabhängig, doch Carr hat sich mehrfach öffentlich mit Trump solidarisiert. Etwa durch die Forderung, Late-Night-Moderator Jimmy Kimmel wegen angeblicher "Republikaner-Feindlichkeit" abzustrafen.
Oder durch seinen Vorstoss, die Reichweitenbegrenzung von TV-Sendern aufzuheben. Die Reichweitenbegrenzung ist eine US-Medienregelung, die verhindern soll, dass ein einzelner TV-Konzern zu viel Marktmacht bekommt. Die Regel besagt, dass ein Unternehmen nicht mehr als 39 Prozent der US-Haushalte direkt über eigene TV-Sender erreichen darf.
Dass er diese Grenze abschaffen beziehungsweise stark lockern möchte, begründet Carr damit, dass sie "veraltet" sei und die Wettbewerbsfähigkeit behindere. Medienkritiker sehen darin jedoch eine politische Strategie. Denn von einer Deregulierung würden vor allem konservative Sendergruppen wie Nexstar profitieren. Das würde ihnen erlauben, noch mehr lokale TV-Stationen zu übernehmen und damit mehr Einfluss auf regionale Berichterstattung zu gewinnen.
Carrs Vorstoss würde demnach eine massive Medienkonzentration ermöglichen, was wiederum Trumps medienpolitischer Linie entgegenkommt. Experten werfen Carr daher vor, die FCC zu einem politischen Hebel zu machen. Wer Deals von der Behörde genehmigt bekommen will, muss sich mit den Erwartungen des Trump-Lagers arrangieren.
"Wir erleben eine Form von Soft-Censorship durch wirtschaftliche Konzentration", warnt Professor Mill mit Blick auf diese Entwicklung. "Wenn medienpolitische Regeln gezielt gelockert werden, um den Einfluss bestimmter politischer Lager zu stärken, ist das ein struktureller Angriff auf die Meinungsfreiheit."
Was Mill meint: Wenn Konzerne Angst haben, politisch anzuecken und dadurch Probleme zu bekommen, entsteht eine Form der Selbstzensur. Aus wirtschaftlichen Interessen wird sich dann angepasst, um Konflikte mit der Regierung zu vermeiden.
Demokratischer Diskurs in Gefahr?
Der Umbau der US-Medienlandschaft ist im Gange und trifft auf eine ohnehin geschwächte Vertrauensbasis. Laut einer aktuellen Gallup-Umfrage glauben nur noch 28 Prozent der US-Amerikaner, dass die klassischen Medien eine ausreichende Vielfalt an Meinungen abbilden. Vor fünf Jahren waren es noch 40 Prozent. Der Rückgang ist nicht allein Folge aktueller Entwicklungen, aber die jüngsten Fusionen und Personalentscheidungen dürften das Misstrauen weiter befördern.
Die Personalie Bari Weiss ist für Beobachter ein Anzeichen für eine systematische Machtverschiebung, angetrieben von Trump-nahen Investoren mit konservativer Agenda. Ob diese Entwicklung aufzuhalten ist? Unklar. Doch eines ist sicher: Die journalistische Unabhängigkeit steht auf dem Spiel und mit ihr ein zentrales Fundament jeder liberalen Demokratie.
Über den Gesprächspartner
- Leonard Mill ist Professor für Medienrecht an der University of California, Los Angeles (UCLA). Er hat sich bereits in zahlreichen Publikationen, unter anderem bei der "Los Angeles Times", mit den Wechselwirkungen zwischen Medienkonzentration und Meinungsvielfalt beschäftigt. Mill war bereits unter anderem Gastdozent an der London School of Economics tätig.
Verwendete Quellen
- Variety.com: Inside Bari Weiss’ $150 Million Journey From Rejected ‘View’ Host to CBS News Editor-in-Chief: ‘She’s Just Gaming the System’
- National Public Radio: CBS shifts to appease the right under new owner
- Elpais.com: Appointment of ‘anti-woke’ Bari Weiss to head CBS News confirms shift to the right of mainstream media