Zehntausende Einwanderer ohne Papiere haben die USA unter Donald Trump schon abgeschoben. Jetzt nehmen Fahnder verstärkt die Mitarbeiter von Restaurants ins Visier.
Es war ein ganz normaler Arbeitstag Anfang Mai in der angesagten Pizzeria im Zentrum von Washington – bis Bewaffnete im Lokal auftauchten. Kein Überfall, sondern eine Razzia des Heimatschutzministeriums gegen Einwanderer ohne Papiere. "Sie verlangten die Arbeitsgenehmigungen unserer Mitarbeiter", sagt die Vize-Chefin der Pizzakette Pupatella, Natasha Neely. Niemand wurde festgenommen, doch die Verunsicherung ist seither gross.
Für Präsident
Restaurantverband nennt Migranten ohne Papiere "Rückgrat unserer Branche"
"So etwas haben wir noch nie erlebt", sagt Neely. Zwar sei auch bisher der aufenthaltsrechtliche Status von Mitarbeitern überprüft worden, jedoch in Form von Anfragen per Mail. Der Auftritt der Bewaffneten war wohl in erster Linie eine Machtdemonstration. "Sie hatten keinen Durchsuchungsbefehl", sagt die Managerin. Deshalb seien die Beamten unverrichteter Dinge aus der Filiale im Stadtteil Dupont Circle wieder abgezogen.
Ein paar Stunden später tauchten die Beamten jedoch im Pupatella-Lokal in Capitol Hill auf, diesmal mit einem Inspektionsbescheid. In ihren Pizzerien hätten alle Mitarbeiter die nötigen Dokumente, sagt Neely. Deshalb wundert sie sich, warum es ausgerechnet ihr Unternehmen traf.
Allerdings sind Migranten ohne Papiere "das Rückgrat unserer Branche – auf allen Ebenen", wie der Präsident des Restaurantverbandes in Washington (RAMW), Shawn Townsend, sagt. Nicht nur in der Gastronomie, auch in der Landwirtschaft, im Dienstleistungssektor und im Baugewerbe spielen ausländische Arbeitskräfte eine entscheidende Rolle in den Vereinigten Staaten.
Angestellte kommen aus Angst nicht mehr zur Arbeit
Laut einer Studie der auf Arbeitsrecht spezialisierten Anwaltskanzlei Littler Mendelson PC befürchten 58 Prozent der befragten Führungskräfte, dass Trumps Einwanderungspolitik zu einem Mangel an Arbeitskräften führen könnte. In der Industrie sowie im Hotel- und Gaststättengewerbe ist die Sorge demnach besonders gross.
Ein Restaurantbesitzer, der anonym bleiben möchte, bekommt die Auswirkungen schon jetzt zu spüren. Seit ein Trupp des Heimatschutzministeriums vor zwei Wochen in seinem Lokal auftauchte, "ist ein Grossteil der Mitarbeiter aus Angst, verhaftet zu werden, nicht zur Arbeit gekommen", sagt der Gastronom. Anwälte hätten ihnen geraten, abzutauchen.
"Seien wir ehrlich. Das ist beunruhigend"
Auch er selbst habe sich durch die Razzia bedroht gefühlt, sagt der Restaurantbesitzer. "Ich weiss nicht, ob sie mir jetzt immer wieder Geldstrafen aufbrummen oder versuchen werden, mich ins Gefängnis zu stecken." Auch er rechnet damit, "dass es wahrscheinlich auf einen Arbeitskräftemangel hinausläuft. Die Restaurants werden echt Probleme haben."
Das Management der Pizzakette ist auf weitere Razzien vorbereitet. "Wir haben dafür gesorgt, dass alle Filialleiter wissen, welche Rechte das Restaurant und jeder einzelne Mitarbeiter hat", sagt Neely. Doch den ungebetenen Besuch vom Heimatschutzministerium werden die Pizzabäcker und Kellner nicht so schnell vergessen, befürchtet sie. "Seien wir ehrlich, wenn jemand in Uniform mit Waffen und kugelsicheren Westen auftaucht, (...) ist das beunruhigend." (afp/bearbeitet von mcf)