Kurz vor den Kommunalwahlen in Nordrhein-Westfalen starben mehrere AfD-Kandidaten. Obwohl es keine Hinweise auf Fremdeinwirkung gab, raunten Spekulationen durchs Netz. Ein Video von Ex-Verfassungsschutzchef Thomas Haldenwang wurde aus dem Kontext gerissen.
Behauptung:
- Thomas Haldenwang habe von einer erhöhten Gefahr für Oppositionelle durch stärkere Beobachtungen bis hin zur Tötung gesprochen.
Bewertung: Fehlender Kontext.
- Das Zitat ist alt und steht nicht in Verbindung mit den Kommunalwahlen in NRW. Thomas Haldenwang sprach über die Gefahr, die von russischen Spionen ausgehe. Diese Aussage tätigte er bei der Anhörung des Parlamentarischen Kontrollgremiums am 17. Oktober 2022. Damals war Haldenwang noch Chef des Bundesamts für Verfassungsschutz. Ende 2024 ging er in den Ruhestand.
Wenige Wochen vor den Kommunalwahlen in Nordrhein-Westfalen (NRW) starben mehrere AfD-Kandidaten. Die Todesfälle sorgten online für Spekulation, doch die Polizei schloss ein Fremdverschulden in allen Fällen aus. Auch aus statistischer Sicht ist die Anzahl der Todesfälle nicht ungewöhnlich, wie Berechnungen der Zeit zeigen. Laut Landeswahlleitung gab es auch bei anderen Parteien und Wählergruppen Todesfälle. Bislang ist eine niedrige zweistellige Zahl bekannt (Stand: 2. September 2025).
Als Futter für die Spekulationen dient auch eine Aussage des Ex-Verfassungsschutzchefs Thomas Haldenwang. Nutzerinnen und Nutzer in sozialen Netzwerken verbreiten einen Videoausschnitt, in dem Haldenwang sagt: "Die Gefahr besteht auch, ich habe es vorhin schon angesprochen, dass oppositionellen Beobachtungen sehr viel stärker stattfinden wird und dass möglicherweise auch energisches Vorgehen gegen Oppositionelle bis hin zur Tötung vorstellbar erscheint." Doch die Aussage hat einen anderen Hintergrund.

Videoausschnitt von 2022: Haldenwangs Aussage entstand im Kontext des russischen Angriffskriegs
Einzelne Social-Media-Beiträge machen bereits transparent, dass der Videoausschnitt veraltet ist. Eine Google-Suche nach Haldenwangs Zitat führt zu einem YouTube-Video des Fernsehsenders Phoenix. Demnach fiel Haldenwangs Aussage in der Anhörung des Parlamentarischen Kontrollgremiums am 17. Oktober 2022 Eine solche Anhörung findet jährlich mit den Präsidentinnen und Präsidenten der Nachrichtendienste öffentlich statt. Haldenwang ging zwei Jahre später, Ende 2024, in den Ruhestand.
Aus dem Mitschnitt von Phoenix geht hervor, dass Haldenwangs Aussage eine Antwort auf die Fragen des CSU-Bundestagsabgeordneten Alexander Hoffmann ist. Hoffmanns Fragen beziehen sich auf den russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine. Unter anderem fragt er danach, was Bürgerinnen und Bürger tun können, um nicht durch Propaganda beeinflusst zu werden, und er will von Haldenwang wissen, worauf man sich einstellen müsse, da russische Akteure zunehmend konspirativ agieren würden.
Haldenwang sprach von Gefahr durch russische Spione
Darauf antwortete der Ex-Verfassungsschutzchef im Wortlaut: "[...] und noch kurz zu diesen konspirativen Geschichten, die wir zu erwarten haben: Ich glaube, davon werden die Bürgerinnen und Bürger nicht allzu viel mitbekommen. Das ist unser Job zu analysieren: Wo sind jetzt mehr Agenten auf der Strasse? Wo werden Anbahnungsversuche unternommen? Wo findet klassische Spionage statt? Und damit werden wir uns dann intensiv auseinanderzusetzen haben. Eine Gefahr besteht auch – ich habe es vorhin schon angesprochen –, dass Oppositionellen-Beobachtung sehr viel stärker stattfinden wird und dass möglicherweise auch energisches Vorgehen gegen Oppositionelle bis hin zur Tötung vorstellbar erscheint."
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Haldenwangs Aussage bezog sich also nicht, wie online suggeriert, auf die Todesfälle der AfD-Kandidaten vor den Kommunalwahlen in NRW 2025, sondern auf die Gefahr, dass russische Spione energischer gegen Oppositionelle vorgehen könnten und eventuell nicht davor zurückschrecken würden, zu töten.
Verwendete Quellen
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