Bei der Stichwahl in Rumänien liegt der pro-europäische Kandidat Nicușor Dan vor dem ultrarechten George Simion. Die Wahl wurde nötig, nachdem der ursprüngliche Sieger wegen Wahleinmischung ausgeschlossen worden war.
Rumänien hat sich am Sonntag für Europa entschieden: Bei der Stichwahl um das Präsidentenamt lag der pro-europäische Kandidat Nicușor Dan nach Auszählung fast aller Stimmen mit 54 Prozent vor dem ultrarechten George Simion.
Der ultrarechte Simion, der als Favorit in die Stichwahl der wiederholten Präsidentenwahl gegangen war, erhielt rund 46 Prozent der Stimmen. Die Wahlbeteiligung war bei der Stichwahl mit 65 Prozent höher als in der ersten Runde vor zwei Wochen, als sie 53 Prozent betragen hatte.
Der rumänische Politologe Sergiu Miscoiu bezeichnete die hohe Beteiligung als "fast beispiellos und geprägt von einem Aufschwung der Demokratiebefürworter". "Noch nie ist eine Wahl so entscheidend gewesen, mit so offensichtlichen geopolitischen Auswirkungen", sagte er der Nachrichtenagentur AFP.
Simion gestand Niederlage ein
Der unterlegene Rechtspopulist Simion gestand erst nach langem Zögern ein, die Wahl verloren zu haben. Er gratulierte Dan in einer Videobotschaft bei Facebook und sprach dabei von seiner "bitteren Niederlage".
Weit vor dem Ende der Auszählung hatte er sich noch zum Sieger erklärt. "Wir sind die klaren Gewinner dieser Wahl. Wir beanspruchen diesen Sieg im Namen des rumänischen Volkes", sagte Simion vor laufenden TV-Kameras vor seinen Anhängern in Bukarest. Vor den Wahlen hatte Simion den Behörden Versuche des Wahlbetrugs unterstellt, ohne Beweise vorzulegen.
Wahl ist für Rumänien von grosser Bedeutung
Der Ausgang der Wahl ist für die Zukunft des an die Ukraine grenzenden EU- und Nato-Mitglieds Rumänien und die Beziehungen innerhalb Europas von grosser Bedeutung. Der rumänische Präsident hat die Befugnis, wichtige Posten zu besetzen und an den Gipfeltreffen der EU und der Nato teilzunehmen.
Rumänien steckt seit Monaten in einer politischen Krise. Im November hatte der zuvor weitgehend unbekannte Rechtsradikale Calin Georgescu überraschend die erste Runde der Präsidentenwahl gewonnen. Das Verfassungsgericht erklärte den Urnengang jedoch wegen des Verdachts der Wahleinmischung durch Russland für ungültig, Georgescu wurde von der Wiederholungswahl ausgeschlossen. An seiner Stelle trat Simion als Kandidat des rechten Lagers an.
Simion wollte Georgescu zum Regierungschef ernennen
Simion bekräftigte am Wahlabend, dass er den rechtsextremen Kremlfreund Georgescu zum Ministerpräsidenten nominieren wolle. Georgescu war im November 2024 bei der später annullierten Präsidentenwahl auf Platz eins gekommen. Das Verfassungsgericht hatte diese Wahl wegen regelwidriger Wahlkampfmethoden und intransparenter Finanzierung annulliert und seine erneute Kandidatur verboten. Simion berief sich in seinem Wahlkampf auf seine guten Beziehungen zum nach wie vor in Rumänien beliebten Georgescu.
Vorwürfe der Wahlbeeinflussung
Das Aussenministerium deckte eigenen Angaben zufolge auch bei der Stichwahl wieder eine Desinformationskampagne auf, die "Hinweise auf Einmischung durch Russland" aufweise. "Während der laufenden Wahl in Rumänien sehen wir erneut typische Merkmale russischer Einmischung", erklärte der Sprecher des rumänischen Aussenministeriums in Onlinedienst X vor Schliessung der Wahllokale. "Eine virale Kampagne mit Falschinformationen auf Telegram und anderen sozialen Medienplattformen zielt darauf ab, den Wahlprozess zu beeinflussen", fügte er hinzu.
Zuvor hatte der Gründer des Messengerdienstes Telegram Pavel Durov, erklärt, dass Frankreich sich in die Wahl eingemischt und Telegram gebeten hatte, "konservative Stimmen in Rumänien vor den heutigen Präsidentschaftswahlen zum Schweigen zu bringen". Das französische Aussenministerium wies die Anschuldigungen zurück und erklärte bei X, die Vorwürfe seien "Ablenkungstaktik angesichts der realen Einmischungsversuche gegen Rumänien". (afp/dpa/bearbeitet von fra/ng)