Seit über 25 Jahren begeistert der Grüffelo Kinder und Erwachsene auf der ganzen Welt. Illustrator Axel Scheffler erweckte das Wesen 1999 erstmals zum Leben und schuf damit eine Figur, die bis heute Generationen begeistert. Anlässlich des Grüffelo-Tages am 25. September haben wir mit ihm gesprochen.
Eigentlich stand für Schriftstellerin Julia Donaldson und Illustrator Axel Scheffler in den vergangenen Jahrzehnten fest, keinen weiteren Grüffelo-Band zu veröffentlichen. Nun steht nach "Der Grüffelo" und "Das Grüffelokind" die dritte Geschichte des Zauberwesens in den Startlöchern – zumindest fast, wie Axel Scheffler erzählt.
Im Interview spricht der 67-Jährige über die Entwicklung kreativer Aktivitäten bei Kindern und die Arbeit am dritten Grüffelo-Band. Zudem verrät der Illustrator, ob er mithilfe von KI arbeitet oder Aquarellpapier und Wasserfarben treu geblieben ist.
Herr Scheffler, was macht es mit Ihnen, dass der Grüffelo, den Sie 1999 für das gleichnamige Kinderbuch erstmals illustriert haben, inzwischen einen eigenen Tag hat?
Axel Scheffler: Natürlich finde ich es toll und aufregend, dass es den Grüffelo-Tag gibt. Und wer weiss, vielleicht wird aus diesem Tag irgendwann einmal ein nationaler Feiertag (lacht). Bis dahin freue ich mich für ihn, dass er so zelebriert wird.
Der diesjährige Grüffelo-Tag steht unter dem Motto "Zeichne mal den Grüffelo" – Kinder und Familien sollen gemeinsam kreativ werden und den Grüffelo malen. Spielt Malen bei den Kids von heute noch eine grosse Rolle?
Im Grossen und Ganzen habe ich den Eindruck, dass Technik-Tools, Digitales und Screens das Kreative ablösen. Insofern bin ich sehr dafür, diesen Wandel zu bekämpfen. Kinder sollen wieder kreativ werden dürfen – aus diesem Grund sollte man sie viel mehr zeichnen und auch lesen lassen. Vor allem mit Blick auf das Lesen und Vorlesen findet meiner Meinung nach ein starker Rückschritt statt. Viele Kinder wissen mit Büchern gar nichts anzufangen – das ist eine bedrohliche Entwicklung. Eine ähnliche Entwicklung gilt für kreative Aktivitäten wie Malen, Zeichnen oder Musizieren. Umso wichtiger ist es, die Kreativität von Kindern wieder zu fördern.
Scheffler gibt Einblicke in den Grüffelo-Schaffensprozess
Zusammen mit der britischen Schriftstellerin Julia Donaldson arbeiten Sie aktuell am dritten Grüffelo-Abenteuer, das im September 2026 erscheinen soll. Dürfen Sie schon verraten, auf welche Geschichte sich die Fans mehr als 20 Jahre nach dem letzten Band freuen dürfen?
Nein (lacht). Ich darf aber verraten, dass es einen wunderbaren Text zu lesen geben wird. Ausserdem darf ich verraten, dass ich fast fertig bin mit meinen Illustrationen. Ich darf ebenso verraten, dass der Titel des Buches am 6. Februar enthüllt werden wird – bis dahin müssen sich also alle noch gedulden. Was ich nicht verraten darf, ist der Inhalt des Buches.
"Das Grüffelokind" ist 2004 erschienen – waren Sie ein wenig aus der Übung, als Sie die Arbeit an dem neuen Band aufgenommen haben?
Überraschenderweise ist mir der Einstieg in das Projekt leicht gefallen. Ich hatte zunächst etwas Bedenken, aber erfreulicherweise konnte ich schnell in die Grüffelo-Welt zurückfinden und in sie eintauchen. Demnach sehen die Illustrationen aus wie aus einem Guss, sodass der dritte Band perfekt zu den beiden bereits erschienenen Büchern passen wird.
Nehmen Sie uns einmal mit in den Schaffensprozess: Wie entsteht ein Grüffelo-Buch?
In der Regel läuft es so, dass Julia Donaldson mir den Text zukommen lässt. In diesem Fall war es so, dass mich die neue Grüfello-Geschichte sehr unerwartet erreicht hat. Denn für Julia und mich stand in den letzten 25 Jahren eigentlich fest, dass es keinen Folgeband geben wird. Umso überraschter war ich, als mir der Verlag mitteilte, dass Julia eine neue Geschichte geschrieben hat. Diese Geschichte fand ich grossartig und wollte die Illustrationen natürlich selbst übernehmen.
Der Entstehungsprozess selbst findet mit jeder Menge Teamwork statt. Neben Julia und mir ist auch eine Lektorin sowie eine Designerin involviert. Nach dem Lesen der Geschichte beginne ich mit meinen Skizzen, die immer wieder im Team besprochen werden. Dabei arbeiten wir nie persönlich miteinander, sondern immer indirekt. Gefallen meine Skizzen allen Beteiligten, kann ich loslegen.
Zum jetzigen Zeitpunkt würde ich sagen, dass meine Illustrationen zu etwa 95 Prozent fertiggestellt sind. Insofern bin ich mit meiner Arbeit fast fertig und habe eine Grüffelo-Pause, ehe es dann nächstes Jahr den grossen Trubel rund um die Veröffentlichung gegen wird. Ich lebe ja in Grossbritannien: Hier ist der Grüffelo, ähnlich wie in Deutschland, ein riesiges Thema. Selbst die BBC hat darüber berichtet, dass es einen weiteren Band geben wird. Es ist schwindelerregend, sich vorzustellen, ein Buch kreiert zu haben, das Millionen von Kindern auf der ganzen Welt gelesen haben.
"Ich habe mit KI nichts zu tun."
Ist der neue Grüffelo mithilfe von KI entstanden?
Überhaupt nicht. Ich habe mit KI nichts zu tun und bin entsprechend unbeleckt von all den technologischen Entwicklungen. Ich arbeite noch genauso wie vor 30 Jahren: per Hand auf Aquarellpapier, mit Buntstiften und Wasserfarben.
Ich glaube, eben diese Arbeitsweise hat einen gewissen Appeal, weil viele Illustrationen heutzutage computergeneriert sind und häufig etwas kalt wirken. Natürlich gibt es auch wunderbare Illustratorinnen und Illustratoren, die mithilfe der digitalen Entwicklung tolle Dinge entstehen lassen. Trotzdem hat das Handgezeichnete für mich eine ganz besondere Anziehungskraft.
Sie sind demnach nicht empfänglich für die Arbeit mit KI-generierten Technologien?
Überhaupt nicht. All das geht vollkommen an mir vorbei. Ich besitze nicht einmal ein Mobiltelefon. Insofern bezeichne ich mich gerne als jemand, der gewissermassen ein Steinzeitleben führt (lacht). Dieses Leben empfinde ich als sehr angenehm – trotzdem habe ich ziemlich viel zu tun und bin mit den Menschen vor allem via E-Mail in Kontakt.
Wie blicken Sie allgemein auf den zunehmenden Einsatz von KI, wenn es um Illustrationen geht?
Empfehlungen der Redaktion
Dass viele Kunstschaffende Angst empfinden, halte ich für absolut gerechtfertigt. Es ist schwer genug, als Illustratorin oder Illustrator den Lebensunterhalt zu bestreiten, genauso wie für Autorinnen und Autoren. Wer nur einmal im Jahr ein Buch illustriert, verdient in der Regel nicht genug daran – es sei denn, dieses Buch wird ein erfolgreicher Bestseller. Insofern habe ich grosses Glück gehabt, mit Julia den Grüffelo erschaffen zu haben.
Ich mache mir aber auch Sorgen um die Qualität der Illustrationen. Viele Menschen merken womöglich gar nicht, wenn etwas KI-generiert ist, und ich fürchte, dass eben dieser Effekt noch weiter zunehmen könnte. Es ist schade, Bücher unkritisch zu betrachten und keinen Wert auf liebevolle Illustrationen zu legen. Insofern betrachte ich diese Entwicklung durchaus mit Sorge.
Über den Gesprächspartner
- Axel Scheffler ist ein deutscher Illustrator und Autor von Bilderbüchern. Mit den von ihm illustrierten Büchern "Der Grüffelo" und "Das Grüffelokind" wurde er zu einem der erfolgreichsten Bilderbuchillustratoren weltweit.