Am 23. Mai verhinderte ein Syrer, dass beim Messerangriff am Hamburger Hauptbahnhof noch mehr Menschen von der deutschen Angreiferin verletzt wurden. In das Weltbild einiger Menschen passt das so wenig, dass sie ein KI-Bild verbreiten, mit dem suggeriert wird, Medien hätten sich den syrischen "Held von Hamburg" ausgedacht.
Bei dem Messerangriff am Hauptbahnhof in Hamburg mit 18 Verletzten haben nach Polizeiangaben zwei Passanten die mutmassliche Täterin gestoppt. Einer von ihnen ist laut Medienberichten ein Tschetschene, der andere Muhammad al-Muhammad, ein 19-jähriger Syrer, der unter anderem mit dem "Spiegel" über den Moment des Angriffs sprach.
Behauptung
- Der Syrer, der laut Medienberichten am 23. Mai 2025 eine Angreiferin am Hauptbahnhof in Hamburg aufgehalten hat, sei ein KI-Fake. Zwei Bilder würden ihn in derselben Pose an verschiedenen Orten zeigen, einmal an einem Bahnsteig und einmal vor dem Brandenburger Tor in Berlin.
Bewertung
- Falsch. Den Mann gibt es, er hat mit mehreren Journalisten über den Moment am Bahnhof in Hamburg gesprochen. Das Bild, das den jungen Mann an einem Bahnsteig zeigt und in Sozialen Netzwerken verbreitet wird, ist KI-generiert – aus Medienberichten stammt es nicht. Das Foto, das ihn vor dem Brandenburger Tor zeigt, ist dagegen echt.
Online stellen manche infrage, dass es den 19-Jährigen überhaupt gibt. Einige begründen ihre Kritik damit, dass das Titelbild des "Spiegel"-Artikels in Berlin den jungen Mann vor dem Brandenburger Tor zeigt. Dem gegenüber stellen die Nutzer ein offenbar KI-generiertes Bild, auf dem er in identischer Pose und Kleidung auf einem Bahnsteig zu sehen ist.
"Ein KI-Held der zwangsfinanzierten Regierungsmedien", heisst es dazu auf Facebook. Oder: "Der syrische Held von Hamburg ist im gleichen Aufzug und gleicher Haltung gleichzeitig an mehreren Orten?" auf X.
Medien haben das KI-generierte Bild des "Helden von Hamburg" nie benutzt
Mehrere Hinweise zeigen, dass das Bild, das den jungen Mann scheinbar auf einem Bahnhof zeigt, KI-generiert ist: etwa das unlesbare Logo auf der Jacke oder die Fantasiebuchstaben, die im Hintergrund auf einem Wegweiser und auf einem Fahrplan zu erkennen sind. Auf dem Bahnhof in Hamburg gibt es zudem keine eckigen Glasüberdachungen, wie in dem Bild. Das lässt sich etwa an einem Pressefoto des Tatorts erkennen.

Eine Bilder-Rückwärtssuche mit dem Bild bei Google führt kaum zu Treffern – insbesondere finden sich nirgendwo Medienberichte, in denen es als echt verbreitet wurde. Stattdessen finden sich Beiträge auf X, in denen die Bilder direkt zusammen als Collage verbreitet wurden. Einer der ersten Accounts, die das Bild verbreitet haben, existiert inzwischen nicht mehr.
Tipps zum Erkennen eines manipulierten oder mit einer KI erstellten Bildes
- Wenn Sie unsicher sind, ob ein Ereignis so stattgefunden hat, wie es auf einem Bild zu sehen ist: Suchen Sie mit Stichworten nach potenziellen Medienberichten zu dem Ereignis.
- Achten Sie, wie oben beschrieben, auf Ungereimtheiten und seltsame Details in dem Bild.
- Suchen Sie, wenn möglich, nach der ursprünglichen Quelle für das Bild. Helfen kann dabei eine Bilderrückwärtssuche. Wie die funktioniert, können Sie hier nachlesen.
Foto aus Berlin ist laut "Spiegel"-Angaben sechs Wochen alt
In Medienberichten finden sich andere Fotos, die von Journalistinnen und Journalisten verifiziert wurden. Ein Video beim "Hamburg Journal" des NDR zeigt den 19-Jährigen am Bahnhof in Hamburg. Auch Journalisten der "Bild"-Zeitung trafen den Mann dort. Das "Hamburger Abendblatt" veröffentlichte ein Foto aus Hamburg, das Muhammed al-Muhammed an den Gleisen am Bahnhof zeigt.
Auf dem Foto im "Spiegel" ist der Syrer vor dem Brandenburger Tor in Berlin zu sehen. In der Bildunterschrift ist als Vermerk zur Herkunft des Fotos beim Spiegel "privat" angegeben. CORRECTIV.Faktencheck hat deshalb bei dem Magazin nachgefragt, woher das Foto stammt und wann es aufgenommen wurde. Von der Pressestelle heisst es, dass es von Muhammad al-Muhammad persönlich zur Verfügung gestellt wurde. Seiner Angabe nach entstand es am 15. April 2025 beim Besuch eines Freundes in Berlin.
Laut "Spiegel" benutzte er das Foto auch als Profilbild bei Whatsapp. "Mehrere 'Spiegel'-Reporter haben mit al-Muhammad gesprochen – zu verschiedenen Zeitpunkten, per Telefon und auch per Videotelefonat", schreibt die Pressestelle weiter. Einer der Reporter habe den 19-Jährigen auch vor Ort am Hamburger Hauptbahnhof gesehen und später auf dem Foto wiedererkannt.
Im Fall von Hamburg kursieren im Netz nicht nur Falschbehauptungen über den "Helden von Hamburg". So wurde der Tatverdächtigen in Sozialen Netzwerken unterstellt, sie sei Palästinenserin, obwohl die Frau in Niedersachsen geboren wurde.
Verwendete Quellen
- ndr.de: Messerattacke am Hauptbahnhof Hamburg: Verdächtige war polizeibekannt
- ndr.de: "Wollte beschützen": Syrer stoppt Angreiferin am Hamburger Hauptbahnhof
- spiegel.de: "Ich habe mich entschieden, die Frau zu stoppen" (Bezahlinhalt)
- spiegel.de: Grosseinsatz am Hauptbahnhof
- Hamburger Abendblatt: Nach Messerattacke: Nur noch 2 Verletzte befinden sich in Klinik (Bezahlinhalt)
- bild.de: Muhammad (19) stoppte die Messer-Angreiferin
- correctiv.org: Messerangriff in Hamburg: Verdächtige in Niedersachsen geboren
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