Bei seinem Antrittsbesuch in Washington wird der Bundeskanzler in einem Interview mit Fox News auf verschiedenste Themen angesprochen. Während er sich bei der AfD eine Einmischung verbittet, verwendet er bei einer Frage zu Antisemitismus in Deutschland eine umstrittene Formulierung.
Nach seinem Antrittsbesuch bei US-Präsident
In seinem Gespräch mit Trump und anderen Regierungsmitgliedern sei dies aber kein Thema gewesen, sagte Merz weiter. "Das liegt nun hinter uns", unterstrich er. In den vergangenen Monaten hatten Äusserungen unter anderem von US-Vizepräsident JD Vance über eine angebliche Benachteiligung der AfD in Berlin für Irritationen gesorgt.
Merz: Wir haben "eine Art importierten Antisemitismus"
Die Fox-News-Moderatorin fragte Merz zudem zu der massiv gestiegenen Zahl antisemitischer Vorfälle in Deutschland. Der Kanzler sagte dazu: "Wir haben eine Art importierten Antisemitismus mit dieser grossen Anzahl von Migranten, die wir in den letzten zehn Jahren haben." Seine Regierung tue alles, um die Zahlen zu senken.
Die Formulierung "importierter Antisemitismus" war vor einigen Monaten Thema bei der institutionell unabhängigen und ehrenamtlichen Aktion "Unwort des Jahres". Die Publizistin und Politologin Saba-Nur Cheema sowie Meron Mendel, Publizist, Historiker, Pädagoge und Direktor der Bildungsstätte Anne Frank, waren diesmal Teil der Jury - und kürten "importierten Antisemitismus" zu ihrem persönlichen Unwort des Jahres 2024.
Der Ausdruck suggeriere, dass Judenhass vor allem mit dem Zuzug von Migrantinnen und Migranten zum Problem geworden sei, hiess es zur Begründung. Der Begriff werde vor allem in rechten Kreisen verwendet, um Musliminnen und Muslime sowie Menschen mit Migrationsbiographie auszugrenzen "und vom eigenen Antisemitismus abzulenken", so die Jury.
Antisemitische Vorfälle nahmen in Deutschland 2024 stark zu
Im jüngst veröffentlichten Jahresbericht des Bundesverbands der Recherche- und Informationsstellen Antisemitismus (Rias) wurden für das vergangene Jahr 8.627 antisemitische Vorfälle erfasst, 77 Prozent mehr als für 2023.
Demnach wurden 5.857 Fälle als "israelbezogener Antisemitismus" eingestuft, mehr als doppelt so viele wie im Vorjahr. Darunter versteht Rias unter anderem, wenn Juden in Deutschland für Handlungen der israelischen Regierung in Haftung genommen werden, wenn der Staat Israel dämonisiert und sein Existenzrecht bestritten wird. Bei 544 Vorfällen wurde ein rechtsextremer Hintergrund registriert - die höchste Zahl seit Beginn des bundesweiten Vergleichs 2020.
Zum russischen Angriffskrieg in der Ukraine sagte Merz, es sei "extrem kompliziert", die Russen an den Verhandlungstisch zu bringen. Deshalb habe er Trump gebeten, Druck auf Moskau zu machen. Die Aussage Trumps, der Krieg hätte mit ihm als Präsident im Februar 2022 nie begonnen, bezeichnete Merz als "Spekulation". Es habe wenig Sinn, über solche Theorien zu sprechen. (afp/dpa/bearbeitet von mbo)