• Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde das Gebiet auf der koreanischen Halbinsel in eine sowjetische und eine US-Besatzungszone geteilt, die 1948 zu Nord- und Südkorea wurden.
  • Bis heute dürfen die Bewohner der beiden Länder nicht direkt miteinander kommunizieren.
  • Vor ziemlich genau 20 Jahren gab es Pläne für eine grosse Annäherung: Menschen aus Südkorea durften Nordkoreanern Briefe schreiben. Was ist daraus geworden?

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Es gab eine Zeit, da herrschte "Sonnenscheinpolitik" zwischen Nord- und Südkorea. Südkoreas Präsident Kim Dae-jung hatte sie um die Jahrtausendwende auf den Weg gebracht, um die durch den Korea-Krieg (1950-1953) tief entzweiten Staaten einander näherzubringen.

Man wollte wieder ins Gespräch kommen - und zwar nicht nur die Politik, sondern auch die Bevölkerung. 300 Briefe sollten dafür im März 2001 von Süd- nach Nordkorea geschickt werden. Es war das erste Mal seit 50 Jahren, dass Nord- und Südkoreaner Kontakt zueinander aufnehmen durften.

Familientreffen zwischen Nord- und Südkorea wurden ermöglicht

Die "Sonnenscheinpolitik" brachte kulturellen Austausch und eine weitere Form der Annäherung: Familientreffen zwischen engen Verwandten in Nord- und Südkorea, die im Krieg den Kontakt zueinander verloren hatten und ihn wegen der Trennung nicht wieder aufnehmen konnten. 21 solcher Treffen hat es bislang gegeben, das erste 2001, rund 50 Jahre nach dem Krieg.

Unter den Millionen Menschen, die Verwandte im jeweils anderen Teil der koreanischen Halbinsel haben, wurden für jedes Treffen einige Dutzend Familien ausgesucht. Das Rote Kreuz engagierte sich dafür, Kontakt herzustellen, Adressen aufzutreiben und herauszufinden, wer von den Söhnen, Ehemännern, Schwestern überhaupt noch lebt.

Die Treffen selbst fanden im äussersten Südosten Nordkoreas statt, im Kumgang-Gebirge, einem landschaftlichen Kleinod, das sogar einige Zeit lang ein beliebtes Touristengebiet auch für Südkoreaner war - streng abgeschottet von der nordkoreanischen Bevölkerung. Wie streng, zeigte ein tragischer Vorfall im Jahr 2008: Als eine südkoreanische Touristin ihr Resort verliess, wurde sie von nordkoreanischen Soldaten erschossen.

Mit 91 Jahren trifft Frau Lee ihren 71 Jahre alten Sohn zum ersten Mal wieder

Der Sender Arte hat vor drei Jahren die 91-jährige Lee Geunsum aus Seoul zu einem solchen Treffen begleitet. Sie traf ihren mittlerweile 71 Jahre alten Sohn, der in Nordkorea lebt. Die beiden waren im Krieg getrennt worden, als Lee Geunsum auf der Flucht vor den Kämpfen kurz ihre Tochter stillen musste.

Sie sagte ihrem Mann, dass er mit dem Sohn weitergehen könne und sah beide nie wieder. Es war ein tränenreiches, freudiges, aber auch ein schmerzliches Treffen für Lee Geunsum und ihren Sohn. Nach einigen Stunden mussten beide wieder nach Hause fahren.
Seit 2018 hat es keine Familientreffen mehr gegeben. Andere private Kontakte zwischen den Bewohnern der beiden Länder sind verboten - und zwar von den Regierungen beider Länder.

Bis heute ist es den Menschen in Nord- und Südkorea nicht möglich, auf gängigen Wegen, über Post, Fax, Telefon oder gar Internet direkt miteinander in Kontakt zu treten. Das liegt in erster Linie am mangelnden Öffnungswillen Nordkoreas. Aber auch in Südkorea sind nicht alle Parteien gleich offen für einen Dialog mit Nordkorea.

Die sozialliberale Regierung, die derzeit an der Macht ist, setzt sich für mehr Kontakte ein - allerdings hat sich Nordkorea in der Corona-Pandemie quasi seit einem Jahr vollkommen abgeschottet.

Konflikt zwischen Süd- und Nordkorea: Durch die kontaktlose Zeit entstehen merkwürdige Bilder vom jeweils anderen

Das führt auch dazu, dass andere Versöhnungsprojekte nicht vorankommen. Nach wie vor warten zum Beispiel mehr als 23.000 Videobotschaften, die Südkoreaner für Verwandte in Nordkorea in den vergangenen 15 Jahren aufgenommen haben, darauf verschickt zu werden. 2007 wurden von der südkoreanischen Regierung gar Konferenzräume in Süd- und auch in Nordkorea eingerichtet, in denen virtuelle Treffen stattfinden sollten.

Sie sind bis heute ungenutzt. Auch die Briefe von damals kamen im Übrigen nie an. Zumindest kamen keine Antworten zurück.
Die gegenseitige Abschottung damals wie heute begünstigt auch, dass die Regierungen ihren Bürgern zu einem gewissen Teil vorgeben können, was sie von den jeweils anderen zu halten haben. Vom nordkoreanischen Regime wird Südkorea als Knecht der USA beschrieben.

"Umgekehrt habe ich Ende der 90er Jahre in Südkorea noch Grundschulbücher gesehen, in denen Nordkoreaner als kleine Männchen mit roten Hörnern zu sehen waren", erzählt Uwe Schmelter, der als Regionalleiter der Goethe-Institute in Ostasien über viele Jahre engen Kontakt mit Süd- und Nordkorea pflegte und das als Präsident der Deutsch-Koreanischen Gesellschaft heute noch tut.

Nord- und Südkoreaner verstehen sich besser als gedacht

Die Bilder mit den Teufelshörnern sind seit Langem aus den Schulbüchern verschwunden, dafür gibt es andere Stereotype, etwa die der Nordkoreaner als gehirngewaschene Roboter. Dazu trägt laut Schmelter auch die Medienberichterstattung bei - wobei es zumindest in Südkorea seit Anfang letzten Jahres Journalisten gibt, die sich um ein korrekteres und rein faktenorientiertes Bild Nordkoreas bemühen.

Man dürfe auch nicht vergessen, dass Südkorea eine ehemalige Militärdiktatur sei und als Demokratie noch relativ jung. "Die Farbe der Propaganda in beiden Ländern ist eine jeweils andere, aber ihre Mittel sind teilweise immer noch vergleichbar."
Manche Nord- und Südkoreaner könnten sich zum Beispiel bis heute nicht vorstellen, dass sie überhaupt noch eine gemeinsame Sprache sprechen, sagt Schmelter.

Die Überraschung, dass dies nicht zutrifft und man sich nicht nur sprachlich, sondern auch in einem übertragenen Sinn problemlos "versteht", hat Schmelter selbst häufig erlebt, wenn er Nord- und Südkoreaner bei Kulturveranstaltungen zusammenbrachte oder mit Südkoreanern von Seoul nach Nordkorea reiste. Mehr noch als an die Überraschung erinnert sich Schmelter aber an die beiderseitige Freude über diese Zusammenkünfte.

Das System sind nicht die Menschen, sagt die ehemalige Botschafterin

Solche Erinnerungen hat auch Doris Hertrampf. Sie arbeitete von 1986 bis 1988 als Diplomatin an der deutschen Botschaft Seoul, der Hauptstadt Südkoreas, und war später von 2002 bis 2005 deutsche Botschafterin in Pjöngjang, der Hauptstadt Nordkoreas. "Ich habe beide Länder lieben gelernt, die Menschen, die Kultur, das Essen, die Landschaft", sagt Hertrampf.

Sie schätze den Humor der Koreaner und speziell bei den Menschen in Nordkorea die Fähigkeit, aus widrigen Umständen etwas Gutes zu machen. Zwar habe die Führerverehrung tatsächlich quasi-religiöse Züge. "Aber die Menschen sind in diesem System gross geworden und ich finde, man kann sie nicht dafür verurteilen, dass sie zusehen, dass es für sie irgendwie weitergeht", sagt Hertrampf.

Wenig Dynamik in den innerkoreanischen Beziehungen

Wie es politisch für die beiden Länder weitergeht, ist derzeit unklar. "Die innerkoreanischen Beziehungen sind grundsätzlich von einer eher geringen, dyadischen Entwicklungsdynamik geprägt", sagt der Politikwissenschaftler und Nordkorea-Experte Eric J. Ballbach. Das heisst, dass die unmittelbare Dynamik in den Beziehungen zwischen den beiden Koreas eher schwach ausgestaltet ist.

Das wiederum liegt, wie Ballbach sagt, insbesondere seitens Südkoreas nicht an mangelndem politischen Willen, sondern an der Abhängigkeit der innerkoreanischen Beziehungen von den Beziehungen zwischen Nordkorea und den USA.
Für Nordkorea ist quasi jede Öffnung, jeder unkontrollierte Informationsfluss eine Gefahr, weil das die Stabilität des Regimes in Gefahr bringen könnten. In Südkorea ändert sich mit jedem Regierungswechsel die Haltung zu Nordkorea. Vor allem die konservativen Kräfte im Land vermeiden lieber einen Dialog mit Nordkorea, um es nicht zu legitimieren.

Das Interesse aneinander ist gross

Das Interesse der Menschen aneinander ist trotz der Abschottung in Nord- wie in Südkorea nach wie vor vorhanden. Vor allem das Interesse der Nordkoreaner an den Lebensverhältnissen in Südkorea sei gross, sagt Doris Hertrampf. In der Hauptstadt Pjöngjang sind die Parallelen sogar recht deutlich zu sehen, wie der Film "Have Fun in Pjöngjang" des französischen Regisseurs Pierre-Olivier François zeigt: die moderne Architektur Pjöngjangs, zahlreiche Wasserparks und andere Freizeitmöglichkeiten, der allgegenwärtige Konsum in der Hauptstadt.

In eine Sportschuhfabrik liess die nordkoreanische Staatsführung sogar einmal 142 Paar ausländische Sportschuhe bringen, als Muster, wie François' Film zeigt. Die Betreiberin eines Fischrestaurants an einem beliebten Strand in Nordkorea wagt an einer Stelle gar eine kühne Prognose: "Ich freue mich, wenn irgendwann ganz viele Franzosen ins Land kommen."

Umgekehrt interessierten sich auch die Südkoreaner sehr dafür, wie die Menschen in Nordkorea leben. "Mich fragen nach meinen Reisen nach Nordkorea immer wieder Kollegen in Südkorea: Und? Wie sind sie so?", sagt Eun-Jeung Lee, die in Südkorea geboren und aufgewachsen ist und seit vielen Jahren in Deutschland lebt.

Die Leiterin des Instituts für Koreastudien der Freien Universität (FU) Berlin hat es geschafft, dass Studenten der Universität Pjöngjang für drei Wochen nach Berlin reisen durften.Eun-Jeung Lee war seit 2015 drei Mal in Nordkorea und kann auf die Frage, wie die Koreaner so seien, nur antworten: "Sie sind Koreaner. Sie sind keine gehirngewaschenen Roboter. Sie sind ganz normale Menschen, die einfach gut leben wollen."

Verwendete Quellen:

  • Film: "Have Fun in Pjöngjang" von Pierre-Olivier François
  • Gespräch mit Doris Hertrampf, Botschafterin a.D., unter anderem in Pjöngjang
  • Gespräch mit Dr. Uwe Schmelter, Präsident der Deutsch-Koreanischen Gesellschaft und ehemaliger Regionalleiter der Goethe-Institute in Ostasien
  • Gespräch mit Professorin Eun-Jeung Lee, Leiterin des Institus für Koreastudien an der Freien Universität (FU) Berlin
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