Der Bundeskanzler lobt den "Mut Israels" beim Vorgehen gegen den Iran. Die Äusserungen sorgen in der Heimat für Wirbel – auch in den Reihen des Koalitionspartners SPD.
Bundeskanzler
Merz hatte in einem ZDF-Interview mit Blick auf Israels Krieg gegen den Iran das Wort "Drecksarbeit" benutzt und gesagt: "Ich kann nur sagen, grössten Respekt davor, dass die israelische Armee den Mut dazu gehabt hat, die israelische Staatsführung den Mut dazu gehabt hat, das zu machen."
Kritik vom Koalitionspartner an Merz
"Mehr als befremdlich" nannte etwa der SPD-Aussenpolitiker
Für einen Vertreter Deutschlands sei jedwede öffentlich geäusserte Erleichterung völlig unangebracht. "Das gilt erst recht, wenn man die fraglos erheblichen Eskalationsgefahren mit einbezieht", sagte der Sozialdemokrat.
Die Lage im Nahen Osten sei "hochsensibel und brandgefährlich", betonte gegenüber dem Portal t-online SPD-Fraktionsvize Siemtje Möller. "Gerade in einer solchen Situation braucht es von allen politisch Verantwortlichen diplomatisches Fingerspitzengefühl in der öffentlichen Kommunikation." Möller forderte alle politisch Verantwortlichen auf, zur Deeskalation beizutragen.
Die SPD-Aussenpolitikerin Derya Türk-Nachbaur rügte Merz ebenfalls. "'Drecksarbeit' ist kein Begriff, den ich in diesem Zusammenhang nennen möchte", sagte sie t-online. "Sowohl im Iran als auch in Israel sterben Zivilisten. Frauen, Kinder, junge und alte Menschen, die diesen Krieg nicht verantworten."
Hofreiter stösst sich an der Wortwahl
Die Berichterstatterin der Grünen-Fraktion für den Nahen Osten und Iran, Luise Amtsberg, kritisierte sowohl die Wortwahl als auch den Inhalt seiner Aussage. Sie sagte: "Statt zynischer und ignoranter Kommentierungen durch den Bundeskanzler erwarte ich von der Bundesregierung, dass sie in dieser angespannten Lage alles unternimmt, um zu deeskalieren."
Der Grünen-Politiker
Deshalb solle man Worte vorsichtig wählen, meinte Hofreiter. "Aber natürlich wäre es wünschenswert für ganz viele Menschen auf dieser Welt und insbesondere auch für die Menschen im Iran und in Israel, wenn das Mullah-Regime fallen würde."
Pellmann: "Ein Skandal"
Linken-Bundestagsfraktionschef Sören Pellmann kritisierte: "Dass Kanzler Merz jetzt das Völkerrecht über Bord wirft und in die verheerende Logik eines "Rechts des Stärkeren" einstimmt, ist ein Skandal und beschädigt Deutschlands Ansehen bei den Vereinten Nationen und darüber hinaus massiv."
Merz' Äusserungen seien eine Absage an rechtsstaatliche und internationale Normen. "Den meisten von uns dürfte noch nicht klar sein, wo das enden kann", sagte Pellmann der Deutschen Presse-Agentur (dpa).
BSW-Chefin Sahra Wagenknecht sprach von einer Entgleisung sondergleichen. Merz "legitimiert in unverfrorener Weise einen völkerrechtswidrigen Angriffskrieg, dem bereits Hunderte Zivilisten im Iran zum Opfer gefallen sind", sagte Wagenknecht. Das sei ein Bruch mit der Tradition der aussenpolitischen Mässigung.
Merz habe offenbar kein Problem mit einem Kriegseintritt der USA. "Dass jetzt ein Flächenbrand im Nahen Osten droht, ist dem Kanzler keine Silbe wert", sagte Wagenknecht. "Mehr Doppelmoral geht nicht."
Regierungssprecher: Merz bereit zu diplomatischen Initiativen
Auf die Kritik an der Äusserung von Merz angesprochen, erklärte ein Regierungssprecher am Mittwoch, der Kanzler habe immer wieder betont, dass das iranische Atomprogramm nicht nur eine Gefahr für Israel, sondern für die gesamte Region oder gar die gesamte Welt sei.
Gleichzeitig habe Merz deutlich gemacht, dass Deutschland bereit sei, wieder diplomatischen Möglichkeiten zur Beilegung des Konflikts zu prüfen und sich an derartigen Initiativen zu beteiligen.
Israel hatte am Freitag einen Grossangriff auf den Iran gestartet, Atomanlagen und militärische Einrichtungen des Landes bombardiert und zahlreiche führende Kommandeure des iranischen Militärs getötet. Der Iran reagierte mit Drohnen- und Raketenangriffen auf die Städte in Israel.
Sein militärisches Vorgehen begründet Israel mit dem weit fortgeschrittenen iranischen Atomprogramm. Der Iran bestreitet, dass er sich atomar bewaffnen wolle. (dpa/bearbeitet von thp/skr)