Polens Regierungschef Donald Tusk kündigt ein konsequentes Vorgehen gegen Verletzungen des Luftraums an – bis hin zum Abschuss von Flugobjekten. Hintergrund sind russische Provokationen mit Kampfjets und Drohnen.
Polen wird nach Angaben von Regierungschef Donald Tusk resolut auf Verletzungen seines Luftraums reagieren. Die Regierung sei bereit, die Entscheidung zu treffen, Flugobjekte abzuschiessen, die in polnisches Territorium eindringen und eine Bedrohung darstellen könnten, sagte Tusk polnischen Medienberichten zufolge auf einer Pressekonferenz in Sierakowice. Darüber gebe es keine Diskussion, fügte er hinzu.
Anders verhalte sich die Lage in weniger eindeutigen Situationen. Dann müsse man vorsichtiger vorgehen und zweimal überlegen, bevor man eine Entscheidung treffe, die zu einer ernsthaften Eskalation des Konflikts führen könnte, sagte Tusk. Der polnische Ministerpräsident verwies auf den Vorfall am Freitag, bei dem sich zwei russische Kampfjets im Tiefflug einer polnischen Bohrinsel in der Ostsee näherten, ohne die polnische Staatsgrenze zu verletzen.
Tusk betonte zudem die Rolle der Verbündeten. Polen müsse sicher sein, dass diese den Vorfall genauso behandeln und Warschau im Falle einer Eskalation des Konflikts nicht allein dastehen würde.
Wadephul ruft Weltgemeinschaft zu mehr Druck auf Moskau auf
Johann Wadephul ruft die Weltgemeinschaft angesichts der Russland zugeschriebenen Luftraumverletzungen in Estland und weiterer Provokationen auf, den Druck auf Moskau zu erhöhen. "Mit seinem rücksichtslosen Verhalten gefährdet Russland die regionale Sicherheit und den Weltfrieden", sagte der CDU-Politiker in New York in einer Dringlichkeitssitzung des UN-Sicherheitsrats zur Verletzung estnischen Luftraums. Es sei die gemeinsame Verantwortung der UN-Mitgliedstaaten, jene zur Rechenschaft zu ziehen, die Frieden und Sicherheit gefährdeten.
Russland habe die territoriale Integrität Estlands verletzt und damit ein grundlegendes Prinzip der UN-Charta gebrochen, sagte Wadephul, der von einem schweren Verstoss gegen das Völkerrecht sprach. Die rücksichtslosen Provokationen Moskaus beträfen nicht nur die unmittelbaren Nachbarn Russlands. "Dies ist ein Problem für uns alle, die wir uns hier für die UN-Charta und ihre Prinzipien einsetzen", ergänzte er. Dringend nötig sei ein bedingungsloser Waffenstillstand, um das Blutvergiessen zu stoppen und Vertrauen für ernsthafte Verhandlungen aufzubauen.
Es war der erste Auftritt von Wadephul als Minister bei den Vereinten Nationen. Von diesem Dienstag an wird er Deutschland bei der UN-Vollversammlung vertreten. Kanzler Friedrich Merz (CDU) hat wegen der Haushaltswoche im Bundestag und anderer Termine in Deutschland entschieden, nicht nach New York zu reisen.
Vereinte Nationen sehen Sicherheit in Europa bedroht
Die Vereinten Nationen sehen Russland zugeschriebene Verletzungen des Nato-Luftraums als Bedrohung für die Sicherheit in Europa. "Diese Serie von Vorfällen hat die ohnehin schon hohen Spannungen, die die europäische Sicherheit gefährden, noch einmal verschärft. Der Krieg in der Ukraine wütet weiter. Verletzungen des Luftraums souveräner Staaten sind inakzeptabel", sagte der zuständige UN-Diplomat Miroslav Jenca bei einer Sondersitzung des UN-Sicherheitsrats in New York und nannte Vorfälle in Estland, Polen und Rumänien. Es brauche eine unverzügliche Deeskalation der Situation.
Die USA haben bei der Sitzung ihre Unterstützung für Europa betont. "Ich möchte diese Gelegenheit nutzen, um zu wiederholen und zu betonen, dass die Vereinigten Staaten und ihre Verbündeten jeden Zentimeter des Nato-Territoriums verteidigen werden", sagte der neue US-Botschafter Michael Waltz in New York. Man erwarte von Russland, dass es nach Wegen zur Deeskalation suche und nicht eine Ausweitung des Konflikts riskiere, sagte Waltz weiter. Zudem müsse Russland direkt mit der Ukraine über ein Ende des Krieges verhandeln, forderte er.
Der UN-Sicherheitsrat kam auf Bitten Estlands zusammen. Das mächtigste UN-Gremium, dessen Resolutionen völkerrechtlich verbindlich sind und vor internationalen Gerichten bei Missachtung theoretisch eingeklagt werden können, kommt immer wieder für Sitzungen zu den grossen Konflikten der Welt zusammen. Beim Krieg in der Ukraine ist der 15-köpfige Rat aber blockiert, weil Russland als ständiges Mitglied ein Vetorecht besitzt.
Empfehlungen der Redaktion
Russische Jets über Estland und Drohnen in Polen
Luftraumverletzungen durch Russland sorgten zuletzt für Unruhe unter den Nato-Verbündeten in Europa, immer wieder ist die Rede von Provokationen. So waren nach Angaben Estlands am Freitag drei russische Kampfjets etwa zwölf Minuten lang in den Luftraum eingedrungen. Russland bestritt diese Darstellung.
Bei einem russischen Luftangriff auf die Ukraine waren in der Nacht auf den 10. September eine grosse Zahl von Drohnen in den Luftraum Polens und damit der Nato geflogen. Die polnische Luftwaffe und andere Nato-Verbündete schossen erstmals einige der Flugkörper ab. Bislang wurden nach Angaben von Tusk in mehreren polnischen Gebieten im Osten und im Zentrum des Landes die Fragmente von 18 Drohnen gefunden. Keine davon sei bislang als bewaffnet oder gefährlich eingestuft worden. Die Suche nach Trümmern und deren Untersuchung sei aber noch nicht abgeschossenen, sagte der Regierungschef. (dpa/bearbeitet von skr)