Vergangene Woche war bekannt geworden, dass der Inlandsgeheimdienst die AfD als gesichert rechtsextremistisch einstuft. Auf diese Formulierung will der Verfassungsschutz nun vorerst verzichten, bis das Gericht in Köln geurteilt hat.
Das Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV) bezeichnet die AfD bis zu einer Gerichtsentscheidung über ein Eilverfahren nicht mehr öffentlich als gesichert rechtsextremistische Bestrebung. Der Inlandsgeheimdienst gab im Rechtsstreit mit der AfD eine sogenannte Stillhaltezusage ab.
Eine Sprecherin des zuständigen Verwaltungsgerichts Köln bestätigte den Eingang eines entsprechenden Schreibens der Behörde. Das Bundesamt wollte sich "mit Blick auf das laufende Verfahren und aus Respekt vor dem Gericht" in dieser Angelegenheit nicht öffentlich äussern. Wann die Entscheidung im Eilverfahren getroffen wird, ist bisher unklar. Die AfD hatte gegen die neue Einstufung durch das BfV geklagt.
Klage auch bei früherer Einstufung
Es ist nicht das erste Mal, dass der Verfassungsschutz eine solche Zusage macht. Er hatte dies etwa auch im Januar 2021 getan, nachdem die AfD gegen ihre damalige Einstufung als "Verdachtsfall" geklagt hatte. Die damalige Klage blieb für die Partei in zwei Instanzen erfolglos. Das Urteil des Oberverwaltungsgerichts Münster ist aber noch nicht rechtskräftig. Die Stillhaltezusage bedeutet jedoch nicht, dass die Verfassungsschützer ihre Einstufung zurücknehmen.
Die abgegebene Zusage bezieht sich nicht nur auf öffentliche Äusserungen, sondern bedeutet auch, dass der Verfassungsschutz die AfD bis zu einem Urteil nicht als gesichert extremistische Bestrebung beobachten kann. Die Beobachtung als Verdachtsfall - hier liegt die Hürde für den Einsatz von nachrichtendienstlichen Mitteln höher - darf jedoch fortgesetzt werden.
AfD-Chefin Alice Weidel bezeichnete den Schritt als einen ersten Erfolg für die AfD und die Demokratie. "Wir werden auch weiter gegen die ungerechtfertigte Diffamierung der AfD vorgehen und sind überzeugt, dass wir damit erfolgreich sein werden", sagte sie der Deutschen Presse-Agentur.
Mehrjährige Prüfung des Verfassungsschutzes
Der Verfassungsschutz hatte die neue Einstufung am 2. Mai nach mehrjähriger Prüfung bekanntgegeben. Der Zeitpunkt, wenige Tage bevor die Amtszeit von
Begründet hatte der Verfassungsschutz seine neue Bewertung vor allem mit einem in der Partei vorherrschenden ethnisch-abstammungsmässigen Volksbegriff. Kritisch sieht er etwa Aussagen von AfD-Funktionären wie "Jeder Fremde mehr in diesem Land ist einer zu viel".
Einstufung befeuert Debatte um AfD-Verbot
Die Einstufung hatte die Debatte um ein AfD-Verbot neu entfacht. Am Donnerstag forderte auch Alt-Bundespräsident Wulff, die Prüfung eines solchen Verbots: "Also wir müssen das sehr genau prüfen. Ich bin, wenn das alles positiv ausgeht, für einen Verbotsantrag, für ein Verbot, für eine Bekämpfung der AfD zu Wasser, zu Land und zu Luft", sagte Wulff.
Auch Grünen-Fraktionschefin Britta Hasselmann sprach sich im Gespräch mit unserer Redaktion für ein Verbotsverfahren aus: "Die Hochstufung hat den Handlungsdruck auf die drei Verfassungsorgane erheblich gesteigert. Bundestag, Bundesrat und Bundesregierung sind jetzt gefordert, ein Verbotsverfahren zu prüfen und einzuleiten", sagte Hasselmann am Mittwoch.
Vertreter der neuen Bundesregierung äusserten sich bislang vorsichtiger, schlossen aber ein Verbot nicht aus. Kanzler Friedrich Merz will zunächst die Auswertung des vom Verfassungsschutz vorgelegten Gutachtens über die AfD abwarten. (dpa/ bearbeitet von lko)