Gegen Marius Borg Høiby wurde Anklage erhoben. Dem Sohn der norwegischen Kronprinzessin Mette-Marit werden insgesamt 32 Anklagepunkte, darunter vier mutmassliche Vergewaltigungen, zur Last gelegt. Steht die Regentschaft des künftigen Königspaares Haakon und Mette-Marit schon jetzt unter keinem guten Stern? Wir haben den Royal-Experten Michael Begasse um eine Einschätzung gebeten.
Nach Angaben der zuständigen Staatsanwaltschaft wird sich der 28-jährige Angeklagte voraussichtlich ab Mitte Januar 2026 vor Gericht verantworten müssen. Bis dahin "wird jedes Mitglied der Königsfamilie bei jedem Gang in die Öffentlichkeit genau darauf angesprochen werden", sagt RTL-Adelsexperte
Im Interview mit unserer Redaktion spricht er über die Auswirkungen der Anklage auf die Monarchie, die Leiden der Mette-Marit und ein mögliches Worst-Case-Szenario.
Herr Begasse, die Staatsanwaltschaft in Oslo hat Anklage gegen
Michael Begasse: Ich habe Mette-Marit mehrfach getroffen. Sie ist eine ganz feine und liebevolle Frau. Schaut man ihr ins Gesicht, stellt man fest, dass sie leidet. Natürlich wird sie sich als Mutter fragen: Wieso habe ich nicht gemerkt, dass mein Sohn irgendwann falsch abgebogen ist? Und wieso habe ich die Warnzeichen ignoriert? Marius ist 28 Jahre alt, und die Vorfälle haben sich in den vergangenen Jahren ereignet. Das heisst, dass es eine Entwicklung gegeben haben muss. Die Frage der Mitverantwortung an den Taten ihres Sohnes wird sich Mette-Marit als Mutter – nicht aber als
Welche Konsequenzen hat der Fall Marius Borg Høiby für die norwegische Monarchie?
Das Ansehen der Monarchie hat stark gelitten. Vor allem, weil sich weder König und Königin noch Kronprinz und Kronprinzessin als Menschen dazu geäussert und ein Mitgefühl bekundet haben. Sie machen "business as usual". Fragen zu diesem Thema sind nicht nur nicht erlaubt, sondern auch unerwünscht. Vor offiziellen Terminen wird uns Journalisten das auch gesagt. Der Hof hat bis dato immer versucht, den Fall unter den Teppich zu kehren, was natürlich nicht gelungen ist.
Der Prozess wird öffentlich sein. Das bedeutet, dass der Sohn der künftigen norwegischen Königin vor den Augen der Welt ein Verfahren über sich ergehen lassen muss. Bei diesem Verfahren werden mutmasslich weitere Details ans Tageslicht kommen, von denen wir heute noch gar nichts wissen.
Worst-Case-Szenario: Inthronisierung parallel zur Gerichtsverhandlung
Steht Haakons Regentschaft als künftiger König schon jetzt unter keinem guten Stern?
Ja. Im Übrigen dürfen wir auch nicht vergessen, dass Mette-Marit unter einer chronischen Lungenerkrankung leidet, die sie sehr belastet. Hinzu kommt, dass auch der Gesundheitszustand von König Harald V. nicht gut ist. Mit seinen 88 Jahren könnte er jeden Tag versterben. Sollte dieser Fall eintreten, würde man Haakon sofort zum neuen norwegischen König erklären – und damit Mette-Marit zur neuen Königin.
Man stelle sich folgendes Szenario einmal vor: Zeitgleich zur Inthronisierung sitzt der Sohn der neuen Königin auf der Anklagebank oder sogar im Gefängnis. Schliesslich drohen ihm im Falle einer Verurteilung bis zu zehn Jahren Haft.
Warum Haakon keine andere Wahl hat, als den Thron zu besteigen
Wäre es denkbar, dass Haakon und Mette-Marit niemals König und Königin von Norwegen werden?
Aus meiner Sicht ist das nicht denkbar. Denn was wäre die Alternative? Märtha Louise ist freiwillig aus dem Königshaus ausgestiegen. Thronfolgerin wäre in diesem Fall ja Ingrid Alexandra – mit ihren erst 21 Jahren noch überhaupt nicht auf die Rolle einer künftigen Königin vorbereitet. Allein um seine eigene Tochter zu schützen, würde Haakon auf jeden Fall den Thron besteigen. Man wird sich also zunächst an die Hoffnung klammern, dass Harald und Sonja noch möglichst lange durchhalten. Auch für das Königspaar ist es eine riesige emotionale Belastung, dass gegen Marius Anklage erhoben worden ist.
Wird es für Marius eine Sonderbehandlung geben?
Nein, die wird es nicht geben. Die Polizei hat sich mit den Ermittlungen, die bereits Anfang August vergangenen Jahres begonnen hatten, viel Zeit gelassen, damit alles wasserdicht ist. Insgesamt wurden 100.000 Dateien und 10.000 Nachrichten ausgewertet. Marius Borg Høiby wurde mehrmals verhört und soll nach Angaben der Polizei auch kooperiert haben. Die Anklagepunkte wiegen sehr schwer. Es ist davon auszugehen, dass etwas dran sein wird.
"Wir reden von 16 Frauen, die mutmasslich sexuellen Übergriffen ausgeliefert waren. Mit diesen Frauen müsste der Hof schon längst Mitgefühl gezeigt haben."
Der Hof hat in einem ersten Statement verlauten lassen, dass es Sache der Gerichte sei, diesen Fall zu prüfen und eine Entscheidung zu treffen. Darüber hinaus habe man nichts hinzuzufügen. Wie bewerten Sie diese Reaktion?
Das Statement des Hofes war so zu erwarten. Es ist im Prinzip das, was seit Beginn der Ermittlungen vor einem Jahr verkündet wird. Man vertraut auf die Behörden, die Gerichte und die Staatsanwaltschaft. Alles andere hätte mich gewundert. Allerdings wird es spannend sein, wie der Hof und deren Mitglieder in den nächsten Wochen damit umgehen werden. Mit Blick darauf, dass der Prozess erst Anfang 2026 beginnen soll, wird jedes Mitglied der Königsfamilie bei jedem Gang in die Öffentlichkeit genau darauf angesprochen werden.
Empfehlungen der Redaktion
Wir werden sehen, ob nicht doch irgendwann eine menschliche Regung zum Vorschein kommen wird – und sei es die längst überfällige Anteilnahme mit den Opfern. Wir reden von 16 Frauen, die mutmasslich sexuellen Übergriffen ausgeliefert waren. Mit diesen Frauen müsste der Hof schon längst Mitgefühl gezeigt haben.
Was an diesem Fall macht Sie besonders betroffen?
Für mich ist das Perfide an dieser Geschichte, dass viele seiner Opfer erst davon erfahren haben, nachdem die Polizei intensiv auf den Festplatten und Handys von Marius ermittelt hat. Es gibt den Straftatbestand der sogenannten Schlafvergewaltigung. Da ist nun zu klären, ob Marius seine Opfer unter Drogen gesetzt und sich anschliessend an ihnen vergangen hat. Oder gab es – und das wird die Strategie seiner Anwälte sein – ein gegenseitiges Einvernehmen?
Über den Gesprächspartner
- Michael Begasse ist deutscher Adelsexperte, Journalist, Moderator und Sprecher. Seit mehr als 30 Jahren arbeitet er im Fernsehen und Radio. Begasse berichtet regelmässig von den grossen royalen Events, darunter Hochzeiten und Inthronisierungen. 2021 ist sein erstes Buch "111 royale Momente für die Ewigkeit" erschienen.
Hilfsangebote
- Wenn Sie selbst von häuslicher oder sexualisierter Gewalt betroffen sind, wenden Sie sich bitte an das Hilfetelefon "Gewalt gegen Frauen" (116 016 oder online), das Hilfetelefon "Gewalt an Männern" (0800/1239900 oder online), das Hilfetelefon "Sexueller Missbrauch" (0800/225 5530), in Österreich an die Beratungsstelle für misshandelte und sexuell missbrauchte Frauen, Mädchen und Kinder (Tamar, 01/3340 437) und in der Schweiz an die Opferhilfe bei sexueller Gewalt (Lantana, 031/3131 400)
- Wenn Sie einen Verdacht oder gar Kenntnis von sexueller Gewalt gegen Dritte haben, wenden Sie sich bitte direkt an jede Polizeidienststelle.
- Falls Sie bei sich oder anderen pädophile Neigungen festgestellt haben, wenden Sie sich bitte an das Präventionsnetzwerk "Kein Täter werden".
- Anlaufstellen für verschiedene Krisensituationen im Überblick finden Sie hier.