Yvonne Pferrer und Jeremy Grube lernten sich bei "Köln 50667" kennen und lieben. Nun hat das Paar sein erstes gemeinsames Filmprojekt in die Kinos gebracht – aus eigener Kraft und komplett selbst finanziert. Wir haben Yvonne und Jeremy gefragt, wie teuer und abenteuerlich ihr Roadtrip war.

Ein Interview

Ohne Sender oder Streaming-Plattform, ohne Studio, dafür mit einer klaren Vision und viel Mut: Yvonne Pferrer (30) und Jeremy Grube (31) haben ihren grossen Traum von Freiheit während ihrer Reise durch Uruguay, Brasilien, Paraguay, Argentinien, Bolivien, Peru und Chile ausgelebt.

Mehr News über Filme & Serien

In dem Film "Yabadu – niemals erwachsen", der ab dem 8. Juli in mehreren Open-Air-Kinos zu sehen sein wird, erzählen sie ihre Geschichte.

Im Interview mit unserer Redaktion berichtet das Paar sowohl über Hoffnung und prägende Begegnungen mit "Wegweisern" als auch über Herausforderungen wie Kostenfallen, einen Überfall und die unberechenbare Höhenluft in Äquatornähe.

Ihr gemeinsames Filmprojekt heisst "Yabadu". Wofür steht der Titel?

Jeremy Grube: Das ist ein Freudenruf. Auf die Idee kam Yve während unserer Reise. In dem Film gibt es auch eine Szene, in der wir "Yabadu" rufen – das war quasi die Geburtsstunde des Titels. Es fühlte sich genau nach dem an, was der Film ausdrücken sollte.

Yvonne Pferrer: Da wir von Anfang an einen Feel-Good-Movie kreieren wollten, transportiert dieser Freudenruf unsere Message perfekt. "Yabadu" passt auch zu den Menschen, die wir während unserer sechsmonatigen Reise getroffen und die den Film massgeblich geprägt haben.

Wie häufig kommt es zu Reibereien, wenn man ein halbes Jahr lang auf engstem Raum in einem Camper miteinander verbringt?

Grube: Gar nicht so häufig, wie man vielleicht denken würde. Am Ende des Tages profitiert man riesig davon, wenn man – so wie wir – als Paar schon elf Jahre zusammen ist. Die meisten unserer Ecken und Kanten kannten wir also bereits vor der Reise. Wir wissen miteinander umzugehen. Hinzu kommt, dass wir schon genauso lange zusammenarbeiten. Das war ein grosser Mehrwert – für unsere Reise und den Film.

Pferrer: Wir sind in all den Jahren unserer Zusammenarbeit immer weiter gewachsen. Jetzt waren wir einfach an dem Punkt, an dem wir uns für so ein grosses Projekt bereit fühlten.

Das klingt sehr harmonisch. Aber mal ehrlich: Gab es nie Momente, in denen Sie sich bewusst aus dem Weg gegangen sind?

Grube: Doch, die gab es. In solchen Momenten übernachtete ich dann einfach auf dem Dach des Campers – und am nächsten Morgen war dann alles wieder gut (lacht).

Pferrer: Nach ein paar Monaten denkt man irgendwann: "Ach, so ein Tag alleine wäre jetzt auch nicht verkehrt." In erster Linie aber war ich gespannt, wie wir mit dieser auch für uns neuen Prüfung umgehen würden. Wenn es dann wirklich so weit ist, spielen aber plötzlich ganz andere Dinge eine Rolle, um die man sich kümmern muss. Wo schläft man? Wo bekommt man Wasser? Ist man sicher? Und kommen wir überhaupt über die Grenzen?

Kleinigkeiten, über die man sich im Beziehungsalltag ärgert, rücken da sogar eher in den Hintergrund. Natürlich gibt es Situationen, in denen man sich stresst und anzickt. Aber das muss ja auch nicht sein. Es kann ja auch einfach cool sein…

… bis die Höhenluft ins Spiel kam, die Jeremy zunächst besser verkraftete als Sie. Die Szene wird im Film gezeigt.

Pferrer: Stimmt, da war ich leicht genervt (lacht). Ich hatte so krasse Kopfschmerzen. Wir wussten, dass diese Höhen für uns eigentlich noch zu früh kamen. Wir hätten uns erst einmal akklimatisieren müssen. Doch wir fuhren einfach los – und es ging immer höher und höher. Ausserdem hatten wir keinen Handyempfang mehr und wussten demnach nicht, wann es wieder bergab gehen würde.

Grube: Nicht zu wissen, wann man sich wieder normal fühlen würde: Das war die Herausforderung bei dieser Erfahrung. Es ging schon an die Substanz. Zum Glück kennen wir uns lange genug und wissen, dass wir so etwas nie persönlich nehmen dürfen. Manchmal ist es gut, sich einfach mal Luft zu machen. Auch wenn es die Partnerin oder der Partner dann abkriegt, weiss man, dass es nichts mit einem selbst zu tun hat.

"Aus privaten Gründen würden wir uns niemals ein Paket nach Südamerika nachschicken lassen."

Jeremy Grube

Welche Kostenfallen gilt es vor Reiseantritt zu beachten?

Grube: Man darf sich nichts vormachen: Es ist ein grosser Apparat. Doch es hängt auch davon ab, wie und mit welchen Zielen man die Reise antritt. Bei uns spielten zwei Komponenten eine Rolle. Zum einen war es die Reise, zum anderen war es der Film.

Von den 1.200 Euro, die wir für ein Paket bezahlen mussten, dürften die meisten Reisenden verschont bleiben. Wir hatten jedoch keine Wahl, weil unser Kamera-Equipment während der Reise kaputtgegangen war. Andernfalls wäre unser Job beendet gewesen. Aus privaten Gründen würden wir uns niemals ein Paket nach Südamerika nachschicken lassen.

Wie teuer war Ihre Reise?

Grube: Insgesamt haben wir zirka 9.000 Euro pro Person gezahlt. Darin sind 7.500 Euro für die Fähren bereits enthalten. Wenn man aber hochrechnet, wie viel Geld normalerweise für Unterkünfte und Mietwagen draufgehen würde, rechnet sich eine Reise mit dem eigenen Camper auf das halbe Jahr gesehen total. Natürlich hängt es auch immer vom persönlichen Budget und der eigenen Reisekomfortzone ab.

Pferrer: Abgesehen davon, dass man ab und zu mal essen geht, braucht man eigentlich nur Geld für Benzin und Lebensmittel zum Kochen. Wenn man also erst einmal vor Ort ist, kommt man verhältnismässig günstig weg.

Grube: Im Übrigen muss man zu Hause ja auch irgendwie leben.

Pferrer: Genau. Am Ende ist es "nur" die Miete, die bei einer langen Reise draufgeht. Wer sich für die Kosten im Detail interessiert, kann sie in unserem Buch und auf unseren Social-Media-Accounts nachlesen. Wir sind da sehr transparent, weil wir den Leuten einen Mehrwert bieten wollen.

Warum lassen Sie den Film von der Erzählstimme eines jungen Mädchens sprechen?

Pferrer: Weil diese Geschichte das innere Kind in uns beziehungsweise in jedem von uns widerspiegeln soll. Das Geheimnis eines glücklichen Lebens besteht für uns aus viel Spass, Humor und der Erkenntnis, die kleinen Dinge wertzuschätzen. Die Stimme dieses Mädchens namens Liv haben wir zudem gewählt, um eine gewisse Distanz zu uns zu schaffen. Wir wollten unsere Fantasie und unsere Gedanken möglichst verträumt und verspielt in diesen Film hineingeben, ...

Grube: … ohne dabei einem Kind künstlich erwachsenes Gedankengut in den Mund zu legen. Uns war es wichtig, so nah wie möglich bei dieser Kindlichkeit zu bleiben. Nur so erschien es uns möglich, dass die Zuschauer ihre persönliche, kindliche Neugier wiederfinden.

Auf welche Resonanz ist Ihre Idee gestossen, die Menschen, denen Sie begegnet sind (im Film "Wegweiser" genannt), mit Akzent zu synchronisieren und zum Teil sogar zu untertiteln?

Grube: Es war mir von vornherein ein Anliegen, die Kultur und die Wurzeln der Menschen in der Synchronisation beizubehalten. Sämtliche Sprecherinnen und Sprecher wurden in meinem Tonstudio aufgenommen. Es war faszinierend, da es sich so anfühlte, als wären wir wieder in Südamerika. Viele rieten uns davon ab, sogar von kultureller Aneignung war teilweise die Rede. Dass man vielleicht nicht jedes Wort der "Wegweiser" versteht, macht es aber aus. Es geht nicht darum, ob man alles versteht. Es geht darum, was man fühlt.

Pferrer: Wir wollten einen Film fürs Herz schaffen. Es ging darum, ein Gefühl zu transportieren und nicht darum, sich exakt daran zu halten, wie man es normalerweise machen würde.

"Wir haben einfach auf unsere Idee vertraut."

Jeremy Grube

Sie haben den Film aus eigener Kraft produziert und ins Kino gebracht. Warum haben Sie keine Streaming-Plattform für Ihr Projekt gewinnen können?

Grube: Natürlich sind wir im Vorfeld die üblichen Schritte abgegangen und haben bei der einen oder anderen Streaming-Plattform angefragt, darunter Netflix und Amazon. Da wir keine Resonanz bekommen haben, sind wir dann unseren eigenen Weg gegangen. Wir haben einfach auf unsere Idee vertraut. Es gibt so viele Möglichkeiten, um ans Ziel zu kommen. Wenn man es dann aus eigenen Stücken geschafft hat, ist das ein sehr besonderes Gefühl – das steht ausser Frage.

Was haben Sie während Ihrer Reise vermisst? Und was vermissen Sie jetzt, da Sie wieder im Alltag angekommen sind?

Grube: Während des Abenteuers haben wir nur im Moment gelebt. Es war nicht so, dass wir zum Beispiel unser schönes Wohnzimmer vermisst hätten. Nach unserer Rückkehr wiederum sind wir erst einmal in dieses berühmt-berüchtigte Reiseloch gefallen. Dennoch sind wir zu Hause voll durchgestartet – aber nur, um so schnell wie möglich wieder losziehen und das nächste Stück Erde entdecken zu können. Das war unser Antrieb.

Pferrer: Gegen Ende der Reise sehnt man sich schon nach Stillstand und etwas Ruhe. Zu Hause angekommen, fühlte ich mich allerdings schnell wieder überfordert von den vielen Optionen, die einem das Leben hier bietet.

Sie wurden während Ihres Abenteuers in Peru mit vorgehaltener Waffe überfallen. Wie hat diese gefährliche Situation Ihr Leben verändert?

Pferrer: Am Ende des Tages sind wir Realisten. Wir sind nicht blauäugig in die Welt hinaus gezogen, sondern haben uns im Vorfeld mit allen erdenklichen Eventualitäten befasst. Es klingt ziemlich absurd, aber in dem Moment des Überfalls dachte ich zuerst: "Ah, okay, jetzt ist es also passiert." Ich war zwiegespalten. Auf der einen Seite konnte man sich sogar in die Person hineinversetzen, auf der anderen Seite war man nach dem Überfall erst einmal etwas vorsichtiger.

Grube: Es kann überall auf der Welt passieren – ob in Südamerika oder an einem Hauptbahnhof in irgendeiner Stadt in Deutschland.

Inwiefern konnten Sie sich in die Person, die Sie überfallen hatte, hineinversetzen?

Grube: Man muss sich vorstellen, in welch einer Lebenssituation sich dieser Mensch womöglich befand. Wollte er vielleicht einfach nur den Kühlschrank seiner Familie füllen? Es steht uns nicht zu, jemanden dafür zu verurteilen. Und ganz bestimmt lässt sich daraus nicht ableiten, dass es besonders gefährlich ist, nach Peru zu reisen.

Lesen Sie auch

Wann werden Sie Ihre gemeinsame Reise fortsetzen?

Grube: Zunächst einmal geht unsere "Yabadu"-Reise ja noch weiter. Ab Juli wird unser Film in Open-Air-Kinos zu sehen sein – in Kombination mit Musik. Ich werde vor Filmbeginn ein paar Lieder spielen. Ab September werden wir dann erstmal ganz tief durchatmen. Neue Ideen haben wir auch schon im Kopf.

Frau Pferrer, Sie sind Schauspielerin, standen unter anderem für den "Tatort" Münster vor der Kamera. Haben Sie nach Ihrer selbstbestimmten (Film-)Reise überhaupt noch Lust, wieder nach einem Script zu arbeiten?

Pferrer: Tatsächlich liebe ich auch das total. Es ist schön, nicht immer die Verantwortung für alles übernehmen zu müssen. Insofern wäre es schon fast eine Erholung für mich, eine ganz normale Rolle spielen zu dürfen.

Über die Gesprächspartner

  • Yvonne Pferrer und Jeremy Grube lernten sich am Set der Daily Soap "Köln 50667" kennen, in der sie bis 2016 gemeinsam zu sehen waren. Während Pferrer im Anschluss zunächst eine eigene Modekollektion entwarf, ehe sie weitere Rollen als Schauspielerin übernahm, widmete sich Grube vor allem seiner Karriere als Musiker. Pferrer spielte 2023 im "Tatort" Münster an der Seite von Axel Prahl und Jan Josef Liefers mit.