Nach dem Aus von US5 wagte sich Jay Khan ins Dschungelcamp - und musste danach viel Kritik und Hass einstecken. Im Interview blickt der Sänger auf diese und andere schwierige Zeiten zurück.

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Jay Khan (43) hat aufregende Wochen vor sich: Der ehemalige US5-Sänger feiert sein 20-jähriges Bühnenjubiläum und bringt sein Solo-Debütalbum "Verdammt!" (ab 11. Juli) sowie seine Autobiografie "Tariq und ich - Lieben und Lügen meines Lebens" (17. Juli) auf den Markt. Am 20. September lädt Jay Khan zudem zum "Verdammt!"-Konzert ins Schlager Cafe Düsseldorf ein, bei dem auch seine Kollegin Anna-Carina Woitschack (32) auftreten wird. Die beiden haben zusammen das Duett "Sie, Du und ich" aufgenommen.

Im Interview mit der Nachrichtenagentur spot on news spricht Jay Khan über seine beruflichen Höhen und Tiefen der vergangenen 20 Jahre, Zukunftspläne und den grossen Wunsch, bald Vater zu werden.

Sie sind in einem Berliner Brennpunktviertel aufgewachsen und haben in Bars gejobbt, um sich das Leben als Musiker zu finanzieren. Warum wollten sie eigentlich unbedingt in das Business?

Jay Khan: Es war einfach immer mein grosser Traum, seit ich denken kann. Ich wollte mein Leben immer der Musik widmen. Also es gab einen klaren Weg und über die Jahre habe ich gelernt, wie sehr man das zu schätzen hat. Die meisten jungen Menschen haben ja nicht mal den Hauch einer Idee, was die mal machen wollen. Und dieses Dilemma gab es bei mir nicht.

Welche Vorbilder hatten Sie?

Khan: Wie bei so vielen ambitionierten Sängern aus meiner Generation war das Michael Jackson. Also mit ihm fing quasi alles an. Als "Bad" herauskam, war das für mich die Offenbarung schlechthin. Er war und ist nach wie vor der Überkünstler, sozusagen der Alien unter den Musikern. Aber natürlich habe ich auch schnell gewusst, dass es einen Michael Jackson nur einmal geben kann. Dann habe ich mir andere Vorbilder gesucht und begegnete irgendwann dem Phänomen Boyband. Da habe ich gemerkt: Du musst nicht Michael Jackson sein, um auf der Bühne singen und tanzen zu können. Das Boyband-Segment war für mich quasi die irdische Variante von Michael Jackson. Das wollte ich unbedingt auch machen und habe dieses komplette Phänomen aufgesaugt, im wahrsten Sinne des Wortes.

"Verdammt!" von Jay Khan erscheint am 11. Juli.
"Verdammt!" von Jay Khan erscheint am 11. Juli. © Telamo (Warner)

Vor 20 Jahren feierten Sie mit US5 Bühnenjubiläum - und Sie sind noch immer im Musikbusiness. Was waren die drei grossen Highlights Ihrer bisherigen Karriere?

Khan: Es gab viele besondere Erlebnisse. Das erste Highlight, würde ich sagen, war mein erster bahnbrechender Erfolg als Songwriter. Als meine Nummer "Schick mir 'nen Engel" für die "Popstars"-Band Overground in Deutschland, Österreich, und der Schweiz auf die Eins ging, war das für einen 21-jährigen Jungen aus der Kurfürstenstrasse in Berlin schon wirklich die Utopie schlechthin. Ein grosser Moment war auch, als US5 die Goldene Kamera gewonnen hat. Diesen wichtigen Preis gewannen wir nicht in der Kategorie national, sondern Pop international! Und wir haben uns, man will es nicht glauben, gegen Bands wie Take That und die Pussycat Dolls durchgesetzt. Als Drittes würde ich die Zusammenarbeit mit Robin Gibb nennen, mit dem wir ein Remake von "Too Much Heaven" im Studio aufgenommen haben. Ich meine, wer kann behaupten, mit einem der Bee Gees zusammengearbeitet zu haben?

Aber Sie haben nicht nur Höhen, sondern auch etliche Tiefen erlebt. Etwa, als sich US5 trennten.

Khan: Rückschläge gehören dazu. Nach dem Aus der Band Ende 2009 bin ich erstmal in ein Loch gefallen. Ich wollte natürlich weiter Musik machen, aber es war jetzt nicht so, dass alle Plattenfirmen der Welt mir den Hof gemacht haben und mich zum neuen Robbie Williams machen wollten. Es ist schon wirklich eine gravierende Umstellung, wenn du fünf Jahre in so einem durchtaktierten Express-D-Zug wie mit US5 fährst und dann von heute auf morgen gefühlt alles ganz still ist. Das ist eine Umstellung, mit der kommen die wenigsten wirklich zurecht. Und dann musste ich auch feststellen, dass ich nicht nur wieder bei null anfangen musste, sondern eigentlich gefühlt bei minus null, weil es diese voreingenommenen Haltungen mir gegenüber gab. Ich war als Boyband-Typ und Ex von Lena Gercke abgestempelt und irgendwie interessierten meine bisher erreichten Erfolge nicht. Finanziell ging es mir gut, aber irgendwie war ich absolut nicht erfüllt.

2011 zogen Sie dann ins Dschungelcamp und sorgten dort mit Auseinandersetzungen mit Sarah Knappik und Küssen mit Indira Weis für viel Aufsehen.

Khan: Ja. Meine erste Erfahrung mit Reality-TV fand auf der wirklich eklatantesten, lautstärksten Ebene statt. Ich will mich damit sicherlich nicht brüsten oder rühmen, wenn ich das sage: Aber man nennt es halt nach fast 15 Jahren immer noch die "Staffel aller Staffeln". Und das hat natürlich weniger mit dem Format zu tun, sondern einfach vielmehr mit den Geschehnissen und den Eigendynamiken, die in dieser besagten fünften Staffel entstanden sind und die gesamte Nation irgendwie eingenommen haben. Aufgrund eines reinen Hirngespinstes und purer Böswilligkeit von einer gewissen Person, deren Namen ich jetzt nicht nennen will, wurde ich nach der Show in der extremsten Form diffamiert und denunziert. Was da auf mich eingeprasselt ist, war schon heftig.

Aus der heutigen Warte: Bereuen Sie, bei "Ich bin ein Star - Holt mich hier raus!" mitgemacht zu haben?

Khan: Das ist eine sehr ambivalente Geschichte. Meine Karriere hätte ohne das Format vielleicht einen anderen Verlauf genommen. Aber jetzt bin ich dank sehr, sehr, sehr viel Geduld, Ausdauervermögen, und Kampfgeist an einem Punkt, wo ich zufrieden mit meinem Leben und mit mir selbst bin. Ich fühle mich wohl in meiner Haut und denke mir, dass diese Erfahrung vielleicht auf irgendeiner Ebene erforderlich war - auch wenn das Ausmass schon gewaltig war. Aber es ist nun mal passiert und ich habe mich mit sehr viel Mühe, teilweise auch Not, arrangiert und es irgendwie da rausgeschafft.

Wie genau haben Sie das bewerkstelligt?

Khan: Allen voran mit einem unbändigen Willen und Kampfgeist. Aber du brauchst auch eine Basis, also auf privater, sozialer Ebene. Und das waren in dem Fall meine Eltern und enge Freunde. Die haben mich da wirklich am Leben gehalten. Ich weiss wirklich nicht, was ohne diese Menschen mit mir passiert wäre.

Ihr engster Kreis nennt Sie auch bei Ihrem richtigen Namen Tariq, den sie nun auch in den Titel Ihrer Autobiografie genommen haben. Können Sie sich vorstellen, ihn wieder häufiger zu nutzen?

Khan: Ich bin sehr stolz auf meinen gebürtigen Namen. Alle meine Freunde, die mich auch vor meiner Zeit bei US5 kennen, nennen mich natürlich Tariq. Also da würde keiner auf die Idee kommen, mich Jay zu nennen. Es gab tatsächlich mal die Überlegung, ob ich auch öffentlich zu dem Namen zurückkehre. Aber unter Jay Khan bin ich seit 20 Jahren bekannt und das ist in gewisser Weise auch eine Marke. Der ist so gefestigt in den Köpfen, was man übrigens auch daran sieht, dass mich niemand nur "Jay" nennt, sondern alle immer beide Namen verwenden.

Die Autobiografie "Tariq & ich" ist ab 17. Juli erhältlich.
Die Autobiografie "Tariq & ich" ist ab 17. Juli erhältlich. © Kampenwand Verlag

Mit "Verdammt!" legen Sie Ihr erstes Solo-Debütalbum vor. Welcher Song liegt Ihnen besonders am Herzen?

Khan: Natürlich haben die vier US5-Remaketitel eine besonders starke Bedeutung für mich. Es war auch mal wieder schön, auf Englisch nach all den Jahren zu singen. Irgendwo schliesst sich damit ein Kreis und es ist auch so eine Art Homecoming, so nach 20 Jahren. Ansonsten "Mein Stern" natürlich, den ich meiner Grossmutter gewidmet habe. Und die Single "Verdammt" war in den Schlagerradio-Charts Nummer Eins, was nicht so leicht zu erreichen ist in der heutigen Zeit. Also das war auch noch mal ein kleiner Meilenstein für mich. Mit "Sie, Du und ich" gibt es auch ein tolles Duett.

Wie kam es denn zu der Zusammenarbeit mit Anna-Carina Woitschack?

Khan: Wir kennen uns schon länger von diversen Auftritten. Das war immer ein sehr nettes und freundliches Verhältnis, was ja auch nicht immer selbsterklärend ist in unserer Branche. Inzwischen haben wir auch denselben Manager, und die beiden haben mich gefragt. Der Song ging mir schnell von der Hand und das ist immer so ein guter Indikator für mich. Wenn es fliesst, weiss ich, dass ich in der Regel auf der richtigen Fährte bin. Ich freue mich sehr darauf, die Single zu veröffentlichen und vor allem auch, sie mit Anna zu performen. Das Video haben wir bereits gedreht und auch das, glaube ich, wird ein Augenschmaus.

Haben Sie noch einen Wunschkandidaten für ein Duett?

Khan: Roland Kaiser wäre ein riesiger Traum und absolute Königsklasse. Er kommt auch aus einem Brennpunkt in Berlin. Ich liebe seine Musik seit Kindheit an. Ich finde, er ist lyrisch und musikalisch mit das Beste, was der Schlager seit Jahrzehnten zu bieten hat. Ich finde aber auch Eloy de Jong spannend, weil er so der Einzige in diesem Schlagerkosmos ist, mit dem ich diese Boyband-Vergangenheit gemeinsam habe.

Sie hatten vorhin schon kurz Ihre frühere Beziehung mit Lena Gercke erwähnt. Haben Sie eigentlich noch Kontakt?

Khan: Nein, haben wir nicht. Aber das ist nicht in irgendeiner Form negativ zu bewerten. Ich meine, wann waren wir denn zusammen? Ich glaube, von 2007 bis Ende 2010. Das ist ja schon eine halbe Ewigkeit her und da steht man jetzt natürlich nicht in Kontakt.

Sie ist inzwischen zweifache Mutter. Auch Ihre Partnerin Jessie sprach bereits über Familiengründung. Lautet Ihr nächstes Kapitel womöglich Vaterschaft?

Khan: Absolut, das strebe ich an. Meine Partnerin hat auch lange genug darauf gewartet. Jessie hat glaube ich keinen grösseren Wunsch, als eine eigene Familie zu gründen. Sie ist, wie ich immer sage, fast dazu geboren, Mutter zu werden, weil das für sie einfach die grösste Erfüllung wäre. Und ich liebe auch Kinder.

Was für ein Papa wären Sie wohl?

Khan: Ich glaube, ich wäre sicherlich ein strenger Vater, aber nicht diktatorisch oder tyrannisch. Streng, aber unheimlich liebevoll.

Und würden Sie Ihrem Kind den Schritt ins Musikbusiness empfehlen?

Khan: Wenn sich mein Kind für meinen Weg und dieselbe Leidenschaft entscheiden wollen würde - wer bin ich denn, das zu untersagen? Das verstehe ich auch bei anderen immer nicht, wenn sie sagen, dass ihr Kind auf keinen Fall in die Musikbranche darf. Natürlich habe ich auch unfassbare Rückschläge erlebt und kenne die Heimtücken, Gefahrenzonen und Fallen im Business. Aber meinem Kind seinen Traum zu untersagen, halte ich für Blödsinn. (ae/spot)  © spot on news