Es war der verzweifelte Versuch, sich vor dem Vulkanausbruch in Pompeji zu retten: Neueste Ausgrabungen zeigen, wie eine Familie die letzten Minuten vor der Katastrophe verbracht hat. Sie versuchten noch, die Tür eines Schlafzimmers zu verbarrikadieren.

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Bei neuesten Ausgrabungen im Haus "Helle und Phrixus" in Pompeji sind Forschende nicht nur auf Überreste der Bewohnerinnen und Bewohner gestossen, sondern konnten auch rekonstruieren, wie eine Familie versucht hat, sich vor der Naturkatastrophe zu retten.

Wie eine Veröffentlichung im E-Journal "Scavi di Pompei" berichtet, zeichnen die Ausgrabungen ein lebendiges Bild davon, was sich in den letzten Minuten vor der Katastrophe zugetragen haben muss.

Geschichte wird im Haus "Helle und Phrixus" lebendig

Dem Vulkanausbruch im Sommer 79 n. Chr. soll Forschungen zufolge ein Erdbeben vorausgegangen sein. Wer daraufhin noch nicht geflohen war, musste sich spätestens dann in Sicherheit bringen, als ein Regen aus kleinen Bimssteinen, den sogenannten Lapilli, auf Pompeji niederprasselte. Wie die Ausgrabungen zeigen, flüchtete eine Familie offenbar ins Schlafzimmer ihres Hauses und schob das Bett als Barriere vor die Tür, um sich vor Lava und Asche zu schützen. Das Bettgestell hinterliess in der Asche einen Hohlraum. Mithilfe eines Gipsabdrucks konnte das Objekt rekonstruiert werden.

Die vulkanischen Gesteinsbrocken gelangten aber wahrscheinlich durch die grosse Dachöffnung im Atrium ins Innere des Hauses und die darauffolgenden pyroklastischen Ströme – Glutaschewolken, die mit hoher Geschwindigkeit an den Hängen des Vesuvs herabrasten – füllten jeden Raum meterhoch mit Asche.

Erschwerend hinzu kam, dass zur Zeit des Vulkanausbruchs Umbauarbeiten an dem Haus, in dem die Ausgrabungen stattgefunden haben, vorgenommen wurden. Fehlende Mauerstücke deuten den Archäologinnen und Archäologen zufolge darauf hin, dass Asche und Lava an mehreren Stellen am Haus noch leichter eindringen konnten.

Kurz erklärt: das Haus "Helle und Phrixus"

  • Die Ausgrabungen fanden im Haus "Helle und Phrixus" an der Via del Vesuvio statt.
  • Das Haus wurde nach der Darstellung der mythologischen Figuren Helle und Phrixus benannt, die auf einem Wandgemälde im Speisesaal (Triclinium) der Villa entdeckt wurden.
  • Das Haus "Helle und Phrixus" lag damals inmitten der lebhaften Strassen von Pompeji, in einem zentrumsnahen Viertel.

Die Forschenden entdeckten im Haus neben dem Abdruck des Bettgestells ausserdem die sterblichen Überreste von mindestens vier Personen – darunter ein Kleinkind, bei dem eine bronzene Bulla gefunden wurde, ein Amulett, das römische Jungen bis zu ihrem Erwachsenwerden trugen.

das haus "Helle und Phrixus" in Pompeji
Im Festsaal des Hauses ist die namensgebende Szene von Helle und Phrixus zu sehen. © picture alliance/Cover Images/Parco archeologico di Pompeii

Einzige Überlebenschance: Flucht aus Pompeji

Die insgesamt rund 2.000 Menschen, die bei der Naturkatastrophe gestorben sind, wurden entweder von den aus mehreren Kilometern Höhe herabfallenden Lapilli sowie von einstürzenden Häusern erschlagen oder erlagen dem Strom aus heissen Gasen und vulkanischem Material, der die Körper sofort in eine feste Ascheschicht einschloss. Nur wer Pompeji verliess, hatte eine Überlebenschance. Rund 18.000 Einwohnerinnen und Einwohnern gelang die Flucht.

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"Pompeji auszugraben und zu besuchen heisst, sich mit der Schönheit der Kunst und zugleich der Vergänglichkeit des Lebens auseinanderzusetzen", erklärte Gabriel Zuchtriegel, der Direktor des archäologischen Parks, in einer Mitteilung zu den neuesten Ausgrabungen.

Verwendete Quellen