München/Frascati - Sie können zu einer grossen Gefahr für die Erde werden. Das Aussterben der Dinosaurier und die Verwüstung ganzer Landstriche gehen wohl auf ihr Konto - Asteroiden. Hunderttausende der bei der Planetenbildung übriggebliebenen Brocken fliegen noch in den Weiten unseres Sonnensystems umher. Zehntausende sind bekannt, die auch die Umlaufbahn unseres Heimatplaneten und des Mondes kreuzen oder ihr nahe kommen könnten.

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Gibt es aktuell Gefahren durch Asteroiden?

Grosse Gefahren sehen Experten derzeit nicht, dass die Erde von einem grösseren Asteroiden getroffen wird. Das Jet Propulsion Laboratory der US-Raumfahrtbehörde Nasa stufte die Wahrscheinlichkeit, dass der Asteroid "2024 YR4" im Jahr 2032 die Erde trifft zwischenzeitlich zwar auf bis zu 3,1 Prozent ein. Es kam später aber zu dem Schluss, dass er sie nicht treffen wird. Auch nach Angaben des Chef-Koordinators für die Asteroidenabwehr der europäischen Raumfahrtbehörde Esa, Richard Moissl, ist mit den jüngsten Daten ausgeschlossen worden, dass der Asteroid unseren Heimatplaneten trifft.

"Aber seitdem ist die Einschlagwahrscheinlichkeit auf dem Mond quasi gestiegen, ist jetzt bei ungefähr vier Prozent", sagt Moissl aus Anlass des Internationalen Tags der Asteroiden am 30. Juni. Der rund 60 Meter grosse Brocken werde in jedem Fall nahe am Mond vorbeifliegen. Wenn er auf dem Trabanten einschlage, wäre das ein Riesenspektakel. Er würde dies mit grosser Wahrscheinlichkeit auf der erdzugewandten Seite tun. "Das heisst, man könnte es mit grosser Wahrscheinlichkeit von der Erde aus beobachten, wenn gutes Wetter ist."

"Auf der Erde passiert da nichts, ausser, dass wir ein schönes Schauspiel haben", sagt der Asteroidenexperte Detlef Koschny, der auch die Professur für Lunare und Planetare Exploration an der Technischen Universität München innehat. "Die Mondbahn verändert er natürlich nicht, dafür ist er viel zu klein." Er würde vermutlich einen Krater von ein paar 100 Metern oder sogar zwei Kilometern schlagen. Was genau passieren wird, können Experten aber erst ab 2028 erforschen, denn der Asteroid ist derzeit ausser Sicht.

Über Tunguska drang ein Asteroid in die Erdatmosphäre ein
Das Tunguska-Ereignis: Wahrscheinlich ein grosser Brocken aus dem All verwüstete 1908 ein Gebiet in Sibirien. (Archivbild) © dpa / L. Kulik/Russische Akademie der Wissenschaften/dpa

Welche Auswirkungen können Asteroiden haben für die Erde?

Für die enorme Verwüstungskraft der Gefahr aus dem All gibt es mehrere Beispiele, wenn auch die meisten kleineren Gesteinsbrocken verglühen. So könnte ein 10 bis 15 Kilometer grosser Brocken für das Aussterben der Dinosaurier verantwortlich sein. Ein etwa 40 bis 50 Meter grosser Asteroid ging am 30. Juni 1908 über Sibirien runter und knickte in der Tunguska-Region Millionen Bäume auf einer Fläche fast so gross wie das Saarland um.

Mit Blick auf dieses Ereignis riefen die Vereinten Nationen später den Asteroidentag aus, um auf die Gefahren und Chancen durch die Himmelskörper aufmerksam zu machen. Im Februar 2013 explodierte ein 20 Meter grosser Himmelskörper über der Millionenstadt Tscheljabinsk. Durch die Druckwelle und splitterndes Glas wurden rund 1.500 Menschen verletzt.

Ab grob 100 bis 150 Metern ist die Zerstörungskraft Moissl zufolge schon überregional gross. Da gehe es dann nicht mehr um ein Bevölkerungszentrum, sondern auch um das ganze Umland und die Infrastruktur. "Das würde man versuchen abzuwehren." Ab 50 Metern habe man bereits jetzt schon gute Chancen, ein solches Objekt zu beeinflussen.

Welche planetare Verteidigung gegen Asteroiden gibt es?

Es gibt eine erste Mission, um Asteroiden abzulenken. Im September 2022 schlug die Nasa-Sonde "Dart" auf einem Doppelasteroiden ein und veränderte die Bahn des kleinen Dimorphos um den grösseren Didymos. Im kommenden Jahr soll die Esa-Mission "Hera" dort eintreffen und den Einschlag wissenschaftlich untersuchen. "Durch die Daten von "Hera" können wir dann viel besser verstehen, wie wir das im Ernstfall angehen müssen, weil wir einfach viel besser lernen, was da passiert ist", sagt Moissl.

Asteroiden Didymos und Dimorphos
Der Asteroid Didymos (r) wird von dem kleineren Asteroiden Dimorphos umkreist - kurz vor dem Aufprall der "Dart"-Sonde. (Archivbild) © dpa / ---/NASA/Johns Hopkins APL/dpa

Koschny zufolge geht es um die Fragen, wie viel hat sich die Bahn verändert? Welche Masse hat der Asteroid? Wie effizient war denn das Verschieben? Es sei auch für künftig mögliche Abwehrmissionen wichtig zu wissen, wie viel Masse braucht es für eine Ablenkung.

Zudem überwachen die Raumfahrtagenturen sogenannte Near Earth Objects, also Asteroiden, die der Erde auf ihrer Umlaufbahn einmal nahekommen könnten. "Zurzeit, Stand jetzt, sind knapp 38.500 bekannt", sagt Moissl. Auch sind Teleskope im All geplant, mit denen auch aus Richtung der Sonne kommende Asteroiden besser entdeckt werden können. Ein neues Teleskop mit einem weiten Sichtfeld soll künftig von Sizilien aus als Asteroidenjäger dienen.

Ebenso sollen Asteroiden weiter erforscht werden. 2029 kommt der rund 350 Meter grosse Asteroid Apophis in nur 32.000 Kilometern Entfernung an der Erde vorbei. In den Weiten des Sonnensystems ist das fast nichts. Bei dem Vorbeiflug könnte es auch eine Mission geben. "Den kann man mit blossem Auge sehen", sagt Koschny. Er komme aber auch in die Anziehungskraft der Erde und damit könne es Gesteinsrutsche geben oder der Asteroid verforme sich. "Und das ist natürlich wieder wissenschaftlich spannend und vor allem auch für dieses Thema planetare Verteidigung wichtig, zu wissen, wie fest so Asteroiden sind."

Sind Asteroiden nur eine Gefahr oder auch ein Segen?

Beides. "Der Vorteil oder das Spannende an den Asteroiden ist, dass die, wie die Kometen, auch Überbleibsel aus der Entstehung des Sonnensystems sind", sagt Koschny. Die beiden Schlüsselfragen seien für ihn, wo kam das ganze Wasser her und warum konnte so schnell Leben entstehen? Das Wasser könne eigentlich nicht schon auf der Erde gewesen sein. Die sei am Anfang so heiss gewesen, dass alles verdampft wäre. Und die Entstehung des Lebens? "Da ist halt die Idee, dass irgendwelche Kohlenstoffketten, organische Moleküle, sozusagen die Legosteine für Leben, dass die aus dem Weltraum gebracht worden sind und dann schon fix und fertig vor Ort angeliefert wurden, eben auch wieder durch Kometen und Asteroiden."  © Deutsche Presse-Agentur