Maria Branyas wurde 117 Jahre alt, sie war damit einst die älteste Frau der Welt – und blieb bis ins hohe Alter ungewöhnlich gesund. Nun haben Forscher herausgefunden, was hinter ihrer aussergewöhnlichen Langlebigkeit steckt.
Sie erreichte ein Alter, das nur wenige Menschen weltweit schaffen: Maria Branyas wurde 117 Jahre alt und war von Januar 2023 bis zu ihrem Tod im August 2024 der älteste lebende Mensch der Welt.
So bemerkenswert wie ihr hohes Alter war auch ihre aussergewöhnliche Gesundheit bis ins hohe Alter – körperlich wie geistig. Nun haben Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler Hinweise darauf gefunden, was das Geheimnis ihrer extremen Langlebigkeit gewesen sein könnte.
Ein internationales Forschungsteam um das Josep Carreras Leukaemia Research Institute in Barcelona führte eine umfassende molekularbiologische Untersuchung bei Branyas durch. Die Ergebnisse wurden in "Cell Reports Medicine" veröffentlicht.
Biologisch 23 Jahre jünger
Vor ihrem Tod hatte die gebürtige US-Amerikanerin, die seit ihrer Kindheit in Spanien lebte, der Forschung Blut-, Speichel-, Urin- und Stuhlproben zur Verfügung gestellt. Die Proben offenbarten ein ungewöhnliches Bild: Branyas' Zellen verhielten sich deutlich jünger, als es ihr chronologisches Alter vermuten liess.
Sogenannte epigenetische Uhren, die das biologische Alter bestimmen, zeigten: Ihre Zellen waren im Schnitt über 23 Jahre jünger als ihr chronologisches Alter. Heisst: Branyas' Zellen arbeiteten an ihrem Lebensende wie die einer 94-jährigen Frau – obwohl sie bereits 117 Jahre alt war.
In ihrem hohen Alter war Branyas bei guter allgemeiner Gesundheit: Sie hatte eine ausgezeichnete Herz-Kreislauf-Gesundheit und sehr geringe Entzündungswerte. Ausserdem hatte sie einen für ihr Alter aussergewöhnlich gesunden Stoffwechsel: Sie wies extrem niedrige Werte schädlicher Blutfette und sehr hohe Konzentrationen des "guten" HDL-Cholesterins auf.
Seltene Genvarianten schützten vor Krankheiten
Branyas führte ein geistig, sozial und körperlich aktives Leben, hatte aber auch Glück mit ihren Genen. Die Untersuchung zeigte: Sie hatte seltene Veränderungen in ihrer DNA, die wahrscheinlich zu ihrer guten Gesundheit beigetragen haben. Diese Genvarianten hängen unter anderem zusammen mit Herz-Kreislauf-Gesundheit, Immunfitness, Gehirnfunktion und einer effizienten Energieproduktion in den Zellen.
Die genetischen Besonderheiten könnten erklären, warum Branyas im Alter von Krankheiten verschont bleib. Sie litt trotz ihres hohen Alters etwa nie an Krebs oder neurodegenerativen Erkrankungen wie Demenz.
Aber sie hatte extrem kurze Telomere. Das sind die schützenden "Endkappen" der Chromosomen, die bei jeder Zellteilung kürzer werden. Kurze Telomere sind in der Regel ein Zeichen für Alter und ein erhöhtes Sterblichkeitsrisiko. Die Forschenden spekulieren jedoch, dass die extrem kurzen Telomere in diesem Fall möglicherweise vor Krebs schützten, indem sie die Teilungsfähigkeit potenziell bösartiger Zellen begrenzten.
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Mediterrane Ernährung könnte von Vorteil gewesen sein
Auch die Untersuchung des Darmmikrobioms brachte bemerkenswerte Ergebnisse: Branyas wies ein bakterielles Profil auf, das typischerweise bei gesunden deutlich jüngeren Erwachsenen vorkommt – darunter niedrigere Werte entzündungsfördernder Bakterien wie Clostridium. Ihre mediterrane Ernährung könnte diesen Vorteil zusätzlich unterstützt haben: Sie ass viel Gemüse, Obst, Hülsenfrüchte und offenbar sehr regelmässig Joghurt.
Die Forschenden warnen jedoch: Branyas sei ein Einzelfall, deren Besonderheiten sich nicht ohne Weiteres auf die Allgemeinbevölkerung übertragen liessen. Dennoch biete ihr Beispiel Hinweise für die Altersforschung – von der Identifikation möglicher Biomarker bis hin zu neuen Strategien, das Altern gesund hinauszuzögern. Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler planen nun grössere Studien zum Thema.