Seit Jahren versuchen Mediziner, Organe von Schweinen für Menschen zu nutzen. Nun haben chinesische Forscher dies bei der Lunge gewagt. Der Leiter der Sektion Xenotransplantation der Technischen Universität München spricht von einem "wichtigen Schritt in der Transplantationsmedizin".

Erstmals haben Mediziner einem hirntoten Menschen eine gentechnisch veränderte Schweinelunge transplantiert. In dem 39-jährigen Mann blieb die Lunge neun Tage lang funktionsfähig, wie das chinesische Forschungsteam aus Guanzhou im Fachjournal "Nature Medicine" berichtet.

Allerdings gab es schon nach 24 Stunden schwere Ödeme, und am dritten Tag setzte eine Abstossungsreaktion ein. Am neunten Tag nach der Verpflanzung der Lunge wurde der Versuch auf Bitte seiner Familie hin abgebrochen.

Versuch macht laut Forschern grosse Herausforderungen deutlich

Der Eingriff erfolgte dem Bericht zufolge bereits im Mai 2024. "Die Lunge stellt aufgrund ihrer anatomischen und physiologischen Komplexität im Vergleich zu anderen Organen besondere Herausforderungen dar", schreibt das Team um Jianxing He von der Universitätsklinik Guangzhou. Mit dieser Transplantation gebe es nun Fortschritte, sie mache aber auch noch grosse Herausforderungen einer solchen Verpflanzung deutlich.

Organtransplantationen zwischen Menschen gibt es schon lange - auch von Lungen. In Deutschland spendeten im Jahr 2024 nach Angaben der Deutschen Stiftung für Organtransplantation (DSO) 953 Menschen nach ihrem Tod Organe - darunter 290 Lungen. Gleichzeitig warteten Anfang des Jahres 2025 rund 8.300 Menschen auf ein Spenderorgan.

Lungentransplantation gilt als besonders schwierig

Die Zahl der Spender reicht also bei weitem nicht, um den Bedarf an Organen zu decken. Deshalb richten sich Hoffnungen auf sogenannte Xenotransplantationen - also Transplantationen von Zellen, Geweben oder Organen von Tieren. Doch diese Technik birgt besondere Herausforderungen: Schon bei Transplantationen zwischen Menschen muss das Immunsystem des Empfängers unterdrückt werden, damit das Organ nicht abgestossen wird.

Bei tierischen Organen ist der Unterschied noch grösser. Die Schweine werden zuvor genetisch verändert, um die Abstossungsreaktionen geringer ausfallen zu lassen. Erste vereinzelte Erfahrungen gibt es bereits mit der Transplantation von Schweineherzen und -nieren in lebende Menschen. Zudem wurde mindestens eine Schweineleber in einen Hirntoten transplantiert. Die nun verwendete Lunge stammte von einem Schwein mit sechs genetischen Veränderungen.

Die Lunge gelte als besonders schwierig zu transplantierendes Organ mit besonders hohem Infektionsrisiko, da die direkte Schnittstelle der Lunge zur Umgebungsluft das Risiko des Eindringens von Krankheitserregern aus der Umwelt erhöhe, schreibt das chinesische Team. "Das unterstreicht die Notwendigkeit einer strengen mikrobiellen Überwachung während des gesamten Transplantationsprozesses."

Dass erste Xenotransplantationsversuche am Menschen an Hirntoten durchgeführt werden, liegt daran, dass dies mit lebenden Menschen derzeit ethisch nicht vertretbar wäre. Allerdings birgt eine Transplantation bei hirntoten Menschen besondere Schwierigkeiten: Mit dem Tod kommt es zu Schäden an Organen und zum Eindringen von Krankheitserregern. Deshalb lässt sich oft schwer analysieren, ob das Versagen des Transplantats eine Folge des Hirntods oder der Abwehrreaktionen des Körpers ist.

"Wichtiger Schritt in der Transplantationsmedizin"

Der Leiter der Sektion Xenotransplantation der Technischen Universität München, Konrad Fischer, spricht von einem "wichtigen Schritt in der Transplantationsmedizin". Das Ergebnis zeige, dass eine Lungentransplantation von Tier zum Menschen technisch möglich sei. "Für die langfristige Organtransplantation werden jedoch zusätzliche genetische Modifikationen notwendig sein." Die Arbeit mache dennoch deutlich, "dass eine realistische Perspektive für zukünftige Schweinelungen als Spenderorgane besteht und damit eine mögliche Lösung für den gravierenden Mangel an Spenderlungen".

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Allerdings: Bis Xenotransplantationen zu einer klinischen Anwendung bereit sind, ist es noch ein weiter Weg. Die Überlebenszeiten der transplantierten Patienten sind derzeit noch kurz. Aber sollten weitere Fortschritte bei Genveränderungen und Immunsuppression gelingen, könnten Tierorgane eines Tages helfen, den Mangel an Spenderorganen zu überwinden. (Franca Krull, dpa/bearbeitet von sbi)