Spezielle Kontaktlinsen machen es möglich, dass Sie Ihre Umgebung als Infrarot-Bild wahrnehmen können. Und das sogar mit geschlossenen Augen und im Dunkeln. Die Sache hat allerdings auch einen Haken.
Neu entwickelte Kontaktlinsen wandeln Infrarotstrahlung in Licht um und machen sie so für Menschen sichtbar. Die verschiedenen Wellenlängen der Infrarotstrahlen werden in verschiedene Farben überführt, wie das Entwicklerteam im Fachjournal "Cell" berichtet. Die Infrarotstrahlung wird demnach auch bei geschlossenen Augen wahrgenommen, weil sie die Augenlider durchdringen kann.
Zur Infraroterkennung bereits eingesetzte Hilfsmittel wie Nachtsichtgeräte und Infrarotlicht-Konverter benötigen meist Energiezufuhr und könnten Infrarotinformationen in der Regel nicht über mehrere Spektren hinweg unterscheiden, erläutert das Team um Yuqian Ma und Tian Xue von der University of Science and Technology of China in Hefei.
Die Forschenden verwendeten die sogenannte Photonen-Hochkonversion, bei der energieärmere elektromagnetische Wellen, wie es Infrarotstrahlen sind, in energiereichere Wellen wie Licht umgewandelt werden. Damit können die drei Farbrezeptoren im menschlichen Auge für Rot, Grün und Blau angeregt werden.
Nanopartikel für den Infrarot-Blick
Die Forscher erreichten die Umwandlung durch die Zugabe winziger Partikel verschiedener Materialien in der Grössenordnung von Nanometern (Millionstel Millimetern). Schwierig sei es gewesen, genügend Nanopartikel im Kontaktlinsen-Kunststoff unterzubringen, ohne die Durchsichtigkeit des Materials zu stark einzuschränken, hiess es.
Letztlich wurden sieben Prozent Partikel eingebettet, die für die meisten Wellenlängen eine Transparenz von mehr als 90 Prozent behielten.
Die Wissenschaftler testeten ihre Kontaktlinsen zunächst an Mäusen und konnten nachweisen, dass die Tiere Infrarotstrahlung wahrnahmen. Beispielsweise mieden sie eine infrarot beleuchtete Box, in der ihnen ein leichter Elektroschlag drohte. Mäuse, die keine Kontaktlinsen trugen, suchten die Box genauso oft auf wie andere Boxen.
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Augenlider halten Infrarotstrahlung nicht ab
Schliesslich testeten die Forscher die Kontaktlinsen auch an Menschen, die dadurch Infrarot sowohl im Dunkeln als auch im Hellen wahrnehmen konnten. Während im Hellen beim Schliessen der Augen die Empfindlichkeit gegenüber sichtbarem Licht um den Faktor 200 abnahm, blieb die Empfindlichkeit gegenüber Infrarotstrahlung nahezu unverändert.
"Es war zweifellos ein aufregender Moment, Menschen mit Kontaktlinsen dabei zuzusehen, wie sie Infrarotblitze sehen konnten", sagte Yuqian Ma dem Fachmagazin "Nature". Menschen können damit nun ohne weitere Hilfsmittel wahrnehmen, was im Tierreich bestimmten Reptilien, Amphibien, Insekten und Fischen vorbehalten ist.
So können manche Schlangen wie die Klapperschlange in völliger Dunkelheit auf die Jagd gehen, weil sie die Wärmestrahlung ihrer Beutetiere im Infraroten mit ihren Grubenorganen oder Labialgruben wahrnehmen können. Auch blutsaugende Insekten finden Wirtstiere durch infrarote Wärmestrahlung.
Kontaktlinsen haben einen Haken
Die Forschenden schränken ein, dass eine sehr feine Bildwahrnehmung mit den Kontaktlinsen nicht möglich ist: Die Streuung des Lichts durch die Nanopartikel führe zu einem unscharfen Bild.
Sie hoffen darauf, dass mit weiteren Verbesserungen eine Verwendung etwa bei schlechten Sichtverhältnissen durch Nebel oder Staub sowie die Integration in Geräte für Rettungs- und Notfalleinsätze möglich werden. (dpa/bearbeitet von fs)