Nach Trumps indirekter Drohung gegen Irans Führer droht ein Kleriker seinerseits indirekt. Zugleich zeigt sich Teheran gesprächsbereit.

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Ein einflussreicher iranischer Geistlicher hat US-Präsident Donald Trump indirekt mit dem Tode gedroht zugleich zeigt Teheran Verhandlungsbereitschaft mit Washington. Grossajatollah Nasser Makarem Schirasi nannte Trump zwar nicht direkt beim Namen, wies aber in einer religiösen Stellungnahme darauf hin, dass Drohungen gegen Irans Führer Ali Chamenei im Islam mit dem Tod bestraft werden.

Trump hatte kürzlich gesagt, Chamenei sei ein leichtes Ziel. "Wir werden ihn nicht ausschalten (töten!), zumindest nicht im Moment." Derweil zeigte Irans Vize-Aussenminister Bereitschaft zur Wiederaufnahme der Gespräche mit den USA über sein Atomprogramm, sofern Washington auf weitere Angriffe verzichtet.

Makarem Schirasi zählt als sogenannter Mardscha zu den Grossajatollahs mit einem der höchsten religiösen Titel im zwölfer-schiitischen Islam. Auf die Frage eines Gläubigen zu Trump sagte er laut der staatlichen Nachrichtenagentur Irna in seinem Büro in Ghom: "Personen oder Regime, die eine islamische Herrschaft angreifen oder deren religiöse Führer bedrohen oder gar gegen sie vorgehen, gelten als 'Mohareb' (Feinde Gottes/Krieger gegen Gott)." Daher sei es Pflicht der Muslime, diese "Feinde" zur Rechenschaft zu ziehen.

Der Rechtsgelehrte erklärte nur islamische Prinzipien, Trump nannte er nicht beim Namen. Das politische System der Islamischen Republik Iran basiert auf dem Prinzip der "Herrschaft der Rechtsgelehrten". Der oberste geistliche Führer, Chamenei, vereint die höchste politische und religiöse Macht in seiner Person.

Iran: USA müssen weitere Angriffe ausschliessen

Der US-Präsident hatte kürzlich an der Seite Israels die iranischen Atomanlagen angreifen lassen. Beim Nato-Gipfel kündigte er dann neue Gespräche mit dem Iran für diese Woche an, nannte allerdings keine Details. Auf die Frage, ob er Irans Atomanlagen erneut bombardieren lassen würde, falls es wieder Sorgen über Teherans Urananreicherung gebe, sagte Trump am Freitag: "Sicher, ohne Frage, absolut." Der Iran dürfe keine Atomwaffen haben. Die jüngsten Angriffe hätten das Atomprogramm um Jahre zurückgeworfen, bekräftigte Trump.

Die USA müssten weitere Angriffe auf den Iran ausschliessen, wenn sie die diplomatischen Gespräche wieder aufnehmen wollen, sagte Irans stellvertretender Aussenminister Madschid Tacht-Rawantschi dem britischen Sender BBC. Die Regierung von US-Präsident Trump habe seinem Land über Vermittler mitgeteilt, dass sie zu Verhandlungen zurückkehren wolle, aber "keine klare Position" zur "sehr wichtigen Frage" weiterer Angriffe bezogen.

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Nach den US-Angriffen auf Irans Atomanlagen nennt Teheran Bedingungen für neue Gespräche mit den USA. (Archivbild) © Uncredited/Maxar Technologies/AP/dpa

Teheran besteht auf Urananreicherung zu friedlichen Zwecken

Der Iran werde darauf bestehen, Uran für friedliche Zwecke anreichern zu dürfen, sagte Tacht-Rawantschi der BBC und wies Vorwürfe zurück, der Iran arbeite heimlich an der Entwicklung einer Atombombe. Sein Land sei "vom Zugang zu nuklearem Material" für sein Forschungsprogramm ausgeschlossen worden. "Über das Niveau kann man reden, über die Kapazität kann man reden, aber zu sagen, dass ihr keine Anreicherung haben dürft, null Anreicherung, und wenn ihr nicht einverstanden seid, werden wir euch bombardieren – das ist das Gesetz des Dschungels", sagte der stellvertretende iranische Aussenminister.

Netanjahu: Zunächst müssen wir die Geiseln befreien

Irans Erzfeind Israel deutete unterdessen im Krieg gegen die mit Teheran verbündete islamistische Hamas im Gazastreifen eine Änderung der Prioritäten an. Israels Angriffe im Iran hätten "weitreichende regionale Möglichkeiten" eröffnet, einschliesslich der Befreiung der Geiseln in Gaza, sagte Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu. "Zunächst einmal müssen wir die Geiseln befreien", sagte er laut Medien. Dies wurde laut der "Times of Israel" von heimischen Medien so interpretiert, dass Netanjahu jetzt die Rückkehr der Geiseln priorisiert - vor allem anderen wie dem Sieg über die Hamas.

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Donald Trump hatte dem obersten Führer des Irans vor wenigen Tagen gedroht. (Archivbild) © Manuel Balce Ceneta/AP/dpa

"Natürlich müssen wir auch das Gaza-Problem lösen und die Hamas besiegen, aber ich glaube, dass wir beide Aufgaben bewältigen werden", wurde Netanjahu zitiert. Hintergrund seiner Äusserungen sei, dass sich Israel zunehmendem Druck seitens der USA ausgesetzt sehe, eine Einigung zur Beendigung des seit mehr als 20 Monaten andauernden Krieges zu erzielen, schrieb die "Times of Israel". US-Präsident Donald Trump hatte gesagt, er gehe davon aus, dass in dieser Woche eine Waffenruhe erreicht werden könne.

Netanjahus Kabinettssitzung endet ohne Entscheidung

Netanjahu leitete am Sonntagabend laut israelischen Medienberichten eine Kabinettssitzung in einem Hauptquartier der Streitkräfte, um über den Krieg im Gazastreifen und die Bemühungen um einen Austausch der von der Hamas weiter festgehaltenen Geiseln gegen palästinensische Häftlinge aus israelischen Gefängnissen zu beraten. Die Sitzung sei ohne eine Entscheidung beendet worden, weitere Gespräche seien für heute angesetzt, hiess es.

Ebenfalls heute will sich nach Informationen der "Times of Israel" Israels Minister für strategische Angelegenheiten, Ron Dermer, in Washington mit US-Beamten treffen, um sich mit den USA vor einer weiteren Runde an Vermittlungsgesprächen in Kairo über ein mögliches Gaza-Abkommen abzustimmen. Dermer werde von Trumps Regierung unter Druck gesetzt werden, den Krieg in Gaza zu beenden, zitierte die Zeitung einen arabischen Diplomaten und einen mit der Angelegenheit vertrauten US-Beamten. Die USA, Ägypten und Katar fungieren als Vermittler zwischen Israel und der Hamas.

Berichte über weitere Tote in Gaza

Vorerst geht der Krieg in dem abgeriegelten Küstenstreifen jedoch unvermindert weiter. Bei israelischen Angriffen gab es nach palästinensischen Angaben erneut Dutzende Tote. Die Angaben liessen sich zunächst nicht unabhängig überprüfen. Israels Armee sagte auf Anfrage, dem nachzugehen.

Eine Gruppe Angehöriger der Geiseln richtete unterdessen einen Online-Appell an Trump und bat ihn darin auf Englisch, alles in seiner Macht Stehende zu tun, die Verschleppten zurückzuholen. Nach offiziellen israelischen Angaben werden noch 22 lebende Entführte in Gaza festgehalten. Bei 28 weiteren geht es demnach nur noch um die Übergabe ihrer sterblichen Überreste.

Auslöser des Kriegs war der Überfall der Hamas und anderer islamistischer Terrororganisationen auf Israel am 7. Oktober 2023, bei dem rund 1.200 Menschen getötet und mehr als 250 als Geiseln nach Gaza verschleppt wurden. (dpa/bearbeitet von ms)

Korrektur: In einer früheren Version des Artikels hiess es, der Iran drohe Trump mit dem Tod. Es handelt sich jedoch um die Position eines Geistlichen ohne Regierungsfunktion.