Nach Angaben von Alexej Nawalnys Team gab es mit Russland Verhandlungen über einen Gefangenenaustausch - und zwar bis kurz vor dem Tod des Kreml-Kritikers. Laut einer Sprecherin sollte Nawalny gegen den "Tiergartenmörder" ausgetauscht werden.

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Der im russischen Straflager ums Leben gekommene Kremlgegner Alexej Nawalny hätte Angaben seines Teams zufolge gegen den in Deutschland inhaftierten "Tiergartenmörder" ausgetauscht werden können.

"Wir wissen, warum Alexej gerade jetzt getötet wurde", schreibt Nawalnys Sprecherin Kira Jarmysch auf X. "Er sollte buchstäblich in diesen Tagen ausgetauscht werden. Putin wurde ein Angebot gemacht."

Direktorin des Nawalny-Fonds: "Nawalny sollte in den nächsten Tagen freikommen"

Auch die politische Direktorin des Nawalny-Fonds für die Bekämpfung der Korruption äusserte sich: "Nawalny sollte in den nächsten Tagen freikommen, weil wir eine Entscheidung zu seinem Austausch erreicht hatten", sagte Maria Pewtschich am Montag in einem auf Youtube veröffentlichten Video. Die Verhandlungen über den Gefangenenaustausch seien in einer "abschliessende Phase" gewesen.

Anfang Februar sei Kremlchef Wladimir Putin ein Angebot unterbreitet worden, wonach der im Dezember 2021 in Deutschland verurteilte Tiergartenmörder Wadim K. an Russland hätte übergeben werden können - im Austausch gegen Nawalny und zwei US-Amerikaner. Wer genau an der Ausarbeitung dieser vermeintlichen Austauschpläne beteiligt gewesen sein soll und wie konkret sie waren, sagte Pewtschich nicht.

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Von deutscher Seite gab es auf Fragen keine weiteren Auskünfte. Aussenministerin Annalena Baerbock (Grüne) sagte am Rande einer Sitzung des UN-Menschenrechtsrats in Genf auf die entsprechende Frage einer Journalistin, sie kommentiere die Vorgänge nicht - "wie die gesamte Bundesregierung".

Die stellvertretende Regierungssprecherin Christiane Hoffmann in Berlin verwies auf frühere Äusserungen und sagte: "Und ich kann dazu jetzt auch nichts anderes antworten, als dass wir uns dazu nicht äussern können." Auf Nachfrage sagte sie: "Jetzt im Moment kann ich mich dazu nicht äussern."

Pewtschich wirft Putin vor, die Tötung Nawalnys persönlich angeordnet zu haben

Pewtschich warf Putin vor, daraufhin persönlich die Tötung Nawalnys angeordnet zu haben. Er habe Nawalny um keinen Preis freigeben wollen. Er habe erkannt, dass der Westen bereit sei, Wadim K. auszutauschen und dann entschieden, Nawalny als Tauschobjekt loszuwerden, vermutet Pewtschich. "Das ist das absolut unlogische, irrationale Verhalten eines verrückten Mafioso", sagte sie.

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Wadim K. hat 2019 in Berlin einen Exil-Tschetschenen ermordet. K. soll den Mord im Auftrag staatlicher russischer Stellen verübt haben. Immer wieder war spekuliert worden, dass Putin ihn im Zuge eines Gefangenenaustauschs freibekommen wollte. Zuletzt hatte er dies in einem Interview mit dem US-Talkmaster Tucker Carlson quasi bestätigt.

Scholz macht Putin persönlich für Nawalnys Tod verantwortlich

Die Umstände von Nawalnys Tod sind noch immer nicht geklärt. Der durch einen Giftanschlag und wiederholte Einzelhaft im Straflager in Sibirien geschwächte Politiker soll bei einem Rundgang auf dem eisigen Gefängnishof zusammengebrochen und trotz Wiederbelebungsversuchen gestorben sein. Nach Angaben von Nawalnys Team ist im Totenschein von "natürlichen" Ursachen die Rede.

Unterdessen machte Olaf Scholz am Montag unmissverständlich klar, wer aus seiner Sicht für den Tod von Alexej Nawalny verantwortlich ist. "Auch ich gehe wie alle anderen davon aus, dass es das Regime war, das ihn getötet hat", sagte Deutschlands Kanzler bei der dpa-Chefredaktionskonferenz in Berlin. Russland sei eine Diktatur. "Sein Tod ist jetzt die Konsequenz einer Diktatur."

Es sei schwer zu sagen, ob Nawalnys Tod die Opposition schwächen oder stärken werde, sagte Scholz. "Auf alle Fälle ist klar, dass all diejenigen, die oppositionell sind, sehr viel Mut brauchen." Das sei noch gefährlicher geworden als bei seinem letzten Besuch in Moskau.

"Gleichzeitig sehen wir, dass sich der russische Präsident und alle die, die ihn politisch unterstützen, sehr fürchten." Das sei daran zu sehen, dass der einzige Bewerber für die Präsidentschaftswahl mit oppositioneller Zustimmung von der Wahl ausgeschlossen worden sei. (ank/fte/dpa)

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