Zunächst sieht es so aus, als habe das Treffen zwischen US-Präsident Trump und Russlands Staatschef Putin kaum ein Ergebnis gebracht. Doch am Tag danach wird deutlich: Es gibt einen Sieger.
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In Kiew und bei den europäischen Verbündeten der USA dürfte die Katerstimmung am Tag nach dem Treffen in Anchorage hingegen gross sein. Zwar wurde das schlimmste Szenario – ein Deal über den Kopf der Ukrainer hinweg – vorerst nicht zur Realität. Doch die Ernüchterung ist deutlich spürbar.
Selenskyj soll nach Washington kommen
"Unsere Sichtweise ist: zuerst eine Waffenruhe und danach alles andere", sagte ein Berater des ukrainischen Präsidenten
EU-Aussenbeauftragte Kaja Kallas lobte zwar
Ob die USA bereit sind, der Ukraine Sicherheitsgarantien zu geben, wie europäische Staats- und Regierungschefs mitteilten, wurde aus den USA zunächst nicht bestätigt. Sicher ist nur, dass Selenskyj am kommenden Montag nach Washington reisen soll. Dass es zu einem Dreier-Gipfel mit Putin kommen wird, wie der Ukrainer fordert, ist unwahrscheinlich.
Absage an Forderung nach Waffenstillstand
Trump hatte zunächst Selenskyj und dann auch die Nato-Verbündeten per Telefon über den Verlauf des Gesprächs mit Putin informiert. In seinem Kurznachrichtendienst Truth Social schrieb er im Anschluss, alle seien sich einig gewesen, der beste Weg für einen Frieden in der Ukraine sei es, direkt ein Friedensabkommen zu erreichen – und kein Waffenstillstandsabkommen, das oft nicht halte.
Den Gipfel mit Putin bezeichnete Trump als "grossartigen und sehr erfolgreichen Tag". Wenn beim Besuch Selenskyj in Washington alles klappe, werde ein Treffen mit Putin vereinbart.
Vor dem Gespräch mit dem russischen Staatschef hatte Trump noch auf eine sofortige Waffenruhe gedrungen. Für die europäischen Verbündeten war dies in den Tagen vor dem Gipfel eines der wichtigsten Anliegen. "Ein Waffenstillstand muss am Anfang stehen", hatte Bundeskanzler
Aus europäischer Sicht eine Katastrophe
Dass Trump nun offenbar auf die russische Linie einschwenkt, gilt als schwere Niederlage für die transatlantische Allianz. Der Politikwissenschaftler Carlo Masala von der Bundeswehr-Universität München sagte der "Bild": "Indem Trump eine sofortige Waffenruhe ausschlägt und stattdessen ein 'Friedensabkommen' verhandeln will, hat er sich auf Putins Seite gestellt. Das ist aus europäischer Sicht eine Katastrophe."
Russlands Ex-Präsident Dmitri Medwedew triumphierte. "Das Treffen hat gezeigt, dass Verhandlungen ohne vorherige Bedingungen und gleichzeitig mit der Fortsetzung der militärischen Spezialoperation möglich sind", schrieb Medwedew bei Telegram. Mit militärischer Spezialoperation bezeichnet Russland offiziell den Krieg gegen die Ukraine.
Völlig unklar war, ob Putin Zugeständnisse gemacht hat bei dem etwa dreistündigen Gespräch mit Trump. Nach Angaben aus Moskau war ein Dreier-Treffen mit Trump, Putin und Selenskyj jedenfalls kein Thema.
Europäer: USA zu Sicherheitsgarantien bereit
US-Senator Lindsey Graham äusserte dagegen die Hoffnung, ein solcher Dreier-Gipfel könne den Durchbruch zu einem Frieden noch vor Weihnachten bringen. Wenn es nicht zu einem solchen Treffen kommen sollte, forderte er Konsequenzen für Putin und "diejenigen, die sein Öl und Gas kaufen".
Die Frage, ob die USA als Garantiemacht für einen Frieden zur Verfügung stehen, blieb aus Washington unbeantwortet. In einer Stellungnahme mehrerer europäischer Staats- und Regierungschefs – unter ihnen Kanzler Friedrich Merz – hiess es, man begrüsse, dass Washington zu Sicherheitsgarantien bereit sei.
Eine Zustimmung der Ukraine zu einer Verhandlungslösung sei nur vorstellbar, wenn sie sicher sein könne, dass ihre staatliche Existenz und Souveränität effektiv gewahrt bleibe, hiess es zudem aus Regierungskreisen in Berlin.
Koalition der Willigen berät
Der britische Premier Keir Starmer sagte einer separaten Mitteilung zufolge: "Ich begrüsse die Bereitschaft der Vereinigten Staaten, gemeinsam mit Europa im Rahmen eines Abkommens der Ukraine solide Sicherheitsgarantien zu geben."
Frankreichs Präsident Emmanuel Macron forderte, der Druck auf Russland müsse aufrechterhalten werden. Gleichzeitig sprach auch er sich für robuste Sicherheitsgarantien aus. Noch am Sonntag sollt eine Videoschalte der "Koalition der Willigen" stattfinden, wie es vom Élysée-Palast in Paris hiess. Darunter werden die Verbündeten Kiews verstanden, die zur Unterstützung einer Mission zur Friedenssicherung bereit sind. Macron werde die Besprechung gemeinsam mit Bundeskanzler Merz und dem britischen Premier Starmer leiten.
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Italiens Regierungschefin Giorgia Melone teilte mit, Trump habe die italienische Idee einer kollektiven Schutzklausel nach dem Vorbild von Artikel 5 der Nato aufgegriffen. Diese würde es der Ukraine Meloni zufolge ermöglichen, auf die Unterstützung aller ihrer Partner, einschliesslich der USA, zu zählen, die bereit sind, im Falle eines erneuten Angriffs zu intervenieren. Von US-Seite gab es dazu jedoch zunächst keine konkreten Äusserungen.
Selenskyj teilte mit Blick auf seinen Washington-Besuch am Montag mit: "Alle Details über das Ende des Mordens, über das Ende des Krieges werde ich mit Präsident Trump in Washington am Montag besprechen." Es müsse ein echter Frieden erreicht werden, nicht nur eine weitere Pause zwischen russischen Invasionen. (dpa-Korrespondenten/bearbeitet von tas)