Das Treffen von US-Präsident Trump und dem russischen Staatschef Putin in Alaska hat die halbe Welt in Atem gehalten. Doch zumindest öffentlich haben die beiden danach kaum etwas zu verkünden. Nur Putin hatte in Anchorage seinen grossen Auftritt.

Eine Analyse
Dieser Text enthält eine Einordnung aktueller Ereignisse, in die neben Daten und Fakten auch die Einschätzungen von Fabian Busch sowie ggf. von Expertinnen oder Experten einfliessen. Informieren Sie sich über die verschiedenen journalistischen Textarten.

Eines muss man Donald Trump lassen: Er hatte im Vorfeld selbst tiefgestapelt. Anfang der Woche hatte der US-Präsident gesagt: Es werde sicherlich noch keinen Deal geben, wenn er seinen russischen Amtskollegen Wladimir Putin am Freitag im US-Bundesstaat Alaska treffen würde. Trumps Sprecherin erklärte, der US-Präsident wolle dort vor allem eines: zuhören.

Treffen von Trump und Putin
Donald Trump winkt, als er nach dem Treffen mit Putin in Alaska in die Air Force One einsteigt. © dpa/Julia Demaree Nikhinson/AP

Doch auch wenn Trump selbst keine allzu grossen Erwartungen schüren wollte: Allein die Ankündigung des Treffens hatte einen Teil der Welt in Aufruhr versetzt. Das erste direkte Treffen der Präsidenten der USA und Russlands seit sieben Jahren hätte im besten Fall ein erster Schritt zu einem Frieden in der Ukraine sein können. Im schlimmsten Fall hätten Trump und Putin auch über den Kopf der Ukrainerinnen und Ukrainer hinweg über deren Schicksal entscheiden können.

Trump sagte kurz vorher: "Ich will einen Waffenstillstand"

Auf der anderen Seite des Atlantiks berief der deutsche Bundeskanzler Friedrich Merz deswegen eilig einen virtuellen Vorgipfel mit anderen europäischen Staats- und Regierungschefs ein, holte auch den ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj nach Berlin. Wenn die Europäer schon nicht dabei sein durften, wollten sie dem US-Präsidenten wenigstens noch verklickern, was aus ihrer Sicht auf dem Spiel steht, wenn Trump Putin allzu weit entgegenkommt.

Als er am Freitag im Flugzeug in seinen nördlichsten Bundesstaat sass, stieg bei Trump offenbar der Optimismus. "Ich will einen Waffenstillstand", sagte er dort den Journalisten. Und legte die Latte der Erwartungen dann doch ein ganzes Stück höher.

Ein roter Teppich für Putin

Als die beiden Politiker dann auf einer Militärbasis in der Nähe von Anchorage aufeinandertreffen, wird klar, wer von diesem Gipfel profitiert: Putin. Der russische Präsident, gegen den der Internationale Strafgerichtshof wohlgemerkt Haftbefehl wegen mutmasslicher Kriegsverbrechen erlassen hat, schreitet über den roten Teppich auf dem Rollfeld, wird von Trump herzlich empfangen und getätschelt. Dann winken die beiden noch in die Kameras und steigen zusammen in Trumps Limousine.

Vor dem Treffen von Trump und Putin
Trump begrüsst Putin auf der Joint Base Elmendorf-Richardson. © dpa / Julia Demaree Nikhinson/AP

Pressekonferenz des Ungenauen

Zwei Stunden und 45 Minuten sitzen sie dann zusammen. Journalisten wiederholen die Zahl danach immer wieder, weil es ansonsten gar nicht so viel Konkretes zu berichten gibt.

Bei der anschliessenden Pressekonferenz hat dann der Gast Putin zuerst das Wort – eine ungewöhnliche Reihenfolge. Der russische Präsident verrät, er habe Trump auf dem Rollfeld zuvor als "Herr Nachbar" begrüsst, schliesslich würden die beiden Riesenländer in Alaska ganz nah beieinander liegen. Danach holt Putin aus zu einem seiner gefürchteten geografisch-historischen Kurzreferate. Zum Thema Ukraine bleibt er dagegen vage: "Wir hoffen, dass die von uns erzielte Verständigung den Weg für einen Frieden in der Ukraine ebnet", sagt er. Leider bleibt aber unklar, worin diese Vereinbarung genau besteht.

Trump nimmt das Wort Waffenstillstand danach ebenfalls nicht mehr in den Mund. Er deutet es nur indirekt an: Bei einem sehr wichtigen Thema sei man noch nicht zusammengekommen, sagt er. Den ukrainischen Präsidenten, die Nato und ein paar Europäer will er über das Ergebnis der Gespräche informieren.

Worin das Ergebnis besteht? Das sagt auch Trump nicht. Nur so viel: Er hofft auf ein weiteres Gespräch – dann vielleicht sogar in Moskau. Noch Fragen? Die sind bei der Pressekonferenz nicht zugelassen.

Trump deutet später im US-Fernsehsender Fox News nur an: "Ich glaube, wir sind ziemlich nah an einem Deal." Es sei nun am ukrainischen Präsidenten Selenskyj, ob er darauf eingehen wollen. Angaben, wie dieser Deal aussehen könnte, mach der US-Präsident aber erneut nicht. Was ebenfalls offen bleibt: Es gibt keine konkrete Zusage für ein Gespräch mit Selenskyj. Keine Konsequenzen für den Kriegsherren Putin, mit denen Trump zuvor noch gedroht hatte.

Nach Treffen: Trump und Putin sagen nichts Konkretes zur Ukraine

Nach Treffen: Trump und Putin sagen nichts Konkretes zur Ukraine

Der Ukraine-Krieg sollte das Hauptthema des Gipfels in Alaska sein. Doch danach schweigen sich die Präsidenten Trump und Putin dazu weitgehend aus.

John Bolton: "Putin hat klar gewonnen"

Trotz aller Harmonie: Ein eigentlich geplantes gemeinsames Mittagessen findet in Anchorage nicht statt. Die beiden Präsidenten sitzen schon bald wieder in ihren Flugzeugen. Trump kehrt ohne den Waffenstillstand zurück, den er selbst einige Stunden zuvor noch gefordert hatte. Der russische Regierungssprecher Dmitri Peskow teilt dagegen mit: "Ein wirklich sehr positives Gespräch, und das haben beide Präsidenten gesagt."

In Europa könnte man theoretisch aufatmen: Trump hat womöglich noch nichts über die Köpfe der Ukraine hinweg entschieden. Doch die Ernüchterung ist trotzdem gross. Der frühere Vorsitzende der Münchner Sicherheitskonferenz, Wolfgang Ischinger, schreibt beim Kurznachrichtendienst X: "Kein Waffenstillstand, kein Frieden. Kein wirklicher Fortschritt – ganz klar 1:0 für Putin."

Und in den USA sagt Trumps früherer Sicherheitsberater John Bolton im Fernsehsender CNN: "Trump hat nicht verloren, aber Putin hat klar gewonnen."

Verwendete Quellen

  • dpa
  • afp
  • edition.cnn.com: 'Trump did not lose, but Putin clearly won': Bolton reacts to Alaska summit
  • X-Account von Wolfgang Ischinger
Teaserbild: © dpa/Julia Demaree Nikhinson/AP