Bei einem möglichen Treffen zwischen Selenskyj und Putin könnten auch Gebietsabtretungen Thema werden. Doch das ist riskant.
Das Treffen in Washington zwischen US-Präsident
So zum Beispiel, wie mögliche Sicherheitsgarantien für die Ukraine aussehen könnten. Oder ob es eine Waffenruhe geben wird. Aber auch über mögliche Gebietsabtretungen der Ukraine an Russland herrscht weiter Unklarheit. Doch wie sieht es eigentlich rechtlich damit aus? Könnte Selenskyj überhaupt Gebiete abtreten, ohne die Verfassung zu brechen?
Donbass nach Treffen von Trump und Putin im Gespräch
Nach Trumps Aufeinandertreffen mit
Laut einer Umfrage des "Kyiv International Institute of Sociology", die etwa die BBC zitiert, lehnen 75 Prozent der Ukrainerinnen und Ukrainer jegliche Gebietsabtretungen an Russland ab. Die anderen 25 Prozent sind laut dem Bericht teilweise prorussisch eingestellt. Andere wiederum seien vom Krieg so erschöpft, dass sie Kompromisse für notwendig hielten.
Gebietsabtretungen der Ukraine: Was die Verfassung sagt
So einfach wären Gebietsabtretungen der Ukraine an Russland ohnehin nicht. Um nicht zu sagen: fast unmöglich. Denn in der ukrainischen Verfassung sind hohe Hürden dafür enthalten. So heisst es etwa in Artikel 73, dass Veränderungen der territorialen Grenzen "ausschliesslich" durch ein Referendum ausgeführt werden können. Dafür notwendig: Unterschriften von drei Millionen wahlberechtigten Ukrainerinnen und Ukrainern aus zwei Dritteln des ukrainischen Staatsgebiets, schreibt etwa die "Süddeutsche Zeitung".
Das betonte auch immer wieder Selenskyj in der Vergangenheit, auch bei seinem Besuch in Washington. Trump scheint sich an dieser Haltung zu stören. Bei dessen Treffen mit Putin sagte er unter anderem: "Ich meine, er hat die Zustimmung, um in den Krieg zu ziehen, jeden zu töten, aber er braucht die Zustimmung für einen Gebietstausch?"
Könnte Trump Selenskyj zwingen? Das ist nicht nur aus Sicht des Verfassungsrechts, sondern auch aus Sicht des Völkerrechts fragwürdig. Pierre Thielbörger, Professor für Völkerrecht an der Ruhr-Universität Bochum, sagte gegenüber der "Tagesschau": Eine Entscheidung von Russland und den USA über den Kopf der Ukraine hinweg sei "juristisch undenkbar, auch wenn sie politisch immer wahrscheinlicher werden mag". Ein Deal über Gebietsabtretungen der Ukraine ohne deren Zustimmung missachte klar die territoriale Souveränität des Landes, erläuterte Thielbörger. Ein solcher Vertrag würde "gegen das Gewaltverbot verstossen und wäre wohl auch deshalb völkerrechtswidrig".
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Allerdings könnte die Ukraine einem solchen Deal – wenn auch offensichtlich widerwillig – zustimmen. Das wäre wiederum "grundsätzlich" zulässig, meint der Volksrechtsexperte. Eine solche Zustimmung müsste aber "ein rechtmässiger und vor allem freiwilliger Akt der ukrainischen Regierung" sein und nicht unter Gewalt oder Zwang geschehen.
Verwendete Quellen
- bbc.com: "'About our lives, but without our voice': Sidelined Ukrainians look on"
- sueddeutsche.de: "Könnte Selenskij Gebiete abtreten, ohne die Verfassung zu brechen?"
- tagesschau.de: "Was das Völkerrecht zu Gebietsabtretungen sagt"