Donald Trumps neue Energie- und Zollpolitik ist ein Frontalangriff auf die globale Energiewende. Mit Strafzöllen auf EU-Waren und milliardenschweren Gas- und Öl-Deals drängt er Europa zurück zu fossilen Energien.

Eine Analyse
Dieser Text enthält eine Einordnung aktueller Ereignisse, in die neben Daten und Fakten auch die Einschätzungen von Natascha Wittmann sowie ggf. von Expertinnen oder Experten einfliessen. Informieren Sie sich über die verschiedenen journalistischen Textarten.

hrend der US-Präsident in seinem eigenen Land bereits zahlreiche Klimaschutzmassnahmen rückgängig gemacht hat, nutzt er nun die internationale Bühne, um die Nachfrage nach amerikanischen fossilen Brennstoffen massiv zu steigern notfalls mit wirtschaftlichem Druck. Doch Experten schlagen Alarm: Trumps Kurs gefährdet nicht nur das Klima, sondern auch die wirtschaftliche Stabilität Europas.

Donald Trumps neue Zollstrategie hat einen klaren Adressaten: die Energiewende insbesondere in Europa. Während er in den USA bereits den Rückbau klimapolitischer Massnahmen vorantreibt, will er jetzt auch international Druck ausüben. Mit milliardenschweren Energie-Deals und handelspolitischen Drohungen soll der globale Übergang zu erneuerbaren Energien gestoppt und stattdessen der Absatz fossiler Brennstoffe aus den USA forciert werden.

Ende Juli verkündete Trump gemeinsam mit EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen auf seinem Golfresort in Schottland einen der grössten transatlantischen Energie-Deals der Geschichte: Die EU kündigte an, in den kommenden drei Jahren US-Energie im Wert von 750 Milliarden Dollar zu importieren darunter Öl, Flüssiggas (LNG) und sogar Brennelemente für Atomkraftwerke. Im Gegenzug wurde ein drohender Importzoll von 30 Prozent auf EU-Waren auf maximal 15 Prozent reduziert.

Was nach einem diplomatischen Erfolg klingt, wird von Analysten jedoch kritisch bewertet. Die Zahlen seien "illusorisch", urteilt etwa Energieanalyst Clyde Russell bei Reuters: Die EU müsste ihre US-Importe nahezu vervierfachen, obwohl der eigene Energiebedarf langfristig sinkt. Das Abkommen sei daher laut dem Thinktank IEEFA "ein geopolitisches Signal kein realistischer Handelsplan".

Energie statt Klimaschutz: Trumps kalkuliertes Spiel

Trump nutzt die wirtschaftliche Abhängigkeit vieler Länder und deren Sorge vor einem Handelskrieg, um geopolitische Macht durch Energiemärkte zu erlangen. Schon in seiner ersten Amtszeit hatte er erneuerbare Energien als "unamerikanisch" diffamiert. Seit seinem Wiedereinzug ins Weisse Haus hat er zahlreiche Förderprogramme für Solar- und Windenergie gestrichen, Umweltstandards gelockert und den Inflation Reduction Act – dieser umfasst unter anderem Klimaschutz, Energiesicherheit, neue Unternehmenssteuern sowie günstige Medikamente für Senioren und Zuschüsse zur Krankenversicherung – seines Vorgängers Joe Biden quasi zerschlagen.

Nun weitet er diese Politik auf die globale Bühne aus: Wer US-Öl kauft, muss weniger Zölle zahlen. Wer auf erneuerbare Energien setzt, muss mit wirtschaftlichen Nachteilen rechnen. Auch die jüngste Abstimmung der USA gegen strengere Plastik-Regulierungen bei den Vereinten Nationen gemeinsam mit Saudi-Arabien passt in dieses Bild: Umweltschutz hat in Trumps Agenda keinen Platz.

Die EU steht dadurch massiv unter Druck. Einerseits will sie sich strategisch vom russischen Gas emanzipieren, andererseits hat sie sich ambitionierte Klimaziele gesetzt. Der Deal mit Trump wirkt wie ein Spagat zwischen Sicherheitspolitik und Klimaschutz.

"Das ist Energie-Imperialismus": Die Gewinner und Verlierer des Deals

Laut einer Analyse von BBC News profitieren vor allem amerikanische Öl- und Gaskonzerne sowie US-Autobauer, deren Produkte durch Zollsenkungen attraktiver auf dem europäischen Markt werden. Verlierer sind dagegen die europäischen Konsumenten, die mit höheren Preisen für US-Produkte rechnen müssen und die europäische Industrie selbst, etwa deutsche Autohersteller, die nun mit einem 15-Prozent-Zoll leben müssen.

Auch die Umwelt gehört zu den klaren Verlierern: Der Deal droht, Investitionen in erneuerbare Energien zu verdrängen sowohl finanziell als auch politisch. Der amerikanische Umweltökonom Matt Burgess von der University of Wyoming ordnet die Strategie im Gespräch mit unserer Redaktion ein: "Trump betreibt eine Form von Energie-Imperialismus. Durch ökonomischen Druck etwa über Zölle will er andere Länder zwingen, fossile Produkte aus den USA zu kaufen. Das ist nicht nur klimapolitisch fatal, sondern auch ökonomisch kurzsichtig. Denn erneuerbare Energien sind langfristig günstiger, nachhaltiger und sicherer."

Ein Rückschritt mit Ansage

Wie wahrscheinlich ist also Trumps Erfolg? Ob der Plan des US-Präsidenten aufgeht, hänge laut Burgess "massgeblich von der geopolitischen Lage und dem Verhalten anderer Akteure ab". Industrieländer mit starker Binnenwirtschaft wie Deutschland oder Frankreich könnten dem Druck standhalten ebenso wie Skandinavien, das schon heute nahezu vollständig auf erneuerbare Energien setzt.

Osteuropäische Staaten oder wirtschaftlich schwächere Länder könnten jedoch kurzfristig auf fossile US-Energie setzen, wenn die Zölle ihnen sonst wirtschaftlich schaden würden. Sicher ist schon jetzt: Trump will die Welt zurück in eine Ära führen, in der fossile Energie der Schlüssel zu Macht ist. Mit seiner Zollpolitik instrumentalisiert er den globalen Handel, um den Klimaschutz auszubremsen.

Empfehlungen der Redaktion

Europa steht vor der Herausforderung, sich nicht erpressbar zu machen und gleichzeitig seine eigenen Werte und Ziele nicht zu verraten. Dazu warnt Ökonom Matt Burgess: "Wer heute auf kurzfristige Zollvorteile setzt, riskiert morgen seine wirtschaftliche Zukunft und die des Planeten."

Über den Gesprächspartner

  • Matt Burgess ist Umweltökonom und Professor an der University of Wyoming. Seine Forschung beschäftigt sich mit langfristigen Wachstumsperspektiven und deren Auswirkungen auf Umwelt und Gesellschaft. Ein besonderer Fokus liegt auf der politischen Polarisierung in Umweltfragen.

Verwendete Quellen