Carlotta Wamser hatte das Potenzial, zu der Überraschung des deutschen Teams zu werden. Doch ein unglücklicher Reflex gibt ihrer ganz persönlichen EM eine bittere Wendung.

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Mit der Kapuze tief ins Gesicht gezogen schlich Carlotta Wamser durch die Interviewzone, eine DFB-Mitarbeiterin schirmte die Nationalspielerin dabei ab. Nach ihrem verhängnisvollen Aussetzer wollte die unglückliche Rotsünderin nicht reden. Ihr Team hatte da längst wohl erfolglos versucht, der 21-Jährigen nach einem Abend zum Vergessen Trost zu spenden - allen voran die verletzte Giulia Gwinn.

Deren Platz auf der rechten Abwehrseite hatte Wamser nach Gwinns EM-Aus übernommen. "Man kann Carlotta keinen Vorwurf machen, das war ein Reflex", sagte Kapitänin Janina Minge nach der historischen 1:4 (1:3)-Abreibung für die deutschen Fussballerinnen im abschliessenden Gruppenspiel gegen Schweden. "Sie hat vorher ein super Spiel gemacht."

Viel Lob für Wamser nach zwei Spielen

Nach ihren überzeugenden Auftritten gegen Polen (2:0) und Dänemark (2:1) hatte die künftige Leverkusenerin viel Lob erhalten, das 1:0 gegen Schweden durch Jule Brand (8.) bereitete sie vor. Doch aus ihrem EM-Märchen entwickelte sich binnen kurzer Zeit ein Albtraum: Wamser lenkte beim Stand von 1:2 "im Stile eines Goalies" (Schweizer TV-Sender SRF) den Ball vor der Torlinie mit ihrer rechten Hand zur Seite ab. Die UEFA sperrte Wamser für ein Spiel.

Direkt nach der Aktion hatte die Newcomerin wütend auf den Rasen geschlagen, sie wusste ja sofort, was kommen würde. Schiedsrichterin Silvia Gasperotti (Italien) zeigte ihr umgehend die Rote Karte, Wamsers fünftes Länderspiel war nach rund einer halben Stunde beendet.

Rote Karte als Knackpunkt im Spiel

In Unterzahl erholte sich das DFB-Team nicht mehr. "Spätestens mit der Roten Karte war für uns klar, dass es sehr, sehr schwer wird, gegen diese schwedische Mannschaft zu bestehen", sagte Bundestrainer Christian Wück, der in der zweiten Hälfte auf eine defensive Dreierkette umgestellt hatte.

Wamser wird dem deutschen Team im Viertelfinale gegen Frankreich am Samstag (21.00 Uhr/ZDF und DAZN) in Basel gesperrt fehlen. Gegen Schweden bildeten Sarai Linder, Minge und die eingewechselte Kathrin Hendrich das Abwehrgespann in der zweiten Hälfte. In der traten die Vize-Europameisterinnen trotz Unterzahl stabiler auf, kassierten aber noch einen weiteren Gegentreffer.

"Das ist natürlich hart", sagte Laura Freigang mit Blick auf die wieder einmal verschärften Abwehrprobleme. Das Team habe aber "genug Leute, ich mache mir keine Sorgen. Das Gute ist, dass wir in der Vergangenheit schon viel in der Kette probiert haben." Ein schwacher Trost - insbesondere für Carlotta Wamser. (sid/bearbeitet von ska)